DOMRADIO.DE: Warum ärgert sie das, dass das Priesterseminar auf dem Plakat auftaucht?
Sebastian Quillmann (Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Steyler Missionare): Sagen wir es so: Wir sind einerseits ein Wahrzeichen der Stadt. Es hat das Missionshaus St. Augustin gegeben, bevor es die Stadt St. Augustin gab, und wir sind auch an dem Namen der Stadt nicht ganz unbeteiligt gewesen.
Auf der anderen Seite leben, arbeiten und beten in diesem Haus immer noch die Steyler Missionare und wir stehen inhaltlich für den Dialog der Kulturen. Wenn wir dann ungefragt auf einem Plakat auftauchen, dann müssen wir zumindest mal sagen dürfen, dass uns das nicht gefällt.
DOMRADIO.DE: Wie ist das denn, wenn man vor dem Dom steht und ein Foto davon macht. Kann man davon ein Plakat drucken oder darf man das nicht?
Quillmann: Man darf das und ich denke, das ist mit unserem Haus, wie ich das gerade schon geschildert habe, nicht anders. Es geht uns weniger ums Dürfen, es geht uns um den guten Ton. Wenn zum Beispiel Sportvereine und Musikvereine Veranstaltungen haben und ein Bild unseres Hauses nutzen wollen, fragen sie vorher nach.
Dadurch wissen wir, ob die Leute, die es nutzen, inhaltlich mit uns übereinstimmen. Ansonsten könnten wir vorher im Gespräch sagen, dass es nicht wirklich passt. Bitte unterlasst das. Das Gespräch hat mit der Partei nicht stattgefunden.
DOMRADIO.DE: Sie haben sich öffentlich geäußert, dass Sie dieses Bild des Missionspriesterseminars nicht auf einem AfD-Plakat haben wollen. Denn es würde symbolisieren, Sie würden hinter der AfD stehen. Hat es schon Reaktionen auf Ihre Missfallensäußerungen gegeben?
Quillmann: Nicht direkt an uns, aber sie haben sich gegenüber einer Tageszeitung geäußert. Es sei ein Wahrzeichen der Stadt, deshalb nutzten sie es. Unsere Neutralität würden sie respektieren. Nun ist die Frage, wie weit der Respekt geht, wenn man uns vorher nicht gefragt hat.
DOMRADIO.DE: Sie haben lange überlegt, ob Sie diesen Vorgang und auch Ihre Ärgerlichkeit darüber öffentlich machen oder nicht. Warum haben Sie gezögert?
Quillmann: Es ist uns einerseits sehr unangenehm, eingespannt zu werden in einem Wahlkampf. Wir halten uns bewusst bei Wahlkämpfen zurück, weil wir als kirchliche Organisation offen sein wollen für Menschen jeglicher Weltanschauung und erst mal das Gespräch suchen wollen.
Jetzt werden wir reingezogen, das ist uns unangenehm. Wir haben uns in dem Moment gefragt, ob wir die Aufmerksamkeit für denjenigen fördern, der uns vereinnahmen möchte. Auf der anderen Seite ist es uns wichtig, zu sagen, dass es nicht passt.
DOMRADIO.DE: Das AfD-Plakat wirkt ironisch. Denn in dem Priesterseminar leben Menschen aus aller Welt, demnach auch mit Migrationshintergrund. Was für eine Erfahrung machen die Bewohner bei Ihnen in Sachen Willkommenskultur?
Quillmann: Wir sind eine internationale Ordensgemeinschaft und wir leben in allen unseren Häusern interkulturell. Das heißt, hier sind Missionare aus Polen, Ghana, dem Kongo, Vietnam, Indonesien und von den Philippinen. Anfeindungen und erst recht Anfeindungen aus einer politischen Motivation heraus sind mir nicht bekannt. Das finden wir sehr schön.
Manche Mitbrüder erzählen von kleinen Irritationsmomenten, wenn man spürt, das Gegenüber hatte eine Vorerwartung an den Priester, der kommt, und dann ist der anders. Aber sie gehen mit sehr viel Freundlichkeit und Fingerspitzengefühl darüber hinweg. Das ist der Schatz dahinter, dass man sich über vermeintliche Grenzen hinweg kennenlernen und voneinander lernen kann.
DOMRADIO.DE: Was denken Sie, wie sich diese Geschichte mit dem AfD-Plakat noch weiterentwickelt?
Quillmann: Sagen wir es mal so, wir haben unseren Punkt gemacht. Für uns wäre das Thema erledigt. Jetzt schauen wir mal, was noch passiert.
Das Interview führte Uta Vorbrodt.