Reaktionen auf Entscheidung des Papstes zu Kardinal Marx

Zustimmung und Erleichterung

Die Entscheidung von Papst Franziskus, das Rücktrittsgesuch von Kardinal Reinhard Marx nicht anzunehmen, stößt vermehrt auf Zustimmung und Erleichterung. Der Papst hatte seine Entscheidung an diesem Donnerstag bekanntgegeben.

Reinhard Kardinal Marx / © Werner Schuering (KNA)
Reinhard Kardinal Marx / © Werner Schuering ( KNA )

Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, hat mit Erleichterung darauf reagiert, dass Kardinal Reinhard Marx im Amt bleibt. Der Limburger Bischof freue sich auf die Fortsetzung der Zusammenarbeit mit dem Erzbischof von München und Freising, teilte der Sprecher der Bischofskonferenz, Matthias Kopp, am Donnerstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Bonn mit.

Bischof Ackermann begrüßt Papst-Entscheidung zu Kardinal Marx

Der Trierer Bischof Stephan Ackermann hat die Entscheidung des Papstes begrüßt, das Rücktrittsgesuch des Münchner Kardinals Reinhard Marx abzulehnen. "Ich bin erleichtert über die zügige Antwort von Papst Franziskus. Sie unterstreicht die Reformbedürftigkeit der Kirche und ist zugleich eine Rückendeckung für Kardinal Marx", schrieb Ackermann auf Facebook und Twitter. Ackermann ist auch Missbrauchsbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz.

Kardinal Hollerich: Papst-Antwort an Marx ist "fantastisch"

Die Antwort des Papstes an Kardinal Reinhard Marx ist nach Aussage des Luxemburger Erzbischofs, Kardinal Jean-Claude Hollerich, ein "fantastischer Brief". Der Papst sage damit "der Kirche, wie man mit Missbrauch umgehen soll: nichts beschönigen, nichts entschuldigen, sich dem Dreck - was der Missbrauch ist - stellen und demütig den Weg in die Zukunft einschlagen", sagte Hollerich im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Freitag in Rom.

Die Nachricht vom Rücktrittsangebot des Münchner Erzbischofs habe ihn "sehr betroffen gemacht", so Hollerich weiter. Als sein Vorgänger im Vorsitz der Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Gemeinschaft COMECE sei Marx "ein Mann, den ich sehr schätze und von dem ich viel gelernt habe".

Das Papstschreiben vom Donnerstag ist nach Ansicht des Luxemburger Erzbischofs einerseits sehr persönlich an Marx adressiert. Andererseits sei es an die Kirche in Deutschland gerichtet. "Aus dem Brief", so Hollerich, "spricht ein Hirte, der nicht groß den Weg weist", sondern jemand, "der die Sache aus eigener Erfahrung in der Nachfolge Christi versteht und bittet weiterzumachen und neue Perspektiven zu eröffnen".

Bischof Meier: Papst-Brief an Marx zeigt "Piste für alle Hirten"

Der Augsburger Bischof Bertram Meier sieht im Papst-Brief an den Münchner Kardinal Reinhard Marx "ein Zeichen der herzlichen Beziehung" zwischen den beiden. "Darauf wird der Kardinal in seinem weiteren Wirken bauen können", so Meier in einem am Freitag auf der Homepage seines Bistums veröffentlichten Statement.

In dem Schreiben würden auch grundsätzliche Anliegen des Papstes deutlich, ergänzt Meier. "Aufklärung und Aufarbeitung des Missbrauchs, das Schuldbekenntnis begangener Fehler, die Notwendigkeit einer geistlichen Reform von Jesus her und nicht einer Reformation, die 'Ideologen der Reform' wünschen."

Interessant sei, was der Papst nicht sage: "Obwohl er synodale Prozesse in allen Ortskirchen will, verliert er kein Wort über den Synodalen Weg", also die aktuelle Reformdebatte der katholischen Kirche in Deutschland. "Sein Anliegen ist eine spirituelle Erneuerung, die sich der Krise stellt, aber sich nicht in Konflikten verausgabt." Franziskus rede auch nicht vom "toten Punkt", sondern vom "Keim der Hoffnung", der in der Krise stecke. "Krise heißt für ihn auch, sich der Wüste auszusetzen."

An diesen Gedanken, so Meier weiter, könne sich jeder Bischof "in dieser delikaten Zeit ausrichten und mit Franziskus die ernste Frage stellen: 'Was muss ich angesichts dieser Katastrophe tun?'" So gesehen, scheine der Brief wohl an Marx adressiert zu sein, "doch eigentlich zeigt er eine pastorale Piste für alle Hirten in Deutschland auf", meint Meier.

"Mit seinem Schreiben will der Papst uns als Bruder im Glauben stärken und gleichzeitig einladen, innezuhalten, nicht vor der Verantwortung zu fliehen und verfügbar zu bleiben. Der Papst - ganz ignatianisch - schreibt hier fast wie ein geistlicher Begleiter, der uns zu Exerzitien einlädt."

Sternberg erleichtert

"Ich bin - nicht zuletzt mit dem Blick auf den Synodalen Weg - froh, dass Kardinal Marx uns als starke Stimme erhalten bleibt", sagte unterdessen der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, der "Rheinischen Post". Die Entscheidung aus Rom zeige, "dass die angebliche Unzufriedenheit über den Synodalen Weg in Deutschland der vielschichtigen Realität nicht entspricht".

Zudem hätten die Reaktionen auf Marx' Angebot gezeigt, "dass er ein sehr hohes Ansehen genießt und man den Ernst, wie er mit der extrem schwierigen Lage der katholischen Kirche in Deutschland umgeht, sehr gewürdigt hat", sagte der Präsident des höchsten deutschen katholischen Laiengremiums.

Marx hatte dem Papst in einem Brief, der am vergangenen Freitag bekannt wurde, seinen Rückzug angeboten. Darin schrieb der Münchner Erzbischof: "Im Kern geht es für mich darum, Mitverantwortung zu tragen für die Katastrophe des sexuellen Missbrauchs durch Amtsträger der Kirche in den vergangenen Jahrzehnten." Auch Kardinal Marx wird in seiner Zeit als Bischof von Trier Fehlverhalten im Umgang mit möglichen Missbrauchsfällen vorgeworfen.

Papst Franziskus forderte nun Marx auf, weiter im Amt zu bleiben. "Das ist meine Antwort, lieber Bruder. Mach weiter, so wie Du es vorschlägst, aber als Erzbischof von München und Freising", schreibt der Papst in einem dreiseitigen Brief an Marx, den der Vatikan am Donnerstag veröffentlichte.

Im Synodalen Weg beraten deutsche Bischöfe und Laienvertreter seit 2019 über die Zukunft der katholischen Kirche. In der Debatte geht es vor allem um die Themen Macht, Priestertum und Sexualmoral sowie um die Rolle der Frauen in der 

Bedford-Strohm erleichtert über Entscheidung des Papstes zu Marx

Der bayerische Landesbischof und Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, ist erleichtert über die Ablehnung des Rücktritts von Kardinal Reinhard Marx.

Er könne seine Erleichterung über die Entscheidung des Papstes "nicht verhehlen", sagte Bedford-Strohm am Donnerstag dem Evangelischen Pressedienst (epd): "Wir brauchen die Stimme von Kardinal Marx - für die Ökumene, für die Reformprozesse der Kirche und auch als Stimme öffentlicher Theologie."

Der Ratsvorsitzende sagte weiter, er deute die Entscheidung des Papstes vom Donnerstag "auch als deutliches Zeichen der Unterstützung für die Reformprozesse innerhalb der katholischen Kirche". An diesen nähmen die Evangelischen Anteil, sagte Bedford-Strohm weiter.

Betroffeneninitiative: Papst nimmt Marx-Angebot die Wucht

Der Sprecher der Betroffeneninitiative "Eckiger Tisch", Matthias Katsch, kritisiert dagenen die Entscheidung von Papst Franziskus, den Amtsverzicht von Kardinal Reinhard Marx nicht anzunehmen. Damit nehme der Papst dem Rücktrittsangebot des Münchner Erzbischofs die Wucht, sagte Katsch am Donnerstag in Berlin.

Marx zielte laut Katsch mit seiner Erklärung auf die Verantwortung aller Bischöfe für ein System aus Missbrauch und Vertuschung in der Kirche. "Der Papst moderiert diese erschütternde Einsicht jetzt einfach weg und entlastet damit auch sein eigenes Amt. Besonders erschreckend ist aber, wie der Papst in seiner Erklärung versucht, die Verantwortung für Machtmissbrauch und Missbrauchsvertuschung durch Bischöfe weltweit zu relativieren, indem er darauf verweist, dass früher eben 'andere Zeiten' gewesen seien", kritisierte der Sprecher der Betroffeneninitiative.

Von dem radikalen Neuanfang, den das Rücktrittsgesuch von Kardinal Marx andeutete, sei jetzt wenig geblieben. "Der Papst sollte endlich anfangen, den Betroffenen wirklich zu zuhören", so Katsch.

"Wir sind Kirche" sieht durch Papst Reformbewegung gestärkt

Die Entscheidung von Papst Franziskus, den Amtsverzicht von Kardinal Reinhard Marx nicht anzunehmen, wertet die Gruppierung "Wir sind Kirche" nicht nur als persönliche Rückenstärkung für den Münchner Erzbischof. Das am Donnerstag veröffentlichte Antwortschreiben aus Rom sei eine "eindeutige Unterstützung" für den Reformkurs der katholischen Kirche, heißt es in einer in München veröffentlichten Reaktion von "Wir sind Kirche". Dies gelte unbeschadet dessen, dass der Papst den von Marx mitinitiierten Reformdialog Synodaler Weg in Deutschland nicht erwähne.

Marx könne sich nun weiterhin mit seiner Kraft und Kompetenz dafür einsetzen, so die Organisation. Der Papst habe deutlich gemacht, dass die Kirche die Katastrophe sexueller und geistlicher Gewalt in der Kirche gründlich und in ihren strukturellen Wurzeln aufarbeiten müsse. Sonst könne sie keinen Schritt nach vorn tun.

Reaktion aus dem Erzbistum München und Freising

Auch in Marx' Erzbistum München und Freising wurde die Ablehnung des Rücktrittsgesuchs gewürdigt. Domdekan Lorenz Wolf sagte der Katholische Nachrichten-Agentur (KNA): "Ich bin froh und dankbar, dass der Papst schnell entschieden hat und Kardinal Marx seine Aufgaben weiter erfüllen kann."

Stadtpfarrer und Bestseller-Autor Rainer Maria Schießler sprach von einer "frohen Botschaft". Dies gelte sowohl mit Blick auf eine konsequente Aufarbeitung des Missbrauchsskandals als auch den Fortgang des Synodalen Weges. Der Papst habe Marx "sehr viele Mittel in die Hand gegeben gegen die notorischen Kritiker des Synodalen Weges". Die schnelle Reaktion des Papstes sei für ihn ein Zeichen, dass es enge Absprachen zwischen Franziskus und Marx gegeben habe.

Schießler zog einen Vergleich aus dem in Bayern beliebten Kartenspiel Schafkopf: "Der Kardinal hat echt einen Schneider rausgehauen, den höchsten Trumpf, nämlich sich selbst als Erzbischof. Und er hat den Stich gemacht."

Die Vorsitzende des Katholikenrats der Region München, Hiltrud Schönheit, sagte der KNA, sie freue sich, dass die Hängepartie für das Erzbistum schnell beendet sei. "Für München ist es wunderbar." Sie frage sich jedoch nach der Lektüre des Papst-Briefes, ob dieser verstanden habe, was Marx habe sagen wollen. Als Punkte nannte sie die Aussage des Kardinals, wonach Teile des Episkopats nicht die strukturellen und systemischen Voraussetzungen für Missbrauch akzeptieren wollten.

Auch das "Sensationelle" im Gesuch des Kardinals, in dem er auch von eigenen Fehlern gesprochen habe, finde wenig Widerhall. Ferner sei von der Perspektive der Betroffenen, die Marx umgetrieben habe, "nicht so richtig was zu sehen" in dem Schreiben von Franziskus.

Rörig: Marx ist starke Kraft

Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, begrüßt es, dass Reinhard Kardinal Marx weiter im Amt bleibe. Marx sei  "eine starke Kraft, um unabhängige Aufarbeitung in der katholischen Kirche umzusetzen". 

Es sei wichtig, dass sich Marx in seiner Funktion als Erzbischof von München und Freising weiter für Reformen einsetze, sagte der Missbrauchsbeauftragte Johannes-Wilhelm Rörig am Freitagabend im Deutschlandfunk. Zudem müsse sich der Kardinal mit möglichen Pflichtverletzungen aus der Vergangenheit auseinandersetzen.

Information der Redaktion: Der Artikel wird fortlaufend ergänzt (Stand/12.06.2021, 15.30 Uhr)


Quelle:
KNA , epd