Haitianischer Priester besorgt um seine Heimat

"Wir brauchen Hilfe"

Das Erdbeben in Haiti hat mindestens 1.300 Tote gefordert. Zahlreiche Menschen sind verletzt. Der Wuppertaler Pfarrvikar, Pater Elex Normil, hat haitianische Wurzeln und wünscht sich gut koordinierte Hilfen für die Betroffenen.

Ein Mann steht vor einem eingestürzten Geschäft in Saint-Louis-du-Sud, Haiti / © Matias Delacroix (dpa)
Ein Mann steht vor einem eingestürzten Geschäft in Saint-Louis-du-Sud, Haiti / © Matias Delacroix ( dpa )

DOMRADIO.DE: Wie haben Sie die Nachricht vom neuen Erdbeben in Haiti aufgenommen?

Pater Elex Normil: Das war schrecklich am Samstag. Ich hatte da zwei Taufen, Beichtgespräche und eine Messe; zehn Minuten vor der Taufe habe ich die Nachricht vom Erdbeben gelesen und konnte es kaum glauben. Eine Katastrophe folgt in Haiti auf die andere. Man fragt sich: Warum schon wieder?

Diese Rückmeldung habe ich auch von vielen Menschen hier bekommen. Und natürlich wollten die Leute wissen, was da genau passiert ist. Mittlerweile wissen wir ja, dass am Samstag ein Beben der Stärke 7,2 den Süden Haitis erschüttert hat. Seitdem steigt die Zahl der Opfer; am Samstag war erst von 30 die Rede, heute sind wir schon bei 1.300 Toten. Sehr schlimm.

DOMRADIO.DE: Sie selbst kommen aus der Gegend der Hauptstadt Port-au-Prince, die war dieses Mal nicht so betroffen. Aber Sie haben auch mit Leuten aus den Unglückgebieten im Südwesten gesprochen. Was haben Sie da erfahren?

Normil: Den Menschen geht es schlecht. Ich hatte zum Beispiel Kontakt mit zwei Priestern. Pater Ruben ist vor Ort Rektor unseres Seminars; ihm und seiner Familie ist zum Glück nichts passiert und den Seminaristen auch nicht. Aber sie leben und arbeiten auch in der Umgebung von Port-au-Prince.

Das Epizentrum des Bebens war ja im Süden und hat vor allem Les Cayes, Jérémie und Nippes in Mitleidenschaft gezogen. Um die 3.000 Häuser sind wohl zerstört worden, darunter viele Schulen, auch Kirchen, Geschäfte, Hotels und so weiter. Und das bedeutet, dass jetzt weit über 3.000 Menschen mit ihren Familien in Not sind.

DOMRADIO.DE: Inwieweit sind Kirchen und kirchliche Strukturen zerstört worden?

Normil: Viele sind teilweise zerstört, viele Mauern sind eingestürzt. Die Leute vor Ort fragen sich, ob sie diese kirchlichen Gebäude werden reparieren können oder ob sie sie vielleicht ganz neu bauen müssen. Die Frage nach dem ganzen Ausmaß der Schäden bleibt zwei Tage danach erst einmal offen, es ist zu früh für eine Bilanz. Die Verantwortlichen vor Ort prüfen das im Moment noch und schätzen ab, was zu tun ist.

DOMRADIO.DE:  Was brauchen die Haitianer jetzt am dringendsten?

Normil: Darüber habe ich auch gestern in meiner Predigt gesprochen und gesagt, dass die Erdbebenopfer heute Hoffnung brauchen, Sicherheit und Geborgenheit. Wir müssen ihnen Perspektiven schenken. Wir als Kirche, wir als Seelsorger müssen zeigen, dass wir da sind. Wir müssen beten – und wir müssen konkret etwas tun für diese Menschen.

DOMRADIO.DE: Welche Rolle kann und sollte die katholische Kirche jetzt bei Nothilfe und Wiederaufbau spielen?

Normil: Das bleibt eine große Herausforderung. Die Menschen vor Ort sind nach den Erfahrungen von 2010 vorsichtig geworden. Das Volk und die Regierung wollen auf keinen Fall die Fehler von damals. Denn damals hat es viele Versprechungen gegeben und auch viele Hilfen – aber leider ist längst nicht jede Hilfe auch vor Ort angekommen. Deshalb sagen die Menschen jetzt: Ja, wir brauchen Spenden, wir brauchen Hilfe. Aber das muss vor Ort koordiniert werden, von Leuten, die Ahnung und Erfahrung haben. Ohne Erfahrung können wir das nicht hinkriegen.

Das Interview führte Katharina Geiger.


Quelle:
DR