Pentarchie

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Die sogenannte Pentarchie (griech. Fünfherrschaft) ist das vor allem orthodoxe Kirchenbild der Spätantike und des frühen Mittelalters. Die Alte Kirche kannte seit dem Konzil von Chalcedon 451 eine Rangfolge der fünf wichtigsten Patriarchate: Rom, Konstantinopel, Alexandrien, Antiochien und Jerusalem. Der byzantinische Mönch und Kirchenlehrer Theodor Studites (759-826) sprach von der "fünfhäuptigen Macht der Kirche". Gemeint war eine Leitungsgewalt der fünf Patriarchen - in gemeinsamer Verantwortung. Sie standen in gleicher Weise in der Nachfolge der Apostel und wurden als die wichtigsten Einheitszentren der einen Kirche verstanden. Alle anderen Teilkirchen, so das Idealbild, mussten mit diesen fünf im Glauben verbunden sein. Jedes Patriarchat der Pentarchie hatte sein je eigenes Territorium mit den ihm unterstellten Metropoliten, Bischöfen und Gläubigen zu leiten. Ein Übergriff eines Patriarchen in den Zuständigkeitsbereich des Kollegen war untersagt. Wenn Fragen zur Entscheidung anstanden, trafen sich die Bischöfe auf dem vom byzantinischen Kaiser einberufenen Ökumenischen Konzil. Rom mit den Apostelgräbern von Petrus und Paulus kam der Ehrenvorrang des Primus inter pares zu. Der Patriarch von Konstantinopel, Nachfolger des Apostels Andreas, nahm den zweiten Rang ein, da die Stadt als Regierungssitz des oströmischen Kaisers das "Neue Rom" sei. Bis heute ist er Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie. Der dritte Rang der Pentarchie kam Alexandria zu, dessen Patriarchen sich auf das Martyrium des Evangelisten Markus berufen. Allerdings gibt es heute in der antiken Residenzstadt Markus-Nachfolger verschiedener christlicher Konfessionen, darunter der koptische Papst von Alexandrien und ganz Afrika, Tawadros II. In der Tradition der alten Pentarchie steht aber der griechisch-orthodoxe Patriarch von Alexandrien, seit 2004 Theodoros II. Rang vier und fünf haben Antiochien und Jerusalem; erstere als Stadt der Apostel und Apostelschüler und Sitz einer wichtigen theologischen Schule. Heute residieren der griechisch-orthodoxe und der melkitische Patriarch von Antiochien im syrischen Damaskus. Jerusalem schließlich ist die Stadt der Auferstehung Christi und der "Thron des Jakobus"; denn als erstes Oberhaupt der Jerusalemer Gemeinde gilt Jakobus "der Herrenbruder". Spätestens mit dem zweiten Jahrtausend wurde das Kirchenbild der Pentarchie im lateinischen Westen obsolet. Hier entwickelte sich von Rom aus ein vor allem rechtliches Bild von Kirche - mit dem römischen Papsttum an der Spitze einer Hierarchie. Dafür rückte im 16. Jahrhundert als Nummer fünf der Moskauer Patriarch nach. In den Ostkirchen hat sich der Wunsch nach einer Rückkehr zur "fünfhäuptigen Macht der Kirche" erhalten - zumindest in der Theorie (KNA).