Missio-Präsident lobt Einsatz des Papstes für Myanmar

Die "sanfte Macht"

Papst Franziskus hat sich zeitlebens für Leidtragende in Krisengebieten starkgemacht. Auch Myanmar, ein Land, das von mehreren Krisen erschüttert ist, schenkte er politische Aufmerksamkeit und löste damit internationale Resonanz aus.

Autor/in:
Annika Weiler
Papst Franziskus steht mit Jugendlichen in der Kathedrale Saint Mary's in Rangun 2017 / © Osservatore Romano/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus steht mit Jugendlichen in der Kathedrale Saint Mary's in Rangun 2017 / © Osservatore Romano/Romano Siciliani ( KNA )

DOMRADIO.DE: Wie wurde das grundsätzliche Anliegen von Papst Franziskus deutlich, die Aufmerksamkeit der Weltkirche auf ein Land wie Myanmar zu lenken?

Pfarrer Dirk Bingener (Präsident von missio in Aachen): An Myanmar kann man deutlich machen, dass Papst Franziskus immer einen Blick auf die Menschen an den Rändern hatte. Ränder heißt in dem Fall, dass es hier eine kleine christliche Minderheit gibt. Sechs Prozent der 54 Millionen Einwohner Myanmars sind christlich. 700.000 Menschen sind katholisch. Das sind 1.3 Prozent der Bevölkerung im Land. Oft gehören sie auch noch einer ethischen Minderheit an. Dafür hatte der Papst in besonderer Weise Interesse. Er wusste, dass diese Menschen in besonderer Weise vulnerabel sind.

Dirk Bingener

" Im Jahr 2017 hat man bereits gemerkt, dass das Land am Scheideweg hin zu mehr Demokratie oder wieder zur Militärherrschaft steht".

Dirk Bingener / © Julia Steinbrecht (KNA)
Dirk Bingener / © Julia Steinbrecht ( KNA )

DOMRADIO.DE: Papst Franziskus hat 2017 Myanmar besucht. Damit war er der erste Papst, der in das Land gereist ist. Was hat ihn dazu bewegt?

Bingener: Man muss auf die politische Situation blicken. Nach der Herrschaft der Militärs gab es im Jahr 2015 Wahlen. Ein Demokratisierungsprozess hat im Land eingesetzt. Im Jahr 2017 hat man bereits gemerkt, dass das Land am Scheideweg hin zu mehr Demokratie oder wieder zur Militärherrschaft steht.

 Die Frage der Rohingya war damals virulent. Es war eine schlimme und schreckliche Vertreibung. Es gab die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen dem Vatikan und Myanmar. Das war eine Gemengelage, die deutlich machte, wawrum der Papst einen Schwerpunkt als erster Reisender gesetzt hat. Es war es ihm wichtig durch seine Reise und durch seine Anwesenheit zu helfen, dass sich das Land hin zur Demokratie und den Menschen wendet, die in Not sind. Also auch zu den Geflüchteten.

Dirk Bingener

"Die Rohingya sind sehr vulnerabel: Sie sind staatenlos. Sie sind vertrieben. Sie werden immer wieder zurück in die Camps geschoben". 

DOMRADIO.DE: Sie haben die Rohingya-Geflüchteten erwähnt. Welche politischen Akzente hat der Papst im Umgang mit der Rohingya-Krise gesetzt?

Bingener: Der Papst war nicht nur in Myanmar, sondern er war auch in Bangladesch. Ich selbst konnte die Camps in Bangladesch besuchen. Die Rohingya sind sehr vulnerabel, weil sie staatenlos sind. Sie sind vertrieben. Sie werden immer wieder zurück in die Camps geschoben. Für deren Schicksal hat der Papst in Dakar deutliche Worte gefunden. In Myanmar selbst kann man das nicht, aber an den Grenze zu Bangladesch oder zu Thailand kann man doch sehr klare Worte sprechen. Diese Gelegenheit  hat der Papst genutzt.

Dirk Bingener

"Christliche Gemeinden betreiben Krankenhäuser, Nothilfen oder Schulen. Die Christen strahlen oft über sich hinaus. Sie verstehen, dass es nicht nur um die eigene Klientel geht, sondern um alle Menschen, gleich welcher Religion".

DOMRADIO.DE: Nach dem Erdbeben in diesem Jahr hat Papst Franziskus auch eine Spende an das Land geschickt, die der Bevölkerung in der Notlage helfen sollte. Welche Wirkung kann eine solche Geste in einem Land entfalten, in dem Christen nur eine Minderheit bilden?

Bingener: Zunächst einmal hilft der Papst durch seine sehr konkrete Spende. In einem Land, das nicht mehrheitlich christlich ist, ist die Botschaft wie so oft, dass eine christliche Minderheit immer über sich hinaus strahlt. Christliche Gemeinden betreiben Krankenhäuser, Nothilfe und Schulen.

 Die Christen strahlen ganz oft über sich hinaus. Sie verstehen, dass es nicht nur um die eigene Klientel geht, sondern um alle Menschen, gleich welcher Religion. Es ist das Prinzip der Diaspora und gibt auch ein hohes Ansehen bei der Gesamtbevölkerung. Das ist das Fundament, auf dem eine solche christliche Minderheit in einen in diesem Fall mehrheitlich-buddhistischen Land aufbauen kann.

Dirk Bingener

"Die Aufgabe eines Papstes wird sein, diese sanfte Macht zu nutzen".

DOMRADIO.DE: Mit Blick auf die vielfältigen Krisen in Myanmar: Welche Erwartungen verbinden Sie mit dem künftigen Papst – und welche Haltung oder Prioritäten würden Sie sich von ihm wünschen?

Bingener: Kardinal Re hat auf der Beerdigung deutliche Worte gefunden. Es brauche weiter Brückenbauer im Stil von Papst Franziskus. Es brauche keine Menschen, die Mauern bauen, sondern es brauche einen Brückenbauer. Es ist unbedingt notwendig. Die Aufgabe eines Papstes wird sein, diese sanfte Macht zu nutzen. An das Gute und das Gewissen von Menschen zu appellieren, auch von Staatslenkerinnen und Staatslenkern.

Nicht parteipolitisch zu sein, aber auszuloten, was möglich ist. Klar und deutlich die Stimmen zu erheben, wenn es darum geht, dass fundamentale Menschenrechte nicht eingehalten werden. Auch der nächste Papst muss wieder ein Brückenbauer sein, der diese sanfte Macht der Diplomatie nutzt und etwas, das sowohl das Gute im Menschen anspricht als auch das Gewissen wachruft.

Das Interview führte Annika Weiler. 

Quelle:
DR

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