Zweiter Nationaler Energie-Gipfel in Berlin

Atomarer Sprengstoff für die Regierungskoalition?

Die Bundesregierung hat neue Vorstöße in der internationalen Energiepolitik angekündigt. Man werde die deutsche EU-Ratspräsidentschaft und den G8-Vorsitz im kommenden Jahr nutzen, um eigene Ziele der Energiepolitik «sehr offensiv« zu vertreten, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag nach dem zweiten Energiegipfel in Berlin.

 (DR)

Die Bundesregierung hat neue Vorstöße in der internationalen Energiepolitik angekündigt. Man werde die deutsche EU-Ratspräsidentschaft und den G8-Vorsitz im kommenden Jahr nutzen, um eigene Ziele der Energiepolitik «sehr offensiv« zu vertreten, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag nach dem zweiten Energiegipfel in Berlin. So werde man sich intensiv für eine Weiterentwicklung des Klimaschutz-Protokoll von Kyoto über das Jahr 2012 hinaus einsetzen. Am Rande der Spitzenrunde entbrannte in der großen Koalition ein neuer Streit über die Nutzung der Kernenergie in Deutschland.

Energieproduktivität verdoppeln
Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) kündigte an, die Bundesregierung werde mit der EU-Präsidentschaft auch die Schaffung eines gemeinsamen europäischen Energiemarktes zum Thema machen.
Dieser könne zu günstigeren Strompreisen führen. Die Bundesregierung setzte mit dem Spitzentreffen mit rund 30 Vertretern von Koalition, Energiewirtschaft, Industrie und Verbrauchern einen im April begonnenen Dialog über ein langfristiges Energiekonzept fort.

Um die Energieeffizienz zu steigern, will die Bundesregierung die Energieproduktivität bis 2020 gegenüber dem Jahr 1990 verdoppeln. Umgesetzt werden könne dies beispielsweise durch den flächendeckenden
Einsatz moderner Heizungen und eine verbesserte Wärmedämmung in Gebäuden, sagte Merkel. Inwieweit dies durch marktwirtschaftliche Anreize oder "ordnungspolitische Maßnahmen" erreicht werden könne,
sollen nun Arbeitsgruppen klären.

Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) wies darauf hin, dass nach Vermutungen der Europäischen Kommission 80 Prozent der klimapolitischen Herausforderungen der kommenden Jahre im Bereich der Energieeffizienz lägen. Was den Export von Technologien angehe, habe Deutschland "Ungeheures" zu bieten.

Uneinig in Sachen Atomausstieg
Mehrere Unionsministerpräsidenten forderten eine längere Laufzeit der Atomkraftwerke. Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) sprach sich dafür aus, "den Ausstieg nicht zu
vollziehen". Forschungsministerin Annette Schavan (CDU) warnte vor einem Kompetenzverlust in der deutschen Atomforschung. Ungeachtet der politischen Entscheidung zum Atomausstieg könne Deutschland
"unmöglich damit Schluss machen, beteiligt zu sein an technologischer Entwicklung".

Merkel betonte, das Thema Atomausstieg sei am Montag nur am Rande besprochen worden. Es werde wieder beim dritten und letzten Gipfel im Frühjahr 2007 auf der Tagesordnung stehen. Die Entscheidungsabläufe
seien aber durch das Atomgesetz und die Koalitionsvereinbarung vorgegeben. Auch Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) verwies auf den Koalitionsvertrag, in dem der Atomausstieg beschlossene Sache
sei.
(ddp,edp,dr)