RWE, Rüttgers und Stoiber wollen längere AKW-Laufzeiten - Umweltorganisationen kritisieren

Der deutsche Atomstreit

Die Umweltschutzorganisationen BUND und Greenpeace haben den Antrag des Energieunternehmens RWE zu Biblis A als "Rechtsverstoß" bezeichnet. RWE hatte am Dienstag den lange angekündigten Antrag auf Laufzeitverlängerung für das älteste deutsche Atomkraftwerk gestellt.

 (DR)

Die Umweltschutzorganisationen BUND und Greenpeace haben den Antrag des Energieunternehmens RWE zu Biblis A als "Rechtsverstoß" bezeichnet. RWE hatte am Dienstag den lange angekündigten Antrag auf Laufzeitverlängerung für das älteste deutsche Atomkraftwerk gestellt. Greenpeace  forderte in einer Pressemitteilung Umweltminister Sigmar Gabriel auf, den Antrag abzulehnen. Das Bundesumweltministerium will den Antrag "aufgrund des bestehenden Atomgesetzes" prüfen. - Nach einer gemeinsamen Kabinettsitzung in München sprachen sich die Ministerpräsidenten Bayerns und Nordrheinwestfalens für längere Laufzeiten von Atomkraftwerken aus.

Stoiber und Rüttgers für längere Laufzeiten von Atomkraftwerken
Edmund Stoiber (CSU) und Jürgen Rüttgers (CDU) betonten, die Kernenergie trage wesentlich zu einer "sicheren, kostengünstigen und umweltverträglichen Stromproduktion" am Standort Deutschland bei.

Stoiber fügte hinzu, es gehe nicht um den Neubau von Atomkraftwerken. Vielmehr müssten die bislang geplanten Laufzeiten verlängert werden, damit für die Entwicklung von regenerativen Energien mehr Zeit sei. Zum bisherigen Widerstand des Berliner Koalitionspartners SPD gegenüber dieser Forderung sagte der CSU Chef: "Man soll Hoffnungen nie aufgeben."

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte in der aktuellen Ausgabe des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" angekündigt, sich nicht auf die Absicht von Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) einzulassen, eine Verlängerung der Laufzeit älterer Kernkraftwerke beim zweiten Energiegipfel der Regierung am 9. Oktober zum Thema zu machen. "Eine Diskussion darüber wäre Zeitverschwendung, weil der Energiegipfel keine Neuverhandlungen der Koalition ist", sagte Gabriel.

RWE: Biblis soll bis 2011 am Netz bleiben
Das Atomkraftwerk Biblis soll nach dem Willen der Betreiberfirma RWE Power bis 2011 am Netz bleiben. Beide Blöcke des südhessischen Reaktors sollten dem Atomkonsens entsprechend bis in die zweite Jahreshälfte 2011 hinein Strom erzeugen, gab der Energiekonzern am Dienstag in Biblis bekannt. Vorstandschef Jan Zilius betonte, der Antrag stehe im Einklang mit dem zwischen der rot-grünen Vorgänger-Bundesregierung und der Kernenergiewirtschaft ausgehandelten Atomkonsens. Nutzen will das Unternehmen die Möglichkeit, Strommengen rechnerisch zwischen seinen Reaktoren zu übertragen.

RWE Power will Reststrommengen von dem nie in Betrieb gegangenen Kraftwerk Mülheim-Kärlich auf beide Blöcke in Biblis übertragen. Für Block A, der nach bisherigem Stand laut RWE Mitte 2008 vom Netz gehen müsste, sollten zusätzlich Strommengen vom AKW Emsland übertragen werden.

Greenpeace und BUND: Antrag von RWE ist unrechtmäßig
Eine Verlängerung der Laufzeit für das hessische Atomkraftwerk Biblis A verstößt nach einem Rechtsgutachten im Auftrag von Greenpeace gegen das Atomgesetz. Da die Übertragung von nicht genutzten Strommengen von anderen Kraftwerken  auf  Biblis  A laut Gutachten aus Sicherheitsgründen rechtlich nicht möglich ist, muss der Reaktor planmäßig im Jahr 2008 abgeschaltet werden. Greenpeace  fordert Umweltminister Sigmar Gabriel auf, den Antrag abzulehnen.

Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat gefordert, den Laufzeit­verlängerungsantrag von RWE für das Atomkraftwerk Biblis A "strikt zurückzuwei­sen". RWE belege mit dem An­trag vor allem das "fehlende Gefahrenbewusst­sein der Unter­nehmensleitung", so RWE.

Biblis A ist der älteste deutsche Reaktor, der derzeit in Betrieb ist. Der Meiler ging 1974 ans Netz und müsste nach dem derzeit geltenden Atomkonsens spätestens 2008 abgeschaltet werden. Dagegen wendet sich RWE Power.
(ddp,dr)