Papst Leo XIV. empfängt ranghohen russischen Kirchengesandten

"Entwicklungsperspektiven"

Die Beziehung zwischen der katholischen und der russisch-orthodoxen Kirche ist angespannt. Unter Papst Franziskus gab es zuletzt leichte Annäherungen. Nun trifft der neue Papst erstmals einen hochrangigen Vertreter aus Moskau.

Antonij Sevrjuk, russisch-orthodoxer Metropolit von Volokolamsk, bei der Vollversammlung des "VII. Kongresses von Welt- und traditionellen Religionen" mit Religionsführern in Nur-Sultan / © Paul Haring/CNS photo (KNA)
Antonij Sevrjuk, russisch-orthodoxer Metropolit von Volokolamsk, bei der Vollversammlung des "VII. Kongresses von Welt- und traditionellen Religionen" mit Religionsführern in Nur-Sultan / © Paul Haring/CNS photo ( KNA )

Der neue Papst in heikler Mission: Leo XIV. hat am Samstag den Außenamtsleiter des Moskauer Patriarchats empfangen. Das teilte der Vatikan ohne weitere Angaben zu Gesprächsinhalten mit. Es war der erste Besuch von Metropolit Antonij seit Amtsantritt des ersten Kirchenoberhaupts aus den USA. Nach Angaben der russisch-orthodoxen Kirche erörterte Antonij mit dem Papst orthodox-katholische Fragen und die Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten. Der Metropolit habe Leo XIV. auch über die "Verfolgung" der ukrainisch-orthodoxen Kirche berichtet. Antonij habe dem neuen Papst auch Glückwünsche des Moskauer Patriarchen Kyrill I. zur Wahl im Mai überbracht, hieß es weiter.

Im Vorfeld hatte der Gesandte von Patriarch Kyrill I. den vor drei Monaten gestorbenen Papst Franziskus wegen seiner Haltung zu Russland gelobt. Dieser habe versucht, die Wurzeln des russisch-ukrainischen Konflikts zu verstehen, und eine ausgeglichene Haltung eingenommen, so Antonij im Interview mit Zeitung "La Repubblica" am Donnerstag. Für eine Bewertung von Leo XIV. sei es noch zu früh, so der Russe weiter. Von dem ersten persönlichen Gespräch erhoffe er sich, über die "Entwicklungsperspektiven der Beziehungen zwischen der russisch-orthodoxen und der katholischen Kirche" reden zu können.

Friedengespräche im Vatikan?

Anfang Juni hatte Leo XIV. bereits mit Russlands Präsident Wladimir Putin telefoniert. Laut dem Vatikan forderte der Papst dabei Engagement für Dialog und eine Lösung des Konflikts. Zudem ließ er an Patriarch Kyrill I. ausrichten, dass gemeinsame christliche Werte ein Licht sein könnten, das hilft, Frieden zu suchen, das Leben zu verteidigen und echte Religionsfreiheit zu erlangen.

Schon kurz nach seinem Amtsantritt hatte Leo XIV. den Vatikan als Ort für Friedensvermittlungen zwischen der Ukraine und Russland angeboten. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, den Leo XIV. bereits zweimal traf, dankte dem Papst für das Angebot. Moskau lehnt bislang ab.

"Ein Vermittler muss neutral sein"

Der Metropolit kommentierte diese Initiative im Interview: "Ein Vermittler muss neutral sein (...). Ich bin nicht sicher, ob die katholische Kirche sich als neutral bezeichnen kann." Er erinnerte daran, dass der Vertreter der katholischen Kirche in Kiew zugestimmt habe, als die russisch-orthodoxe Kirche in der Ukraine verboten worden sei.

Außerdem verbreiteten die Bischöfe der griechisch-katholischen Kirche in der Ukraine anti-russische Reden, ohne dass der Heilige Stuhl dagegen vorgehe, so Antonij. Er wandte sich erneut gegen Vorwürfe, dass die russisch-orthodoxe Kirche in der Ukraine ein "Agent unter dem Einfluss Russlands" sei. Diese Anschuldigungen seien unbegründet.

 

Pentarchie

Die sogenannte Pentarchie (griech. Fünfherrschaft) ist das vor allem orthodoxe Kirchenbild der Spätantike und des frühen Mittelalters. Die Alte Kirche kannte seit dem Konzil von Chalcedon 451 eine Rangfolge der fünf wichtigsten Patriarchate: Rom, Konstantinopel, Alexandrien, Antiochien und Jerusalem. Der byzantinische Mönch und Kirchenlehrer Theodor Studites (759-826) sprach von der "fünfhäuptigen Macht der Kirche". Gemeint war eine Leitungsgewalt der fünf Patriarchen - in gemeinsamer Verantwortung.

Ein russisch-orthodoxer Priester / © Allatrust (shutterstock)
Ein russisch-orthodoxer Priester / © Allatrust ( shutterstock )
Quelle:
KNA