Fachtagung diskutiert Lösungsversuche für einheitliches Osterdatum

Terminprobleme

Ostern ist das wichtigste Fest der Christen auf der ganzen Welt. In der Ost- und Westkirche wird es nach verschiedenen Kalendern gefeiert. 1.700 Jahre nach dem Konzil von Nizäa gibt es nun neue Anläufe für ein einheitliches Datum.

Osterkerzen / © Harald Oppitz (KNA)
Osterkerzen / © Harald Oppitz ( KNA )

Die orthodoxe Theologie in Deutschland hat in diesen Tagen mehrfach Grund zum Feiern. In etlichen Veranstaltungen erinnert sie an das erste ökumenische Konzil in Nizäa vor 1.700 Jahren, das der damals noch ungeteilten Christenheit ihr erstes nachbiblisches Glaubensbekenntnis bescherte. Und das auch andere Streitfragen zu entscheiden suchte, unter anderem zur korrekten Berechnung des Ostertermins.

München: 40 Jahre orthodoxe Theologie

Symbolbild Orthodoxer Priester / © Mila Drumeva (shutterstock)
Symbolbild Orthodoxer Priester / © Mila Drumeva ( shutterstock )

In München verfügt die orthodoxe Theologie seit 40 Jahren über eine eigene Ausbildungseinrichtung an einer staatlichen Universität. Auch dieses Jubiläum gilt es angemessen zu begehen, schließlich stand die Einrichtung in Zeiten von Edmund Stoibers sparwütiger "Schwarze-Null"-Obsession schon einmal vor dem Aus. Gerettet wurde sie nicht zuletzt durch Solidarität evangelischer und katholischer Uni-Kollegen. Heute studieren immerhin 80 jüngere und ältere Semester orthodoxe Theologie in München. Sogar zwei Bischöfe sind unter den Alumni.

Zu einer zweitägigen Fachtagung Anfang Juni zum Erbe von Nizäa war es Universitäts-Vizepräsidentin Francesca Biagini wichtig, ein Grußwort beizusteuern. Damit setzte sie auch ein Ausrufezeichen hinter ein Alleinstellungsmerkmal ihrer Hochschule: Nirgendwo sonst sind alle drei großen christlichen Konfessionen mit eigenen theologischen Lehrstühlen vertreten. Darauf sei man "sehr stolz". Damit werde der internationale Austausch gestärkt und auch der gesellschaftliche Diskurs. Sie wünsche weiterhin "viel Erfolg, Inspiration und Streitkraft".

Verschiedene Termine: (k)ein Skandal?!

Die Fachtagung selbst wollte nicht nur historische Rückschau halten, sondern auch nach vorn blicken, und zwar zusammen mit den getrennten Brüdern und Schwestern im Glauben. Zwei aktuelle Stichworte waren ein gemeinsamer Osterfeiertag und Synodalität.

Ostern, so der konfessionsübergreifende Konsens, ist das wichtigste Fest der Christen auf der ganzen Welt. Ist es ein Problem, dass es - grob vereinfacht - in Ost und West nach verschiedenen Kalendern und also meist zu unterschiedlichen Zeiten gefeiert wird?

Bartholomaios I. / © Corinne Simon (KNA)
Bartholomaios I. / © Corinne Simon ( KNA )

Anna Briskina-Müller, die orthodoxe und evangelische Theologie studiert hat und derzeit an der Uni Halle beschäftigt ist, nahm in der Debatte die Rolle des "enfant terrible" ein. Ostern zeitlich getrennt zu begehen, sei gar kein Skandal, wie es etwa der Ökumenische Patriarch Bartholomaios meine. Jahrhundertelang hätten sich die Christen nicht einmal einigen können, was ein Tag sei, nämlich ob die Nachtstunden mitgezählt würden oder nicht.

Eine gemeinsame Feierzeit habe es noch nie gegeben, betonte die Theologin. In Finnland feierten die Orthodoxen Ostern mit der Westkirche, während die griechischen Katholiken sich nicht nach Rom, sondern nach dem Ostkirchenkalender richteten. "Vielleicht würde es schon genügen, mit dem Streiten aufzuhören und sich gegenseitig gelten zu lassen", stellte sie in den Raum. Wichtiger als die Frage, ob Jesu Tod am Kreuz auf den 14. oder 15. Nisan falle, sei doch, warum er gestorben sei.

Das Symbol des Kreuzes steht für die Hoffnung auf Auferstehung. / © Beatrice Tomasetti (DR)
Das Symbol des Kreuzes steht für die Hoffnung auf Auferstehung. / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Kalenderfragen seien keine Glaubensfragen, fügte sie hinzu. Die Liebe Gottes sei auf Gleichzeitigkeit nicht angewiesen. Hinter dem Einheitstermin stecke letztlich die anachronistische konstantinische Idee einer Reichskirche. Kalendarische Abweichungen seien nicht schädlich, sondern nützlich, und das in einem ganz praktischen Sinne. In der Diaspora könnten orthodoxe Christen so andere Kirchen für ihr Osterfest nutzen, "und wir können uns gegenseitig besuchen". Briskina-Müller: "Ich feiere Ostern seit vielen Jahren zweimal durch und möchte das nicht missen."

Astronomische Berechnung oder fixes Datum

Einen ersten Widerspruch zu diesem Statement formulierte der evangelische Kieler Kirchenhistoriker Andreas Müller. Er rief die Nizäa zugeschriebene, aber dort gar nicht kodifizierte goldene Regel in Erinnerung: Demnach sei Ostern am ersten Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond zu feiern. Anschließend präsentierte er vier Lösungsversuche.

Ostereier vor einer orthodoxen Kirche / © ju_see (shutterstock)
Ostereier vor einer orthodoxen Kirche / © ju_see ( shutterstock )

Am besten, so Müller, wäre es, wenn sich die Christen aller Konfessionen auf eine astronomisch korrekte Berechnung verständigten. Was das heißt, lässt sich unter anderem an diesem Jahr ablesen: Da fiel die Tag-Nacht-Gleiche im Frühjahr nicht auf den 21., sondern den 20. März. Manchmal aber ist es auch der 19. März.

Man könnte alternativ einen Fixtermin ins Auge fassen, etwa den zweiten Sonntag im April. Es war das britische Parlament, das diesen Vorschlag 1928 erstmals formulierte. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er von den Vereinten Nationen weiter befördert, konnte sich aber nicht durchsetzen. Papst Franziskus und Kopten-Papst Tawadros II. hatten zuletzt in einem Briefwechsel den 3. Sonntag im April als gemeinsames Datum ventiliert.

Symbolbild: Kalender / © Brian A Jackson (shutterstock)
Symbolbild: Kalender / © Brian A Jackson ( shutterstock )

Drittens seien regionale Lösungen denkbar, so der Kieler Theologe. Und schließlich, was der Kirchenhistoriker für die realistischste Variante hält: Alle Kirchen einigen sich auf die orthodoxe Mehrheitspraxis, die noch am Julianischen Kalender hängt.

Übereinstimmung von Ostern in 2028, 2031 und 2034 

Johannes Oeldemann, Leiter des katholischen Johann-Adam-Möhler-Instituts für Ökumenik in Paderborn, hielt ebenfalls ein Plädoyer für einen gemeinsamen Ostertermin. Beim Datum sei die katholische Kirche flexibel. 1977 habe sich der Ökumenische Rat der Kirchen einen orthodoxen Vorschlag zu eigen gemacht, die astronomischen Berechnungen des Frühlingsanfangs auf den Meridian von Jerusalem zu beziehen.

Dr. Johannes Oeldemann / © Möhler-Institut
Dr. Johannes Oeldemann / © Möhler-Institut

Am ausführlichsten beschrieb Oeldemann allerdings weniger eine bestimmte Lösung als vielmehr einen aus seiner Sicht gangbaren Weg dorthin. Die kommende Dekade biete dafür eine besondere Chance, gleichsam einen Kairos. 2028, 2031 und 2034 fielen die Osterfeiern trotz unterschiedlicher Kalender wie auch dieses Jahr erneut auf ein gemeinsames Datum. Damit ließen sich Etappen auf dem Einigungsprozess markieren. Dabei müsse man sich auch Zeit lassen, denn etwa in Deutschland stünden Osterferien stets fünf Jahre im Vorhinein fest, gab er zu bedenken.

Neue Chance durch Papst Leo XIV.?

Der katholische Ökumene-Experte sprach sich dafür aus, bei dem für Ende November anvisierten Treffen zwischen Bartholomaios I. und Papst Leo XIV. in Iznik (früher Nizäa) zur Feier des Konzilsjubiläums weitere Vertreter anderer christlicher Konfessionen und Glaubensrichtungen einzuladen.

Ihm schwebe die symbolische Zahl von 12 vor, sagte Oeldemann, je sechs Vertreter aus Ost- und Westkirche. Zu Bartholomaios könnten sich die Patriarchen von Alexandria und Antiochien sowie drei weitere hochrangige Würdenträger aus den orientalischen Kirchen gesellen. Auf westlicher Seite komme der Anglikaner-Primas und der ÖRK-Präsident in Betracht. Einbezogen werden sollten aber auch die Evangelische Allianz und die Pfingstkirchen. Diese 12 könnten dann eine Expertenkommission für die eigentliche Arbeit einberufen.

Papst Leo XIV. empfängt Bartholomaios I., griechisch-orthodoxer Ökumenischer Patriarch von Konstantinopel und Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie, am 30. Mai 2025 im Vatikan / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Leo XIV. empfängt Bartholomaios I., griechisch-orthodoxer Ökumenischer Patriarch von Konstantinopel und Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie, am 30. Mai 2025 im Vatikan / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Einigkeit bestand unter den Diskutanten darin, dass der Moskauer Patriarch Kyrill aus aktuellen politischen Gründen für das Treffen nicht infrage komme. Allerdings ist das Terminproblem noch verzwickter, dass es womöglich gar nicht reicht, Christen aller Couleur an einen Tisch zu bekommen.

Ostern nicht am Jüdisches Pascha-Fest 

In der Orthodoxie gibt es die Tradition, dass Ostern auf gar keinen Fall mit dem jüdischen Pascha-Fest zusammenfallen darf. Müller sagte, dies sei aus den Quellen des 4. Jahrhunderts nicht ableitbar und müsse überdacht werden, "gerade in Zeiten, wo wir so viel über Antisemitismus reden". Die Diskussion müsse daher nicht nur interkonfessionell, sondern auch interreligiös geführt werden.

Ein rumänisch-orthodoxer Geistlicher warf ein, man müsse nicht nur auf die Kirchenleitungen schauen, sondern auch auf das Volk und die Klöster. Dabei versah er seinen Diskussionsbeitrag mit dem Hinweis, dass es in der orthodoxen Kirche umgekehrt sei wie in der katholischen Kirche. "Bei uns ist die Kirchenleitung aufgeschlossen und das Volk konservativ." Am Kirchenvolk vorbei das Datum fürs Osterfest ändern - das gehe überhaupt nicht.

Folgt man indes Oeldemanns Vorschlag, dann soll das Vorgehen in mehreren Etappen gerade dazu dienen, dass es genügend Rückkopplungen zwischen der Expertenkommission und der jeweiligen Kirchenbasis gibt.

Osterfest bei orthodoxen Christen

Vor allem in Griechenland und auf Zypern werden während der gesamten Osterwoche in allen Kirchen Messen zelebriert, die mehrere Stunden dauern. Am Karfreitag folgt eine Prozession durch die Straßen der Gemeinde. Selbst weltlich orientierte Menschen gehen zur Osterzeit in die Kirche. Die Feiertage werden mit der Familie verbracht. Am Samstag um Mitternacht verkünden Priester dann bei einer nächtlichen Messe: "Christus ist auferstanden." Dazu wird ein großes Feuerwerk gezündet. Unwissende Besucher könnten den Eindruck gewinnen, die Griechen begrüßen ein neues Jahr.

Russisch-orthodoxe Kirche in Moskau (shutterstock)
Quelle:
KNA