Wird Leo XIV. in den Apostolischen Palast einziehen?

Des Papstes Gemächer

Die Räume im dritten Stock des Apostolischen Palastes werden derzeit renoviert. Doch ob der Papst dort wieder einziehen wird, ist noch nicht sicher. Kunsthistoriker Martin Raspe sieht die Ausstattung der Räume mit gemischten Gefühlen.

Autor/in:
Jan Hendrik Stens
Papst Leo XIV. im päpstlichen Appartement im Apostolischen Palast / © Romano Siciliani (KNA)
Papst Leo XIV. im päpstlichen Appartement im Apostolischen Palast / © Romano Siciliani ( KNA )

Zieht er nun in den Apostolischen Palast oder nicht? Eine offizielle Bestätigung des Vatikans, dass Leo XIV. zurück in die Gemächer des dritten Stocks hoch über dem Petersplatz zieht, steht zwar noch aus. Dem Vernehmen nach haben aber die Renovierungsarbeiten in den seit 2013 unbewohnten Räumlichkeiten des Apostolischen Palastes begonnen, wie unterschiedliche Medien berichten.

Als Papst Franziskus kurz nach seiner Wahl beschloss, weiterhin im Gästehaus Santa Marta zu wohnen und die Päpstliche Wohnung im Palast nicht zu beziehen, wurde ihm das von vielen als passend zu seinem bescheidenen Lebensstil ausgelegt. Es passte in das Narrativ des Verzichts auf die Mozzetta und die Evangelistenstola sowie der schwarzen orthopädischen Schuhe, die Franziskus trug. Doch er selbst erklärte diesen Entschluss, das Gästehaus nicht zu verlassen, ganz anders.

Psychiatrische Gründe und Kontrolle

In einer Audienz mit Schülern der von Jesuiten geleiteten Schulen in Italien und Albanien drei Monate nach seiner Wahl stellte ihm eine Frau die Frage, warum Franziskus auf die Reichtürmer eines Papstes wie eine luxuriöse Wohnung verzichte und stattdessen in eine kleine Wohnung in der Nähe gezogen sei. Es gehe dabei nicht nur um Reichtum, erklärte ihr daraufhin der Papst. Für ihn sei es eine Frage der Persönlichkeit. Er brauche es, unter Menschen zu leben. Einem Professor habe Franziskus auf dieselbe Frage geantwortet, dass er aus psychiatrischen Gründen nicht in den Räumen des Apostolischen Palastes, die überdies nicht luxuriös seien, wohnen wolle.

Manche Beobachter sahen aber durch den Verbleib im Gästehaus auch eine deutlich stärkere Möglichkeit der Kontrolle durch Franziskus. Lästern über den Chef ist nun einmal schwieriger, wenn er im selben Raum ist oder jederzeit um die Ecke kommen kann. Über die Kosten, die die Entscheidung des Papstes, in Santa Marta zu wohnen, verursacht haben, gibt es keine genauen Angaben. Sie schwanken zwischen 200.000 Euro im Jahr und 200.000 Euro im Monat, je nachdem, wie die persönliche Einstellung zum am Ostermontag verstorbenen Pontifex ist.

Wohnzimmer von Papst Franziskus im Gästehaus Santa Marta / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Wohnzimmer von Papst Franziskus im Gästehaus Santa Marta / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Zu den Kosten beigetragen hat sicherlich auch die Randlage der Casa Santa Marta innerhalb der vatikanischen Mauern. So musste die italienische Polizei außerhalb der Mauern dauerhaft besondere Vorkehrungen treffen, um den Verkehr auf der angrenzenden Via della Stazione Vaticana zu kontrollieren. Dort befindet sich die Porta del Perugino, ein Zufahrtstor und auch ein möglicher Risikofaktor für ein Attentat. Das könnte sich ändern, wenn Leo nun wieder die Räumlichkeiten des Apostolischen Palastes bezieht.

Geruch nach Staub, Möbelpolitur und Bohnerwachs

Das Leben im Palast sei sicherlich nicht unangenehm, sagt der in Rom lebende Kunsthistoriker Martin Raspe von der Bibliotheca Hertziana und bedenkt dabei die öffentliche Funktion des Papstes. "Aber für eine private Wohnung, wie man sie als 'Normalmensch' gewohnt ist, erscheint das Ambiente wahrscheinlich zu groß und unpersönlich." Auch die derzeitige Ausstattung, die Materialien und Farben trügen vermutlich nicht dazu bei, dass ein Privatmensch sich dort "zuhause fühlen" würde, so Raspe und hält somit die von Franziskus genannten psychiatrischen Gründe für nachvollziehbar.

Dr. Martin Raspe (privat)
Dr. Martin Raspe / ( privat )

Polierte Marmorböden, hohe Decken, Lambris und Stores an den Türen und Fenstern, pastellfarbene Wandbespannungen, altmodische Möbel aus dunklem Holz und geschmacklich fragwürdige Kronleuchter erzeugten sicherlich keine heimelige Stimmung; den Geruch nach Staub, Möbelpolitur und Bohnerwachs könne man sich vorstellen. "Diese Räume sind also nicht 'Spiegel des Inneren', sondern Amtswohnung", fasst der Kunsthistoriker sein Urteil über die Päpstlichen Gemächer zusammen. Ob man sie durch eine behutsame Erneuerung der Einrichtung wohnlicher machen könne, sei dahingestellt.

Heutige Gestalt seit Johannes Paul II.

Der Apostolische Palast sei zwar bereits gegen Ende des 16. Jahrhunderts errichtet worden, die Eingangstür zum Appartement zeige jedoch das Wappen Papst Pius' IX. Die historischen Räume wurden nämlich 1871, nach der Beschlagnahme des Quirinalspalastes durch das neugegründete Königreich Italien, umgebaut und neu geordnet, damit der Papst hier einziehen konnte. Die Papstwohnung habe ihre jetzige Gestalt unter Johannes Paul II. erhalten, erklärt Raspe weiter. Sie besitze keine historische Freskenausstattung, die Kapelle ist modern gestaltet. Es gebe also wenig, auf das eine geschichtsbewusste Renovierung besondere Rücksicht nehmen müsste.

Papst Leo XIV. öffnet die Tür zum päpstlichen Appartement / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Leo XIV. öffnet die Tür zum päpstlichen Appartement / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Dass zu den gegenwärtigen Renovierungsarbeiten auch die Beseitigung von Wasserschäden zähle, könne Raspe sich gut vorstellen und verweist auf Abbildungen der Palastfassaden. Dort sehe man, dass die Fallrohre der Regenrinnen ins Mauerwerk hineinführen, wie zum Beispiel neben dem Angelus-Fenster. "Ein Leck würde also das Regenwasser direkt ins Mauerwerk fließen lassen und wäre aufwendig zu reparieren."

Eine Besonderheit des Apostolischen Palastes sei darüber hinaus die "Dachlandschaft", die unter Paul VI. auf dem Dach des Palastes aus Ziegelmauerwerk erbaut worden ist. Sie bestehe aus Bogenlauben, Trennmauern, Blumenkübeln, Efeu- und Weinranken, einer kleinen, halboffenen Kapelle und Aussichtsbrüstungen, beschreibt der Kunsthistoriker. "Johannes Paul II. ging gerne dort spazieren und konnte nahezu ungesehen von oben auf den Petersplatz hinunterschauen." Das Dach des Palastes sei also großenteils oben offen und nur durch den Fußboden der Dachterrasse gegen Regenwasser isoliert. "Man kann sich sehr gut vorstellen, dass hier Probleme auftreten. Wie oft schon abgedichtet und repariert werden musste, entzieht sich meiner Kenntnis."

Appartement als Winterwohnung

Ob und wann Papst Leo in den Palast umziehen wird, ist also noch unklar. Derzeit wohnt er noch im Gebäude des Glaubensdikasteriums unmittelbar neben dem Vatikan, wohin er erst vor wenigen Monaten noch als Kardinal gezogen war. Zuvor hatte er in der Zentrale des Augustinerordens, dem er angehört, gewohnt und davor in einer Wohnung in Vatikannähe, die er allerdings räumen musste, damit diese gewinnbringend vermietet werden konnte. Ein Umzug in den Apostolischen Palast wäre für Leo also der dritte seit seiner Übersiedlung nach Rom vor zwei Jahren.

Schon in der Barockzeit seien Umzüge für den Papst und die hohe Geistlichkeit nicht unüblich gewesen, erzählt Martin Raspe und verweist auf die klimatischen Bedingungen der Jahreszeiten. Entweder sei man im gleichen Bau in einen anderen Flügel gewechselt, oder gleich in andere Wohnungen gezogen, wie zum Beispiel in das Vatikanische Belvedere oder in den Quirinalspalast. "Das heutige Papst-Appartement ist im Grunde nur für den Winter geeignet, da es nach Süden orientiert ist. Aus diesem Grund gingen bis zu Benedikt XVI. die Päpste im Sommer in die 'Villeggiatur' nach Castel Gandolfo." – Gut möglich, dass auch diese Tradition unter Leo XIV. wiederauflebt.

Quelle:
DR

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