Zentralrat gegen Jüdische Gemeinde als Geiger-Kolleg-Träger

Übergabe sei ohne Zustimmung erfolgt

Die Debatte um die beiden Ausbildungsstätten für jüdische Geistliche an der Universität Potsdam kommt nicht zur Ruhe. Die Trägerschaft durch die Jüdische Gemeinde zu Berlin lehnt der Zentralrat der Juden in Deutschland strikt ab.

Autor/in:
Gregor Krumpholz
Potsdam: Vor der Rabbinerschule Abraham Geiger Kolleg steht ein Schild mit der Aufschrift Universität Potsdam / © Christophe Gateau (dpa)
Potsdam: Vor der Rabbinerschule Abraham Geiger Kolleg steht ein Schild mit der Aufschrift Universität Potsdam / © Christophe Gateau ( dpa )
Feierliche Ordination von Rabbinern und Kantoren in der Berliner Beth Zion Synagoge  / © Bernd von Jutrczenka (dpa)
Feierliche Ordination von Rabbinern und Kantoren in der Berliner Beth Zion Synagoge / © Bernd von Jutrczenka ( dpa )

Die Reform der Ausbildungsstätten für jüdische Geistliche in Potsdam bleibt strittig. Die Übertragung der GmbH-Anteile des Abraham-Geiger-Kollegs und des Zacharias-Frankel-Colleges durch Rabbiner Walter Homolka an die Jüdische Gemeinde zu Berlin sei ohne Rücksprache mit Studierenden, Beschäftigten und Zuwendungsgebern erfolgt, kritisierte der Zentralrat der Juden am Donnerstag in Berlin.

Auch die an der Universität Potsdam angesiedelte School of Jewish Theology und die Leitung des Frankel-Colleges seien nicht eingebunden gewesen, so der Zentralrat. Er stellte eine weitere Förderung beider Ausbildungsstätten infrage.

Neue Synagoge in Berlin / © Jannis Chavakis (KNA)
Neue Synagoge in Berlin / © Jannis Chavakis ( KNA )

Neue Interimsgeschäftsführerin

Die Jüdische Gemeinde zu Berlin hatte am Mittwochabend bekannt gegeben, dass sie die Trägerschaft des Geiger-Kollegs übernommen hat.

Neue Interimsgeschäftsführerin wird demnach die Rechtsanwältin und amtierende Geschäftsführerin der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Milena Rosenzweig-Winter.

Ausbildungsstätten als gemeinnützige GmbHs

Das Kolleg ist eine Ausbildungsstätte für liberale Rabbinerinnen und Rabbiner sowie Kantorinnen und Kantoren und als gemeinnützige GmbH verfasst. Träger war bislang die Leo-Baeck-Foundation, eine zivilgesellschaftliche Stiftung zur Förderung jüdischer Kulturprojekte.

Von ihr übernahm die Gemeinde auch die Trägerschaft des Zacharias-Frankel-Colleges, das konservative jüdische Geistliche ausbildet und ebenfalls die Rechtsform einer gemeinnützigen GmbH hat. Beide Ausbildungsstätten sind An-Institute der Universität Potsdam.

Weitere Beratungen geplant

Der Zentralrat erklärte, dass der Trägerwechsel "keinen Schritt dabei weiterbringt, die liberale und konservative Rabbinerausbildung für die Zukunft zu sichern". Er wolle rechtlich prüfen, ob er die Rabbinerausbildung in Potsdam unter diesen Umständen weiter fördern könne.

Zuwendungsgeber sind auch das Bundesinnenministerium und das Brandenburger Forschungsministerium. Der Zentralrat betonte, die nun gegebene Trägerstruktur sei "in jedem Fall ungeeignet".

Er hatte selbst bereits den Jurist Gerhard Robbers beauftragt, ein Reformkonzept zu erarbeiten, und will es dann nach eigenen Angaben mit Zuwendungsgebern, Studierenden und Beschäftigten beraten.

Früherer Direktor bestreitet Beschuldigungen

Die Strukturreform der Rabbinerausbildung steht im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen um den früheren Direktor des Geiger-Kollegs, Walter Homolka. Nach Vorwürfen des Machtmissbrauchs hatte der Rabbiner und Gründer des Kollegs im vergangenen Dezember angekündigt, sich von der Spitze der Ausbildungsstätte zurückzuziehen. Zugleich bestreitet er die Beschuldigungen und will gerichtlich dagegen vorgehen.

Rabbiner Walter Homolka (Archiv) / © Harald Oppitz (KNA)
Rabbiner Walter Homolka (Archiv) / © Harald Oppitz ( KNA )

Nach Angaben der Jüdischen Gemeinde begrüßte der Berliner Kultursenator Klaus Lederer (Linke) die Übernahme der Trägerschaft.

Es sei "die natürliche Entwicklung einer seit Jahren bereits existierenden und immer enger werdenden Partnerschaft". Die Jüdische Gemeinde zu Berlin sei als anerkannte Körperschaft des öffentlichen Rechts ein verlässlicher Träger der Rabbinerausbildung.

Juden in Deutschland

Jüdisches Leben auf dem Gebiet der Bundesrepublik gibt es seit mehr als 1.700 Jahren. Der älteste schriftliche Nachweis stammt aus dem Jahr 321 aus Köln. Vor der nationalsozialistischen Machtergreifung lebten 1933 auf dem Gebiet des Deutschen Reiches rund 570.000 Juden. In der Folge des Holocaust wurden etwa 180.000 von ihnen ermordet, sehr viele flohen. 1950 gab es nur noch etwa 15.000 Juden in Deutschland. Eine Zukunft jüdischen Lebens im Land der Täter schien unwahrscheinlich und war innerjüdisch umstritten.

Ein jüdischer Mann mit einer Kippa / © Nelson Antoine (shutterstock)
Ein jüdischer Mann mit einer Kippa / © Nelson Antoine ( shutterstock )
Quelle:
KNA