Die Kirche und der Nationalsozialismus in Deutschland

Turm der St. Matthiaskirche in Berlin (shutterstock)

Pflicht, Opfer, Vaterland: Als Hunderttausende katholischer deutscher Soldaten ab 1. September 1939 in den Zweiten Weltkrieg zogen, vermieden die meisten Bischöfe politische Stellungnahmen. Einzig der Münsteraner Bischof Clemens August von Galen rechtfertigte den Krieg unter Verweis auf den "ungerechten Gewaltfrieden" von Versailles 1918.

Während Holocaust und Vernichtungskrieg alles bisher Dagewesene in den Schatten stellten, dachten die Bischöfe noch in den alten Kategorien vom gerechten Krieg und der Treue zur von Gott gesetzten Obrigkeit. Kein Gedanke daran, dass die Kirche den Krieg verurteilen könnte. Katholische Kriegsdienstverweigerer, denen die Hinrichtung drohte, wurden allein gelassen.

Selbst der Terror gegen das - katholische - Polen führte nur zu verklausulierten Eingaben der Bischöfe. Für sie waren diese Verbrechen ein Vorgeschmack darauf, was den deutschen Katholiken blühen könnte. Insbesondere Kardinal Adolf Bertram, der Vorsitzende der Bischofskonferenz, wollte deshalb keine Konfrontation riskieren.

Öffentliche Zustimmung fand der Angriff auf die Sowjetunion: Galen sprach vom Kampf gegen den gottlosen Bolschewismus. Der Paderborner Erzbischof Lorenz Jaeger bezeichnete Russland als einen "Tummelplatz von Menschen, die durch ihren Christushass fast zu Tieren entartet sind". Dennoch sieht der Historiker Andreas Holzem insgesamt keine Kreuzzugsstimmung. Für viele Katholiken waren Kommunismus und Nationalsozialismus gleichermaßen Zeichen für den Verfall einer gottlos gewordenen Welt.

Im Krieg saßen die Katholiken zwischen den Stühlen: Als Deutsche hofften sie auf den Sieg. Zugleich mussten sie befürchten, dass die Nazis dann mit der Kirche abrechnen würden. Die anfänglichen Erfolge der Wehrmacht überdeckten manche Zweifel.

1943 dienten rund 3.400 kirchliche Einrichtungen kriegsbedingten Zwecken, zwei Drittel aller Ordensfrauen erfüllten kriegswichtige Aufgaben, vor allem Krankenpflege. Auch durch Glockenläuten nach den Siegen gegen Polen und Frankreich oder durch die Militärseelsorge von 650 Feldgeistlichen stabilisierte die Kirche die Kriegsgesellschaft.

Andererseits zeigten Katholiken Distanz und Widerstand: Über 400 Priester wurden zwischen 1933 und 1945 in ein KZ gebracht, 107 kamen dort zu Tode. 63 weitere Priester wurden hingerichtet oder ermordet.

Galen protestierte 1941 öffentlich gegen die Vernichtung vermeintlich "lebensunwerten Lebens". Zur Verfolgung der Juden schwiegen die Bischöfe hingegen. (KNA)