Wie ist die Ernennung 21 neuer Kardinäle einzuordnen?

Ein sehr buntes Kardinalskollegium

Papst Franziskus hat für Ende August eine Kardinalsversammlung angekündigt, bei der er 21 neue Kardinäle ernennen will. Seit einem Jahr wurde diese Entscheidung erwartet. Was bedeutet sie - auch im Hinblick auf die nächste Papstwahl?

Konsistorium mit Papst Franziskus  / © Romano Siciliani (KNA)
Konsistorium mit Papst Franziskus / © Romano Siciliani ( KNA )

DOMRADIO.DE: Wie ist die Auswahl der 21 neuen Kardinäle kirchenpolitisch zu deuten? Sind es überwiegend liberale Bischöfe, die die Reformer unterstützen oder geht es eher in die konservative Richtung?

Mario Galgano (Radio Vatikan): Es ist relativ schwierig, die 21 neuen Kardinäle kirchenpolitisch einzuordnen. Man könnte sie als Reformer bezeichnen, aber sicherlich nicht als ultraliberale revolutionäre Kirchenmänner. 

Da geht es eher darum, dass Papst Franziskus Männer ausgewählt hat, die seiner Linie folgen und das Pontifikat so weiterführen wie bisher.

Kardinal mit Birett / © Cristian Gennari (KNA)
Kardinal mit Birett / © Cristian Gennari ( KNA )

DOMRADIO.DE: Aber es sind auch viele Kandidaten aus den armen Ländern der Welt dabei. Hat das eine Bedeutung?

Galgano: Ja, in der Tat ist es so, dass die meisten der neuen Kardinäle aus eher ärmeren Ländern stammen, "aus der Peripherie", wie Papst Franziskus das auch gerne bezeichnet. 

Das ist das große Anliegen im Pontifikat von Papst Franziskus. Die Kardinäle, das heißt diejenigen, die die katholische Kirche repräsentieren, die den Papst unterstützen, sollten aus Randgebieten stammen.

Das kann man geografisch verstehen, wenn man zum Beispiel nach Europa oder konkret Italien schaut, sind das Städte oder Ortschaften, die in der Kirchengeschichte keine zentrale Rolle gespielt haben. Ein Bischof aus Como ist kein Bischof aus Mailand, sondern aus einer kleinen Stadt in Norditalien. Das ist ein Sinnbild für die Randbereiche.

Kardinal

Ein Kardinal ist der höchste katholische Würdenträger nach dem Papst. Das Wort "Kardinal" leitet sich vom lateinischen Wort "cardo" (Türangel) ab. Das Kardinalskollegium ist das wichtigste Beratergremium des Papstes. Zudem hat es die Aufgabe, für die Papstwahl zu sorgen. Der Papst bestimmt die Kardinäle frei. 

Der rote Pileolus ist das Erkennungszeichen eines Kardinals / © Stefano Dal Pozzolo/Romano Siciliani (KNA)
Der rote Pileolus ist das Erkennungszeichen eines Kardinals / © Stefano Dal Pozzolo/Romano Siciliani ( KNA )

DOMRADIO.DE: Für die USA ist ein Bischof dabei, der auf der Seite der konservativen US-Bischöfe steht. Diese treten zum Beispiel dafür ein, dass Menschen, die sich für das Recht auf Abtreibung einsetzen wie zum Beispiel der Sprecherin des Repräsentantenhauses der Vereinigten Staaten, Nancy Pelosi, die Kommunion verweigert wird. Stärkt der Papst damit den konservativen Bischöfen in der gespaltenen US-Kirche den Rücken?

Galgano: Der Kandidat aus den USA sticht ein wenig hervor, das stimmt. Aber ich würde nicht unbedingt sagen, dass Papst Franziskus damit der konservative Seite in den USA den Rücken stärken will. Es geht vielmehr um die Person.

Papst Franziskus findet diesen Bischof als Kardinal geeignet und hat ihn fürs Konsistorium auserwählt. Ich würde das nicht unbedingt so interpretieren, dass er eine konservative oder eine progressive oder liberale kirchenpolitische Seite bevorzugen will .

DOMRADIO.DE: Jetzt sind die Auguren wieder auf den Plan gerufen. Was bedeutet diese Auswahl der Kandidaten für eine kommende Papstwahl?

Galgano: Was das kommende Konklave betrifft, kann man sagen, dass der Nachfolger von Papst Franziskus jemand sein wird, der aus diesem Pontifikat hervorgeht und es auch weiterführen wird. Reformer oder Nicht-Reformer - das ist eine andere Frage. 

Aber es wird einer sein wird, der diese weltkirchliche Ebene weiter verfolgen wird. Wir haben mit dem Pontifikat von Papst Franziskus eine Kirche, die nicht nur auf Italien oder Europa fixiert ist, sondern einen weiten Blick auf die Weltkirche hat. 

Selbst wenn es ein Italiener oder Europäer werden wird, wird es sicherlich ein Papst sein, der diese weltkirchliche Dimension vertreten und fördern wird.

DOMRADIO.DE: Das Feld ist also weit gefächert. Typisch Franziskus, der nicht in klaren Schemen denkt, sondern vieles offen läßt. Kann man das so sagen?

Galgano: In der Tat kann man sagen, dass das Kardinalskollegium nicht eintönig sein wird, sondern sehr bunt - nicht nur kirchenpolitisch, sondern auch geographisch und kulturell. Das wird also ein buntes Konklave ergeben und auch ein buntes Kardinalskollegium. 

Nichts ist selbstverständlich und nichts wird selbstverständlich sein, weder bei dem nächsten Konklave noch für die Zukunft der Kirche. Wie ein neuer Papst aussehen wird, welche Ideen er einbringen wird, was für Impulse - das kann man jetzt nicht sagen, weil Franziskus sehr vieles offen lässt. Das ist typisch. Er ist der Impulsgeber. 

Wie sich das Ganze entwickelt, ist dann etwas, was die Kirche als Gemeinschaft an sich dann bewegen wird und anstoßen wird. Aber auf jeden Fall ist dieses Kardinalskollegium, dass wir mit den 21 neuen Kardinälen haben werden, von Papst Franziskus geprägt.

Das Interview führte Hilde Regeniter.

Sieben deutsche Kardinäle - aber nur drei Papstwähler

Dem Kardinalskollegium gehören derzeit noch sieben Deutsche an: Walter Brandmüller (94), Paul Josef Cordes (89), Walter Kasper (90), Reinhard Marx (70), Gerhard Ludwig Müller (75), Friedrich Wetter (95) und Rainer Maria Woelki (67). Davon wären aber bei einer Papstwahl nur die drei unter 80-Jährigen stimmberechtigt: Marx, Müller und Woelki.

Blick von oben auf Kardinäle und Bischöfe, am 5. Januar 2023, während der Trauermesse für den emeritierten Papst Benedikt XVI. auf dem Petersplatz im Vatikan. / © Chris Warde-Jones/CNS photo (KNA)
Blick von oben auf Kardinäle und Bischöfe, am 5. Januar 2023, während der Trauermesse für den emeritierten Papst Benedikt XVI. auf dem Petersplatz im Vatikan. / © Chris Warde-Jones/CNS photo ( KNA )
Quelle:
DR