Wie man mit geerbten religiösen Gegenständen umgeht

Handwerkskunst oder Massenware?

Das Entsorgen von geerbten religiösen Gegenständen fällt vielen Menschen nicht leicht. Zudem lässt sich oft nicht einschätzen, wie wertvoll einige Stücke sind. Manches findet noch Verwendung, erklärt Museumsleiterin Maria Baumann.

Silberner, alter Rosenkranz und Kruzifix / © Madu Oliveira (shutterstock)
Silberner, alter Rosenkranz und Kruzifix / © Madu Oliveira ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Bei religiösen Gegenständen ist die Hemmschwelle, etwas wegzuwerfen, bei vielen Menschen doch sehr groß. Können Sie sich vorstellen, warum? 

Maria Baumann, Leiterin der Abteilung Kunst und Denkmalpflege im Bistum Regensburg, am 3. April 2024 in Regensburg. / © Thoa Weber/Kunstsammlungen des Bistums Regensburg (KNA)
Maria Baumann, Leiterin der Abteilung Kunst und Denkmalpflege im Bistum Regensburg, am 3. April 2024 in Regensburg. / © Thoa Weber/Kunstsammlungen des Bistums Regensburg ( KNA )

Dr. Maria Baumann (Leiterin der Abteilung Kunst und Denkmalpflege im Bistum Regensburg, Museumsleiterin und Diözesankonservatorin): Vielfach verbinden wir mit religiösen Objekten auch Erfahrungen unserer Kindheit und auch Werte, mit denen das Christentum unsere Gesellschaft seit Jahrhunderten wesentlich geprägt hat. Auch wenn die kirchliche Bindung abgenommen hat, erzählen die Gegenstände natürlich in ihrer Aura weiterhin davon. 

Maria Baumann

"Ist es echte Handwerkskunst oder industrielle Massenware?"

DOMRADIO.DE: Freut sich denn noch jemand zum Beispiel über die hölzerne Madonna aus Omas Wohnzimmer?

Baumann: Es kommt natürlich sehr auf den Wert der Stücke an. Für die Oma haben die Stücke einen ideellen Wert, weil religiösen Wert. Der materielle Wert der Stücke ist manchmal eher gering, zumal wenn die Objekte vielfach produziert wurden. 

Die erste Frage ist immer, ob es echte Handwerkskunst oder industrielle Massenware ist. Wenn es einen besonderen Bezug zur Kirche vor Ort gibt, kann natürlich der Pfarrer angesprochen werden. 

DOMRADIO.DE: Wie oft ist es denn so, dass der Pfarrer davon wirklich was brauchen kann? Die eigene Gemeinde ist ja in der Regel schon ausgestattet. Gibt es da auch Kooperationen, zu anderen Gemeinden zum Beispiel? 

Baumann: Natürlich ist vor Ort meistens alles vorhanden. Oft ist es auch vielfach vorhanden. Es ist schwierig, wenn Dinge Massenprodukte sind, dann kann und wird es vor Ort sicher nicht genutzt werden. 

Ein Rosenkranz / © Corinne Simon (KNA)
Ein Rosenkranz / © Corinne Simon ( KNA )

Wenn es einen ganz speziellen Wert hat, weil es wirklich aus der Region kommt, weil der Rosenkranz vor Ort gefertigt wurde, dann ist es vielleicht auch denkbar, dass das dann beim Gnadenbild abgelegt wird. 

DOMRADIO.DE: Wie sieht das denn mit Gemeinden in anderen Ländern aus, wo vielleicht noch eher etwas fehlt? 

Baumann: Wir haben eine Kooperation mit Kroatien, wo nach wie vor Kirchen nach dem Krieg wiederaufgebaut werden. Da haben wir sehr vertrauensvolle Partner, mit denen wir Dinge austauschen. Dort freuen sich die Menschen über die Dinge, die sie bekommen. 

Wir schicken aber natürlich auch nicht wahllos irgendwelche Objekte weg, sondern das, was vor Ort gebraucht wird. 

DOMRADIO.DE: Die Schwierigkeit für die Privatperson ist sicherlich, herauszufinden, ob etwas Wertvolles oder sogar vielleicht etwas Museumstaugliches dabei ist. Haben Sie in Ihrem Museum auch Ausstellungsstücke, die Sie von privater Hand bekommen haben? 

Baumann: Wir haben in unseren Sammlungen tatsächlich Stücke aus Privatbesitz. Das liegt auch daran, dass einer unserer Sammelschwerpunkte die religiöse Alltagskultur ist, weil diese Dinge oft die spannenderen Geschichten erzählen. Da geht es darum, wie Menschen glauben, welche Andachtsgegenstände sie verehren und was ihnen persönlich heilig ist. 

Wenn wir heute überlegen, dann hat jeder von uns irgendetwas zu Hause, was ihm heilig ist. Sei es die Locke der kleinen Tochter oder auch der Fußballpokal. Diese Brücke zu schlagen, dass jedes Ding und jeder Gegenstand, den ich habe, auch eine Geschichte erzählt, ist natürlich spannend. Deswegen nehmen wir auch Stücke aus Privatbesitz auf. Aber nicht in der Masse, sondern sie müssen eine besondere Geschichte erzählen. 

Maria Baumann

"Wir nehmen nur außergewöhnliche Darstellungen, die einen besonderen Bezug zur Region haben und die vor allem eine gute Geschichte erzählen."

DOMRADIO.DE: Was nehmen Sie auf keinen Fall?

Baumann: Wir nehmen natürlich nicht das, was wirklich Massenware ist, was es zu Tausenden gibt. Ein Beispiel ist diese Plastikmadonna mit Schraubverschluss, womit man das geweihte Wasser aus Lourdes mitgebracht hat oder Kruzifixe, die aus Kunststoff hergestellt worden sind, die tausendfach gefertigt wurden. 

Wir nehmen nur außergewöhnliche Darstellungen, die einen besonderen Bezug zur Region haben und die vor allem eine gute Geschichte erzählen. 

Maria Baumann

"Wir unterstützen als kirchliches Museum gerne, können allerdings keine verbindlichen Wert-Expertisen geben. Das kann nur ein staatlich geprüfter Kunst-Sachverständiger."

DOMRADIO.DE: Es gibt Menschen, die an Erinnerungen besonders hängen. Manche möchten einen religiösen Gegenstand nicht behalten, bringen es aber auch nicht übers Herz, ihn wegzuwerfen. Was können Sie den Menschen raten, damit es nicht doch im Hausmüll oder auf dem Wertstoffhof landet? 

Baumann: Zunächst einmal geht es um die Wert-Expertise. Man hat selbst zu Hause ein Gefühl dafür, ob das ein besonderes Stück ist oder ob es etwas ist, was es vielfach gibt. Wenn ich das Gefühl habe, das könnte wertvoll sein, dann ist jedes Auktionshaus ein guter Ansprechpartner. 

Wir unterstützen als kirchliches Museum gerne, können allerdings keine verbindlichen Wert-Expertisen geben. Das kann nur ein staatlich geprüfter Kunst-Sachverständiger. Die finden Sie in den Auktionshäusern. 

Ein goldenes Kreuz als Anhänger / © MorganStudio (shutterstock)
Ein goldenes Kreuz als Anhänger / © MorganStudio ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Da bekommt man also Unterstützung, den Wert eines Gegenstandes einzuschätzen?

Baumann: Ja. Natürlich gibt es die Onlineplattformen, wo Sammler sehr interessiert die Angebote verfolgen. Es gibt auch immer noch Menschen, die religiöse Alltagskunst sammeln. Auktionen sind völlig unberechenbar. Auch auf Onlineplattformen ist das für mich immer wieder faszinierend.

Bei Dingen, bei denen ich mir denke, dass das eigentlich keinen Wert hat, werden dann doch erstaunliche Preise erzielt, während manchmal die gotische Madonna übrig bleibt und keine Interessenten findet. 

DOMRADIO.DE: Es gibt auch noch den klassischen Trödelmarkt. Was ist da besonders begehrt? Was läuft immer? 

Baumann: Engel sind für Menschen leichter zugänglich als ein spezieller Heiliger. Dieses Beschütztsein durch Engel ist auch ohne kirchliche Bindungen bei vielen Menschen noch die Vorstellung. Also, Engel gehen immer. Aber es gibt auch Sammler, die ohne große Bindung immer noch Madonnen sammeln. Diese Objekte wecken oft Kindheitserinnerungen.

Das Interview führte Dagmar Peters.

Bistum Regensburg

Der Regensburger Dom / © Mikhail Markovskiy (shutterstock)
Der Regensburger Dom / © Mikhail Markovskiy ( shutterstock )

Das Bistum Regensburg gehört zu den ältesten Bistümern Deutschlands und ist flächenmäßig das größte in Bayern.

739 erhob der heilige Bonifatius Regensburg zum Bistum. Im Laufe der Geschichte des Bistums wirkten hier die Heiligen Wolfgang, Emmeram, Erhard und Albertus Magnus als Bischöfe. Weitere bedeutende Bischöfe waren Johann Michael Sailer, Georg Michael Wittmann, Michael Buchberger und der ehemalige Präfekt der Glaubenskongregation, Gerhard Kardinal Müller.

Seit dem 26. Januar 2013 ist Dr. Rudolf Voderholzer Bischof der Diözese.

Quelle:
DR