Die Wege zur Priesterberufung werden immer vielfältiger

Wenn Gott ruft

Kapläne als Vorbilder, das Familienleben stark kirchlich geprägt: Die Gründe ins Priesterseminar zu gehen, ähnelten sich zu Zeiten der Volkskirche häufig. Heute sind die Wege zum Priesteramt sehr unterschiedlich. Vier Beispiele.

Autor/in:
Mathias Peter
Symbolbild Priesterweihe / © Corinne Simon (KNA)
Symbolbild Priesterweihe / © Corinne Simon ( KNA )

Thomas Kuhn ist seit rund zwei Wochen das, was der aus Bari stammende Carlo Cincavalli nach seiner Weihe an diesem Freitag im Kölner Dom erst sein wird: Priester in der römisch-katholischen Kirche. Doch der Weg des bereits geweihten 54-jährigen aus dem Bistum Münster dürfte sich nicht nur aufgrund seines Alters deutlich unterscheiden zu dem rund 20 Jahre jüngeren Priesterkandidaten. 

Thomas Kuhn (Bistum Münster)

Kuhn hat drei mittlerweile erwachsene Kinder, war viele Jahre verheiratet und sogenannter ständiger Diakon. Als seine Frau vor mehr als neun Jahren starb, war das ein schwerer Schicksalsschlag, wie er im DOMRADIO.DE-Interview erzählt: "Für mich war nicht sofort nach dem Tod meiner Frau klar, ich werde Priester, sondern es war eine Entwicklung, bei der am Ende vor vier Jahren ungefähr dann die Entscheidung stand, jetzt bewerbe ich mich und begebe mich auf den Weg." Als ständiger Diakon hatte Kuhn bereits eine Weihe erhalten, seine Frau hatte diesem Weg zugestimmt und ihn in seinem Diakonat unterstützt. 

Thomas Kuhn, Neupriester

"Mit 54, glaube ich, denkt man da auch ein bisschen anders mit seiner Lebenserfahrung, als ein 20- oder 25-Jähriger."

Verheiratete Diakone unterliegen nicht dem Zölibat, aber das kirchliche Recht sieht vor, dass Diakone nach Tod der Ehepartnerin in der Regel nicht mehr heiraten dürfen. Dieser Umstand war aber für Kuhns Entscheidung zur Priesterweihe nicht entscheidend: "Für mich war eindeutig klar, wenn mein Gott mich ruft, dann darf ich diesen Weg mit ihm zusammengehen. Aber mit 54, glaube ich, denkt man da auch ein bisschen anders mit seiner Lebenserfahrung, als ein 20- oder 25-Jähriger." Denn auch wenn Kuhn in Zukunft auf eine neue Partnerschaft verzichten muss, hat der Neupriester bereits eine eigene Familie gründen können.

Priesterweihe von Duns Helbero SVD / © Gregor Czora
Priesterweihe von Duns Helbero SVD / © Gregor Czora

Darauf bewusst verzichten müssen hingegen deutlich jüngere Männer wie der 31-jährige Duns Helbero. Er gehört der Ordensgemeinschaft der Steyler Missionare an und wurde jetzt im Juni zum Priester im Missionspriesterseminar in Sankt Augustin geweiht. Wie andere Neupriester auf dem Gebiet des Erzbistums Köln ist er international orientiert, stammt von den Philippinen und lebt seit 5 Jahren in Deutschland. 

Als Kind in einer katholischen Familie und Messdiener habe ihn schon früh "die Freude am Glauben" geprägt, erzählt er aus Anlass seines ewigen Gelübdes 2024. Den Weg in die Mission, zu den Styler Missionaren hat Duns Helbero ganz bewusst gewählt: "Wir haben eigentlich keine Mission, sondern Gott hat eine Mission, an der wir teilnehmen dürfen. Es ist Gottes Mission, die Missio Dei." Der Gedanke, den Menschen das Evangelium zu verkünden, bekräftigt er bei seiner Priesterweihe am 22. Juni noch einmal: "Ich danke Gott für die Berufung und verlasse mich darauf, dass er mir die Gnade gibt, immer wieder aufs Neue auf ihn zu hören, um mich an den missionarischen Dienst als Steyler hinzugeben.“ 

László Kardinal Német SVD (Mitte) spendete die Priesterweihe am 22. Juni 2025 / © Gregor Czora
László Kardinal Német SVD (Mitte) spendete die Priesterweihe am 22. Juni 2025 / © Gregor Czora

Nicht nur eine Woche, sondern bereits ein Jahr ist die Weihe des 29-jährigen Javier Cenoz Larrea her. Er wurde 2024 im Kölner Dom geweiht, ist seitdem Kaplan im Erzbistum Köln. Den Schritt zum Priester hat er nicht bereut, im Gegenteil: "Gott, hiermit weihe ich dir mein Leben", dieser Gedanke kam ihn, als er gemäß der Weiheliturgie vor einem Jahr im Dom auf dem Boden lag und währenddessen die Heiligen angerufen wurden: "Das war ein sehr besonderer Moment, ein Moment auch, um Gott zu danken für die Jahre, die vergangen waren." Elf Jahre hat er sich in Deutschland vorbereitet, erzählt er im DOMRADIO.DE-Gespräch. 

Javier Cennoz Larrea 2021 als Seminarist im Missionarischen Priesterseminar Redemptoris Mater in Bonn. / © Beatrice Tomasetti  (DR)
Javier Cennoz Larrea 2021 als Seminarist im Missionarischen Priesterseminar Redemptoris Mater in Bonn. / © Beatrice Tomasetti ( DR )

2013 kam er als Mitglied der Neokatechumenalen Gemeinschaft von Spanien in die Bundesrepublik und musste erst einmal die Sprache lernen. Eigentlich dachte er, er würde Priester in Spanien werden, doch die Gemeinschaft schickte ihn nach Deutschland. Eine Überraschung, die er aber annahm. Schon mit zwölf, dreizehn Jahren wollte er Priester und Missionar werden. 

In Momenten, in denen er zweifelte, ob sein Weg zum Priesteramt der richtige war, hat ihm ein Wort des alttestamentlichen Propheten Jeremia geholfen, dem nämlich Gott eine Zusage gemacht hat: "Dorthin, wo ich dich sende, dorthin wirst du gehen, ich bin nämlich bei dir." Dass Gott bei ihm ist, davon ist Javier Cenoz Larrea überzeugt. Den Schritt von Spanien nach Deutschland hat er nie bereut, seine Gemeinde in Düsseldorf erlebt er als sehr lebendig mit vielen Chören und einer aktiven Jugendarbeit. 

Javier Cenoz Larrea ist gebürtiger Spanier. (EPK)
Javier Cenoz Larrea ist gebürtiger Spanier. / ( EPK )

Auch wenn die Kandidaten weniger werden, bleiben die Hürden hoch. In der Regel müssen sie ein Theologie-Studium absolvieren, einige Jahre im Priesterseminar leben, Praktika u. a. in Gemeinden absolvieren, dazu gibt es viele Gespräche mit Verantwortlichen des Bistums, um zu klären, ob Priester tatsächlich der richtige Weg ist. Zudem: Das Vertrauen in die Katholische Kirche und die Seelsorger hat nach dem Bekanntwerden der Missbrauchsfälle im Jahr 2010 deutlich nachgelassen. 

Geistliche Gemeinschaft als Heimat

In einer immer säkularer werdenden Gesellschaft mit Großpfarreien sind außerdem auch die persönlichen Lebensverhältnisse der Priester eine Herausforderung. Lebten früher im Pfarrhaus der Pfarrer, Kapläne und vielleicht noch ein Diakon, droht angesichts der wenigen Priester Überlastung und Einsamkeit. 

Dieser Rückgang zeigt sich auch im Erzbistum Köln, einziger Weihekandidat 2025 ist Carlo Cincavalli. Wie Javier Cenoz Larrea gehört er der Gemeinschaft des Neokatechumenalen Weges an, kommt ebenfalls gebürtig nicht aus Deutschland, sondern stammt aus Apulien in Süditalien. Wie der Spanier musste sich Cincavalli erstmal in Deutschland zurechtfinden. Das gelang aber mit Hilfe der Neokatechumenalen Wegs in Düsseldorf, wie er im DOMRADIO.DE-Gespräch erzählt. 

Das Priesterseminar Redemptoris Mater in Bonn-Endenich ist ein ehemaliges Benediktinerinnenkloster / © Redemptoris Mate (DR)
Das Priesterseminar Redemptoris Mater in Bonn-Endenich ist ein ehemaliges Benediktinerinnenkloster / © Redemptoris Mate ( DR )

Das Neokatechumenat stammt aus Spanien und entstand in zeitlicher Nähe zum II. Vatikanischen Konzil. Ziel der Gemeinschaft ist die Wiederentdeckung der Taufe. Nach dem Vorbild des urchristlichen Tauf-Katechumenats will der Neokatechumenale Weg eine stufenweise Hinführung zur existenziellen Dimension des Glaubens für bereits getaufte Christen genauso wie der Kirche Fernstehende oder Ungetaufte. In Deutschland gibt es in etwa 90 Gemeinschaften in 33 Pfarreien in 15 deutschen Diözesen, dazu zwei Priesterseminare, eins davon in Bonn.

Dort, im Erzbischöflichen Priesterseminar Redemptoris Mater, durchlief Carlo Cincavalli die Ausbildung. Die Seminaristen von Redemptoris Mater gehören neokatechumenalen Gemeinschaften aus der ganzen Welt an. Diese Erfahrung der Internationalität hat ihm sehr geholfen, so Cincavalli. Das war auch für die anstehende Weihe wichtig: "Dass ich der einzige Kandidat in meinem Weihejahrgang bin, war sicher für alle neu, nicht zuletzt für mich selbst. Und klar, manchmal hat es mir an einer Austauschmöglichkeit gefehlt, aber die Gemeinschaft im Seminar hat das wunderbar kompensiert."

Die Grotte von Massabielle in Lourdes / © Joachim Heinz (KNA)
Die Grotte von Massabielle in Lourdes / © Joachim Heinz ( KNA )

Die Entscheidung Priester zu werden, verbindet er vor allem mit Lourdes, dem Marienwallfahrtsort: "In Lourdes habe ich mich entschieden, Priester zu werden. Es gab in meinem Leben Momente der Dunkelheit, des Zweifels, der Müdigkeit. Und immer wieder kam dann die Gottesmutter – ganz leise und mütterlich – auch wenn sie mich nie mit großen Zeichen überrascht hat, sondern mit ihrer Treue. In Lourdes habe ich erfahren: Gott ist zärtlich. Und Maria führt immer zu ihrem Sohn."

Carlo Cincavalli wird an diesem Freitag von Erzbischof Woelki zum Priester geweiht / © Beatrice Tomasetti (DR)
Carlo Cincavalli wird an diesem Freitag von Erzbischof Woelki zum Priester geweiht / © Beatrice Tomasetti ( DR )

So blickt er voller Vorfreude auf die Priesterweihe. Carlo Cincavalli hat eine klare Vorstellung, was einen Priester in der heutigen Zeit ausmachen sollte: "Er muss zuallererst Mensch sein; er sollte ein Herz und offene Ohren haben. Und – nicht zu vergessen – Humor!"

Internationaler, oft mit einer geistlichen Gemeinschaft oder einem Orden verbunden oder schon lebenserfahren wie der 54-jährige Thomas Kuhn aus dem Bistum Münster: die neuen Priester sind zwar wenige, ihre je individuellen Wege zur Weihe zeigen aber, dass Berufungen auch in einer säkularen Welt möglich sind. 

Information der Redaktion: DOMRADIO.DE überträgt an diesem Freitag ab 16 Uhr den Gottesdienst zur Priesterweihe live in Ton und Bild, bei dem auch der 40. Jahrestag der Priesterweihe des Kölner Erzbischofs Rainer Maria Kardinal Woelki gefeiert wird. 

Priesterausbildung im Erzbistum Köln

Der Weg zum Priester dauert in der Regel acht Jahre. Nach einem vorbereitenden Jahr studieren die Kandidaten fünf Jahre Theologie. Im Anschluss an das abgeschlossene Studium werden die Kandidaten in das Kölner Priesterseminar aufgenommen. Nach einer kurzen Zeit der Vorbereitung arbeiten sie dann in ihrer Ausbildungsgemeinde. Praktische und theoretische Elemente werden also verknüpft.

 Priesterweihe in Jordanien
 / © Andrea Krogmann (KNA)
Priesterweihe in Jordanien / © Andrea Krogmann ( KNA )
Quelle:
DR

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