Ich bin hier Jerusalem an meinem Platz im Chorgestühl. Am Ende der Woche sind es 700 Tage Hölle von Gaza. Das bedeutet für viele der jüdisch-israelischen Menschen, das Bangen um ihre lieben Angehörigen, die 700 Tage in den Tunnel von Gaza sind.
Das bedeutet für die Palästinenser in Gaza, 700 Tage auf der Flucht zu sein, Angst um das eigene Leben und das Leben der lieben Menschen zu haben. Das bedeutet für uns, 700 Tage keine Pilgergruppen, 700 Tage ausharren, 700 Tage unsere Mitarbeiter weiterzubezahlen, obwohl es keine Arbeit gibt.
Es bedeutet, 700 Tage auf Spenden angewiesen sein und auch 700 Tage getragen werden durch das Gebet lieber Menschen. Es sind 700 Tage Seelsorgegespräche, die unter die Haut gehen. 700 Tage geht der Blick immer wieder auf das Kreuz.
Ich werde immer wieder gefragt, was gibt dir Hoffnung? Weil, seien wir ehrlich, ich erlebe viele Menschen, die in dieser Zeit aggressiv depressiv oder zynisch werden. Was mich momentan sehr stark trägt, ist der Altar, auf den ich seit 700 Tagen jeden Tag nochmal ganz besonders schaue.
Es ist der Altar, an dem wir jeden Tag Eucharistie feiern. Aus einem Vorgängeraltar, von unserem allerersten Altar wurde ein Mosaik gerettet. Dieses Mosaik ist mir sehr ans Herz gewachsen. Wir sehen den Anker, das Festmachen hier im Altar in Christus selbst. Der Altar steht für Christus.
Wir sehen auch, dieser Anker ist ein Staurogramm, das Tau und das Rho, das Kreuz. Es ist umgeben von sieben Fischen. Der Fisch ist auch ein Christus Symbol, aber wir sind der Pfingstort. Vielleicht werden die sieben Gaben des Heiligen Geistes mal nicht als Flammen, sondern als Fische dargestellt.
Das gibt mir Hoffnung, warum meine Brüder und ich weiter und treu im Gebet ausharren. Wir haben uns neu festgemacht in Gott und wir bleiben Pilger der Hoffnung. Wir hoffen weiter für Frieden, Gerechtigkeit und Versöhnung. Ich frage Sie, was gibt Ihnen Hoffnung? Was ist Ihr Anker im Leben?
Vom Jerusalemer Zionsberg aus der Domitio wünsche ich Ihnen Gottes Segen.
Ihr Abt Nikodemus.