Wenn Mitbewohner auch im Kloster anstrengend sind

Auch hier kracht es mal

Das Klosterleben fasziniert viele Menschen, auch weil es sich so stark vom eigenen Alltag unterscheidet. Jeden Monat stellen wir Menschelndes hinter Klostermauern vor - im Januar: anstrengende Mitbewohner.

Autor/in:
Kerstin-Marie Berretz OP
Kreuzgang der Abtei Fontenay / © Richard Boutin (KNA)
Kreuzgang der Abtei Fontenay / © Richard Boutin ( KNA )

Der Jahreswechsel bietet die Gelegenheit, auf das vergangene Jahr zurückzuschauen und nach dem Ausschau zu halten, was kommen mag. Das tun auch viele Ordensleute: Sie halten ihren persönlichen Jahresrückblick und nehmen sich etwas für das neue Jahr vor. Nicht selten mag ihnen dabei auffallen, dass der Umgang mit den Mitbrüdern und Mitschwestern nicht immer ganz gelungen ist.

Katholische Orden in Deutschland

Zur Deutschen Ordensoberkonferenz (DOK) mit Sitz in Bonn gehören heute nach eigenen Angaben rund 400 Obere. Sie vertreten 17.000 Ordensleute. Darunter sind etwa 300 Frauengemeinschaften mit rund 13.500 Mitgliedern, die in 1.144 klösterlichen Niederlassungen leben.

 Ordensfrau im Weinberg
 / © Julia Steinbrecht (KNA)
Ordensfrau im Weinberg / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Das ist verständlich, wenn man bedenkt, dass man sich die Gemeinschaft im Kloster nicht ausgesucht hat. Dort leben Männer oder Frauen zusammen, die außerhalb des Klosters vielleicht nicht gemeinsam in eine WG gezogen wären. Nun aber leben sie Jahr für Jahr zusammen und sind darauf angewiesen, den Alltag gemeinsam zu gestalten.

Daher kann man wohl davon ausgehen, dass es viele Ordensleute gibt, die sich in der Silvesternacht vornehmen, im neuen Jahr gelassen zu bleiben, wenn die Mitschwester oder der Mitbruder wieder besonders anstrengend zu sein scheint. Geduldig zu sein mit denen, die immer wieder das gleiche fragen oder neue Wege zu finden, um Konflikte zu vermeiden.

Auch herausfordernde Menschen sind Schöpfung Gottes

Denn eines ist klar: Nur weil man im Kloster lebt, ist man nicht auf einmal die umgänglichste Person der Welt. Da man sich selber überall hin mitnimmt, treffen auch im Kloster die verschiedensten Persönlichkeiten aufeinander. Und deswegen kracht es da durchaus auch mal.

Trotzdem ist es gut und sinnvoll, sich immer wieder aufs Neue vorzunehmen, mit allen Brüdern oder Schwestern gut auszukommen. Denn Jesus selbst fordert seine Jüngerinnen und Jünger wiederholt dazu auf, einander zu vergeben und neu anzufangen. Und er selber ist es, der geduldig verrückte Fragen seiner Jünger beantwortet, immer wieder auf sie eingeht und erklärt, wenn sie nicht verstehen, was jetzt gemeint ist.

So kann der Herr Ratgeber sein, wenn es darum geht, mit schwierigen Mitschwestern und Mitbrüdern umzugehen. Zum einen liebt Gott und damit Jesus jeden Menschen. Sich das immer wieder vor Augen zu führen, ist bei besonders herausfordernden Mitgliedern der Gemeinschaft hilfreich: Sie sind genauso gute Schöpfung Gottes wie man selber. Und wenn ich sie nicht lieben kann, weil wir oft aneinander geraten, dann kann ich darauf vertrauen, dass Gott sie liebt. So kann man einen gesunden Abstand bekommen.

Symbolbild Benediktiner / © Bertram Bölkow (KNA)
Symbolbild Benediktiner / © Bertram Bölkow ( KNA )

Will die Mitschwester mich ärgern?

Wenn Petrus auf dem Berg der Verklärung sagt: "Lass uns drei Hütten bauen" und damit offensichtlich nicht verstanden hat, worum es geht, dann herrscht Jesus ihn nicht an. Stattdessen kann es auch heute hilfreich sein zu überlegen, warum jemand in einer Situation entsprechend reagiert. Will die Mitschwester mich ärgern? Hat sie etwas Unlauteres im Sinn? In der Regel lautet die Antwort auf beide Fragen: "nein".

Die wenigsten Ordensleute sind boshaft oder wollen anderen das Leben schwer machen. Sie haben nur vielleicht nicht gelernt, ihre Bedürfnisse entsprechend auszudrücken, sind vielleicht nicht gut in Kontakt mit sich selbst oder leiden schlicht und einfach. Das macht eine Begegnung nicht unbedingt einfacher, es kann jedoch dabei helfen, sich darauf einzustellen und der anstrengenden Person entsprechend zu begegnen. Denn am Ende soll gar nicht ich angegriffen werden. Die andere versteht vielleicht nur nicht, dass ihr Verhalten anstrengend, verletzend oder nervig ist.

Hinzu kommt, dass Jesus die Menschen am Ende auch gelassen hat. Er begegnet allen Menschen mit Freiheit und lässt ihnen die Freiheit. Der reiche Jüngling entscheidet sich dagegen, Jesus ganz und gar nachzufolgen. Und der Herr lässt ihn.

Jesus lässt den Menschen die Freiheit

Ähnlich kann es mit Schwestern und Brüdern gehen. Sie sind freie Menschen, und nur sie selbst können sich ändern. Manchmal muss man sie lassen, weil auch Gespräche und Angebote nicht helfen. Das ist schmerzlich, weil es für eine Gemeinschaft tragisch ist, wenn Einzelne nicht voll und ganz integriert sein können oder wollen.

Da Gott uns jedoch die Freiheit geschenkt hat, ist es auch die Aufgabe von uns Menschen, einander die Freiheit zu schenken. Immerhin bleibt der Bruder oder die Schwester ein Teil der Gemeinschaft. Und manchmal geschehen auch positive Verwandlungen - auf beiden Seiten.

Quelle:
KNA
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