Wie katholische Wittelsbacher gezielt Protestantinnen heirateten

"... um in Bayern die Toleranz einzuführen"

Bayer sein und katholisch - das war jahrhundertelang selbstverständlich. Geändert hat sich dies erst mit Herzog Max, dem späteren König Maximilian I. Joseph.

Autor/in:
Barbara Just
 (DR)

Als der Katholik 1796 um Prinzessin Caroline, seine zweite Gattin, warb, schrieb er der künftigen Schwiegermutter, er wünsche sich eine protestantische Frau, "um in Bayern die Toleranz einzuführen". Und so hielt beim Amtsantritt des Regenten 1799 in München mit der neuen Kurfürstin die evangelische Konfession offiziell Einzug in München. Sieben Jahre später bekam Bayern mit ihr die erste evangelische Königin.

Mit seinem Minister Graf Montgelas wollte Max I. die Parität der Konfessionen fördern. Schließlich hatte Bayern durch die Auflösung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation mehrere protestantische Landesteile erhalten sowie die freien Reichsstädte Augsburg, Ulm und Nürnberg. Caroline durfte ihren eigenen Prediger Ludwig Schmidt an den Hof mitbringen. Bald gab es jeden Sonntag zuerst im Schloss Nymphenburg, dann im Ballhaus der Residenz einen Gottesdienst für den evangelischen Hofstaat, aber auch für die Bürger der Stadt.

Protestanten waren in München damals eine seltene Spezies und so notierte Schmidt: "Die meisten Einwohner hatten in ihrem Leben keine gesehen und glaubten, sie müssten ganz anders aussehen als andere Leute." Aus Furcht vor der Strafe Gottes weigerte sich ein Brauer sogar an den Hofprediger eine Wohnung zu vermieten. Aber er kam wie andere ebenso bald zur Erkenntnis, dass "Protestantismus doch auch Christentum" sei, wie die Historikerin Martha Schad in ihrem Buch "Bayerns Königinnen" ausführt. Das Bürgerrecht erhielten Protestanten in München jedoch erst 1801.

Keine echte Annäherung
Die "gute Protestantin" Caroline jammerte allerdings bisweilen über den evangelischen Gottesdienst, der dem Herzen und Gemüt weniger Nahrung gäbe als dem Verstand. Manches katholische Brauchtum nahm sie deshalb in ihr praktisches Christentum auf. Unter König Ludwig I. wurde 1833 in der Residenzstadt die erste protestantische Kirche Sankt Matthäus eingeweiht. Aus des Monarchen Schatulle gab es kein Geld. Große Summen stifteten dagegen die Königinwitwe Caroline und die ihr zur guten Freundin gewordene Frau Ludwigs: Therese, ebenfalls evangelisch.

Wer auf eine echte Annäherung der Konfessionen gehofft hatte, sah sich Mitte des 19. Jahrhunderts getäuscht. Die reaktionären Kräfte waren wieder erstarkt. Zum Eklat kam es 1841 bei der Beisetzung von Caroline in der katholischen Theatinerkirche. Die den Trauerzug anführenden 16 evangelischen Pfarrer durften das Gotteshaus nicht betreten. Zur Aussegnung stand der Sarg auf den Stufen des Portals, bis der in Straßenkleidung angetretene Klerus ihn zur Gruft trug. Brennende Kerzen waren auf Anordnung des Münchner Erzbischofs verboten, weil es sich bei der Toten um eine "Häretikerin" handelte.

"Wirklich, Liebe ist etwas anderes!"
Ludwig war über das ihm gebotene Trauerspiel erzürnt und schleuderte dem Kirchenmann entgegen: "Wirklich, Liebe ist etwas anderes!" Therese indes blieb zeitlebens ihrem Glauben treu und ließ sich auch durch ihren Mann nicht zu einem Konfessionswechsel bewegen. Als sie 1854 starb, wurde ihr Leichnam ebenfalls in der Theatinerkirche beigesetzt und drei Jahre später zu den Benediktinern nach Sankt Bonifaz überführt. Auch dabei ging es nicht ohne Demütigungen ab: Der Sarg musste Berichten zufolge durch eine Öffnung der Außenmauer in die Gruft geschoben werden.

Mit Marie von Preußen heiratete auch Bayerns dritter König Maximilian II. 1842 eine Protestantin, und das gleich zweimal: erst evangelisch in Berlin, dann katholisch in München. Marie war sozial engagiert, unterstützte den Bau einer Diakonissenanstalt und spendete für ihre Kirche. Als sich bei Sohn Otto eine Geisteskrankheit herausstellte, müssen der Frau katholische Geistliche so schwer zugesetzt haben, dass die Witwe 1874 konvertierte. Die Krankheit ihres Kindes sei "Strafe" für ihr Evangelischsein, wurde ihr bedeutet. Für ihren Übertritt war ihr später zumindest eine würdevolle Trauerfeier sicher.