CDU-Politiker Armin Laschet mahnt zur außenpolitischen Zuversicht

"Die Zeiten waren nie anders"

Die Konflikte in der Welt nehmen nach dem Eindruck vieler Menschen zu. Armin Laschet verweist jedoch auf Zuversicht. In der Vortragsreihe Domgedanken im Münsteraner Dom hat er seine Gründe erläutert. Der Glaube könne dabei helfen.

Autor/in:
Uta Vorbrodt
Armin Laschet als Redner bei den DomGedanken 2025 / © Thomas Mollen (Bistum Münster)
Armin Laschet als Redner bei den DomGedanken 2025 / © Thomas Mollen ( Bistum Münster )

DOMRADIO.DE: Wie zuversichtlich stimmt Sie das gemeinsame Engagement der Europäer in Sachen Frieden für die Ukraine? 

Armin Laschet (Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages): Dieses Signal in Washington war ein sehr starkes, weil Europa in so vielen Fragen zerstritten ist. Auch die Staatschefs haben sehr unterschiedliche Meinungen, aber in dieser Frage ist man geeint aufgetreten in Washington. 

Man war abgestimmt, konzentriert, genau mit den Punkten, die wichtig waren, um dem amerikanischen Präsidenten zu signalisieren, dass Europa weiter an der Unterstützung der Ukraine festhält und dass Europa in dem Thema geschlossen ist. Das ist keine Selbstverständlichkeit.

Armin Laschet

"Es wirkt nicht so, dass man außen vor ist. Man ist außen vor." 

DOMRADIO.DE: Die Europäer wirken dabei ein bisschen außen vor. Wie könnte man das Gewicht der EU und Europas auf der Weltbühne noch in weiteren Gebieten stärken und ausbauen? 

Laschet: Ich glaube, es wirkt nicht so, dass man außen vor ist. Man ist außen vor, weil man sich aus meiner Sicht in den vergangenen Jahren viel zu sehr um kleinteilige Dinge innerhalb der Europäischen Union gekümmert hat. Der Wille war jedoch nicht, wirtschaftlich stark sowie wettbewerbsfähig zu sein und international geschlossen aufzutreten. 

Armin Laschet als Redner bei den DomGedanken 2025 / © Thomas Mollen (Bistum Münster)
Armin Laschet als Redner bei den DomGedanken 2025 / © Thomas Mollen ( Bistum Münster )

Im Nahost-Konflikt beispielsweise spielt Europa überhaupt keine Rolle. Das wird alleine durch die Amerikaner bestimmt, weil der eine Palästina anerkennt und der Zweite dieses macht und der Dritte jenes macht. Und Frau Kallas anders redet als Frau von der Leyen. Es gibt keine Stimme Europas, die Gewicht hat. Das war in der Ukraine-Frage anders, da ist man geschlossen. 

Armin Laschet

"Wenn man auf Dauer in der Welt gestalten will, muss man stark mit einer Stimme sprechen."

Wenn man auf Dauer in der Welt gestalten will, muss man stark mit einer Stimme sprechen. Man wird dann auch als Wirtschaftsmacht in der Welt wahrgenommen, aber das ist ein harter Kampf. Autokraten bestimmen im Moment überall die Tonlage, und in diesem Spiel zwischen Russland, China und auch den Vereinigten Staaten hat Europa nur eine Chance, wenn es zusammen auftritt und für seine Überzeugungen wirbt. 

Armin Laschet

"Denn ohne die europäische Idee werden wir völlig einflusslos." 

DOMRADIO.DE: Rechtsextreme Kräfte erstarken und bekommen viel Beifall, obwohl sie gegen die Idee des Vereinten Europas schießen. Warum ist da die Zustimmung so groß? 

Laschet: Das ist schwer zu sagen. Das ist zum Teil immer ein Pendelschlag. Wenn man es mit bestimmten Ideen in eine Richtung übertreibt, kommt dann der Gegenschlag auf der anderen Seite. Wenn sich Europa in gesellschaftspolitischen Fragen in den Mitgliedstaaten eingemischt hat, ist dieser Gegendruck oft besonders stark. In Ungarn können Sie das stark erleben. 

Auch in der Spaltung der polnischen Gesellschaft kann man das erkennen. 50 Prozent sind eher auf der Seite pro Europa und Premierminister Tusk. Aber 50 Prozent plus X haben einen Präsidenten gewählt, der genau das Gegenteil sagt. Das erleben wir in sehr vielen Ländern. Deshalb muss man für diese europäische Idee, auch für unsere Grundprinzipien, weiter kämpfen. Denn ohne diese Idee werden wir völlig einflusslos.

DOMRADIO.DE: Wie wichtig ist es, angesichts dieser angespannten Welt- und europäischen Lage weiter optimistisch zu sein? 

Laschet: Ich habe gestern im Münsteraner Dom gesagt, dass wir den Eindruck haben, wir leben in einer besonders schwierigen Zeit, in der man besonders dazu neigt, pessimistisch zu sein. Aber die Zeiten waren nie anders. Wenn man sich die Zeit, beispielsweise die 1960er Jahre, vorstellt, als ich geboren wurde, da wurde die Berliner Mauer gebaut, mitten im August. 

Die Menschen haben gedacht, es gebe wieder Krieg. Ein Jahr später war die Kuba-Krise, bei der Kennedy bis auf die letzte Sekunde hart blieb, als sowjetische Schiffe Raketen nach Kuba brachten, die dann in letzter Sekunde abdrehten. Viele haben erwartet, dass es zu einem Atomkrieg kommt. Das hat es immer gegeben, auch Kriege hat es gegeben. 

Der Vietnamkriege war für uns weit weg. Dabei sind aber mehrere hunderttausend Menschen auch auf grausame Weise gestorben. Insofern glaube ich, dass unsere Vorstellung, dass in der Vergangenheit alles nur positiv war, nicht der Realität entspricht. 

Armin Laschet

"Man muss daran glauben, dass sich die Dinge zum Besseren wenden lassen."

Es war immer schwierig, und deshalb darf man, finde ich, auch in einer Zeit wie dieser nicht den Mut verlieren. Man muss daran glauben, dass sich die Dinge zum Besseren wenden lassen. Ich glaube, das ist gerade eine christliche Auffassung zu sagen: Wir glauben daran, dass wir die Welt auch zum Guten gestalten können. 

DOMRADIO.DE: Spielt Ihr persönliches christliches Fundament auch eine Rolle, dass Sie es schaffen, daran zu glauben, dass sich die Außen- und Europapolitik konstruktiv gestalten lassen?

Laschet: Ich glaube, ja. Das ist eine Motivation. Menschen, die so eine Wertebindung haben, sind vielleicht auch leichter gefeit gegen Populismen. Überall dort, wo es nicht mehr den Glauben an bestimmte Werte und Überzeugungen gibt oder wo vielleicht auch die Bindung an Kirche oder an das, was uns lange getragen hat, verloren gegangen ist, da haben Populisten sehr schnell Platz. 

Sie nutzen dieses Vakuum aus, um ihre verkürzten Theorien zu verbreiten. Das können Sie an Wahlergebnissen und Umfragen ablesen. Da wo Menschen noch eine stabile Bindung haben, auch an Werte, da haben es Populisten schwerer. Wo das alles verloren gegangen ist, da triumphieren die Populisten. 

Das Interview führte Uta Vorbrodt.

Armin Laschet bei den DomGedanken

Für mehr außenpolitische Zuversicht hat der frühere NRW-Ministerpräsident Armin Laschet am Mittwochabend im Münsteraner St.-Paulus-Dom geworben. Im Rahmen der Vortragsreihe DomGedanken sprach der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestags unter der Überschrift "Europa wird gelingen".

Paulus-Dom in Münster  (dpa)
Paulus-Dom in Münster / ( dpa )
Quelle:
DR

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