Zentralrat der Juden gegen komplettes Schweinefleisch-Verbot

Schweinefleisch-Debatte geht weiter

Keine Schweinefleisch-Frikadelle, keine Gummibärchen mit Gelatine. Zwei Kitas in Leipzig  haben "Schwein" vorerst aus ihren Räumen verbannt, aus Rücksicht auf zwei kleine Mädchen, die kein Schweinefleisch essen dürfen.

Schweinefleisch in Kitas / © Jens Büttner (dpa)
Schweinefleisch in Kitas / © Jens Büttner ( dpa )

In der Debatte um ein geplantes Schweinefleisch-Verbot an Kindergärten ruft der Zentralrat der Juden in Deutschland zu Gelassenheit auf. "Grundsätzlich halte ich es für eine positive Entwicklung, dass mit höherer Sensibilität als früher darüber nachgedacht wird, religiöse Gepflogenheiten oder Bedürfnisse von Minderheiten zu berücksichtigen", erklärte Zentralratspräsident Josef Schuster am Mittwoch in Berlin. "Ich denke allerdings, dass ein Verbot von Schweinefleisch übers Ziel hinaus geschossen wäre. Es reicht meines Erachtens, wenn Kindern, die aus verschiedenen Gründen ein bestimmtes Essen nicht zu sich nehmen können, eine Alternative angeboten wird." Gleiches gelte zum Beispiel auch für Allergiker, so Schuster weiter.

Verzicht gehört zum Alltag

Er fügte hinzu: "Jüdische Kinder, die sich koscher ernähren, wissen, dass sie normale Gummibärchen nicht essen können oder nicht mit ihren Freunden beim Fast-Food-Restaurant einkehren. Das gehört zu ihrem Alltag. Sie empfinden das aber nicht als Diskriminierung." Der Zentralratspräsident betonte: "Das Letzte, was wir brauchen, ist Hetze gegen Minderheiten, nur weil in einer Einrichtung über den Speiseplan nachgedacht wird."

Die Debatte hatte sich an der Entscheidung zweier Leipziger Kindertagesstätten in freier Trägerschaft entzündet, aus Rücksicht auf muslimische Kinder auf Schweinefleisch und tierische Gelatineprodukte wie Gummibärchen zu verzichten. Vertreter von AfD und CDU wandten sich gegen ein "Verbot von Schweinefleisch". Die Kita-Leitung in Leipzig entschied sich unterdessen dazu, einstweilen von dem geplanten generellen Verzicht abzusehen.

Wachsender Druck von Muslimen

Ähnlich wie der Zentralrat der Juden riefen auch Verbände zu einer sachlichen Auseinandersetzung mit dem Thema auf. Zugleich sprach der Deutsche Lehrerverband gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) von einem wachsenden Druck aus dem muslimischen Milieu auf Schulen. Neben dem Speisenangebot an Mensen und Kiosken betreffe das auch schulische Aktivitäten im muslimischen Fastenmonat Ramadan.

Grundsätzlich sei es kein Problem, wenn Schulkantinen auf Bedürfnisse der Schüler Rücksicht nähmen, sagte Verbandspräsident Heinz-Peter Meidinger. "Problematisch wird es, wenn sich dann die nichtmuslimische Mehrheit dieser Vorgabe komplett unterwerfen muss und es keine alternativen Speisenangebote mehr gibt."

Katholische Kindertagesstätten orientierten sich am Bedarf der Familien, sagte der Geschäftsführer Verband Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder KTK, Frank Jansen. "Muslimische Kinder haben ein Recht auf Essen, das ihren religiösen Bedürfnissen entspricht." Das heiße im Umkehrschluss allerdings nicht, im Islam verbotene Nahrungsmittel komplett aus dem Speiseangebot zu streichen. "Dies würde nur Vorurteile schüren, und genau das wollen wir vermeiden."


Quelle:
KNA