DOMRADIO.DE: Sie sind selbst gut informiert über das, was politisch bei Ihnen in der Stadt passiert. Wie würden Sie es sagen?
Dr. Werner Kleine (Pastoralreferent in der katholischen Citykirche Wuppertal): Das hoffe ich doch. Ich lese zumindest jeden Tag die Tageszeitungen, auch hier die hiesige Lokalpresse. Ich versuche mich über das Internet auf dem Laufen zu halten und meinen Beruf als Pastoralreferent in der katholischen Citykirche Wuppertal bringt auch mit sich, dass ich immer auf dem Laufenden sein muss.
DOMRADIO.DE: Abgesehen von Ihrem Beruf, warum ist es in Ihren Augen wichtig, sich auch für Kommunalpolitik zu interessieren?
Kleine: Die Kommunalpolitik ist eigentlich der Teil der Politik, der uns am nächsten ist. Denn wie es auf der Straße vor meiner Haustür aussieht, wie es aus den Straßen in meiner Stadt aussieht, ob es Spielplätze gibt, ob Tageseinrichtungen für Kinder vorhanden sind, wie die Schulen gestaltet werden und so weiter, all das, was direkt unseren Alltag angeht, wird nicht in Berlin entschieden, sondern in meinem Fall im Rathaus in Wuppertal oder wo auch immer Sie wohnen.
Die Kommunalpolitik ist von daher in meinen Augen der wesentlichste Teil der Politik, der uns unmittelbar angeht und das ist aller Ehren wert, da das Augenmerk draufzulegen.
DOMRADIO.DE: Wir meckern immer ganz gerne darüber, was alles nicht so rund läuft, aber tun selbst nicht so viel. Meinen Sie auch das, wenn Sie sich bei Ihren Spaziergängen für Demokratie das Motto gegeben haben "Nicht quatschen, machen - Wählen gehen"?
Kleine: Das ist im Prinzip genau der Punkt. Wir haben bei der letzten Kommunalwahl eine Wahlbeteiligung von etwa 50 Prozent gehabt. Das ist nicht viel. Aber alle meckern. Alle sind am Reden und Schimpfen und beschweren sich. Und da sage ich: Quatscht nicht, macht einfach mal!
Das Machen heißt: Geht einfach wählen. Man kann auch Briefwahl machen. Jeder kann seinen Hintern hochbekommen und am Wahltag auf diese Weise sein Kreuzchen machen. Das ist ja bei einer Kommunalwahl durchaus auch etwas komplexer als bei der Bundestagswahl. Denn wir wählen einen Oberbürgermeister oder eine Oberbürgermeisterin. Wir wählen die Vertreter für den Stadtrat und die Vertreter für die Bezirksvertretung, also für die Stadtteilvertretungen, die oft ein Schattendasein führen, aber die für den unmittelbaren Bereich, wo der Mensch lebt, ganz wesentlich sind.
DOMRADIO.DE: Gucken wir auf den Begriff "Spaziergänge", den Sie gewählt haben. Das hatten Rechtspopulisten in der Corona-Zeit für Ihre Demonstrationen benutzt. Sie haben sich den Begriff sozusagen wieder zurückgeholt. Wie genau sehen Ihre Spazierspaziergänge für eine demokratische Zukunft aus?
Kleine: Spazierengehen ist etwas ganz Wunderbares. Es ist gesund und es ist höchst demokratisch, denn die Wende 1989-90 ist ja auch durch Spaziergänge in Gang gekommen, die dann zu großen Demonstrationen ausgewachsen sind. Dass Rechtspopulisten das okkupiert haben und meinen, sie wären das Volk, ist natürlich höchst töricht zu denken, dass mit so ein paar Prozent, selbst wenn es 20 Prozent ausmacht, schon ein ganzes Volk repräsentieren würde.
Wir holen uns diesen Begriff zurück, veranstalten diesen Spaziergang, klassischerweise auch an einem Montag, wie die Montagsspaziergänge. Wir treffen uns immer an einem zentralen Ort. Jetzt muss man wissen, dass Wuppertal zwei Stadtzentren hat. Das ist ja eine Stadt, die 1929 entstanden ist durch die Fusion von mehreren Städten, darunter die beiden Großstädte Barmen und Elberfeld. Deswegen finden die Spaziergänge auch wechselnd in Barmen und Elberfeld statt.
Wir starten an einem zentralen Ort, da gibt es eine kleine Ansprache, jeweils von einem Mitglied der Solidargemeinschaft. Dann gibt es den Spaziergang durch die Innenstadt zu einem Zielpunkt, wo eine kurze Schlusskundgebung ist. Und es hat sich etabliert, dass wir bei den Spaziergängen zum Schluss immer gemeinsam ein Lied singen. Wir können alle durcheinander reden. Gemeinsam etwas tun geht nur durch singen. Und deswegen wird zum Schluss immer gemeinsam mit allen, die dabei sind, ein Lied gesungen.
Das Interview führte Tobias Fricke.