DOMRADIO.DE: Sie haben ein ganz besonderes Konklave erlebt. Sie haben natürlich schon mehrere beobachtet und neue Päpste gesehen, aber diesmal waren Sie in einer besonderen Situation, oder?

Dr. Dominikus Schwaderlapp (Weihbischof des Erzbistums Köln): Das liegt daran, dass ich in diesen Tagen meine Exerzitien gemacht habe. Wir konnten das Konklave durch das Gebet begleiten. Als die Kardinäle unter dem Beten der Allerheiligen-Litanei und unter der Anrufe des Heiligen Geistes in die Sixtinische Kapelle eingezogen sind, haben wir uns sozusagen mit reingehangen. Eigentlich ist die ganze Kirche betenderweise ins Konklave gezogen. Die Früchte lassen sich sehen.
DOMRADIO.DE: Die Vorstellung des neuen Papstes war, als Ihre Exerzitien zu Ende gingen. Mit welchen Gefühlen haben Sie und die anderen, die an den Exerzitien teilgenommen haben, nach Rom geschaut?
Schwaderlapp: Die Exerzitien waren noch nicht zu Ende, wir wollten gerade die Vesper beten, als jemand die Nachricht von dem weißen Rauch auf dem Handy gesehen hat. Wir haben in der Vesper dann für den neuen Papst gebetet, ohne den Namen zu wissen. Und dann haben wir mit Spannung im Fernsehen das "Habemus Papam" und die Vorstellung von Leo XIV. verfolgt.
DOMRADIO.DE: Hatten Sie ihn als möglichen Papst im Kopf?
Schwaderlapp: Nein. Ehrlich gesagt habe ich mich gar nicht bemüht, die Kandidaten vorher genauer anzuschauen - ich habe nur spaßeshalber den Kardinal-O-Mat gemacht. Beim Papst ist es nicht wie bei einer Bundestagswahl, bei der der eigene Kandidat oder die eigene Kandidatin die Wahl gewinnt. Es geht darum, wen Gott will. Bei dem ganzen Prozedere geht es nur darum, herauszufinden, was der Wille Gottes ist und wer dem Herzen Jesu am meisten entspricht. Deshalb wollte ich mir diese innere Offenheit bewahren.
Aber seine ersten Worte und Gesten haben mich schon sehr berührt. Als er kam, war er sichtlich gerührt; er hatte Tränen in den Augen, so sah es jedenfalls aus. Seine ersten Worte waren dann: "Der Friede sei mit euch allen". Das ist der Gruß des Auferstandenen. Wir leben von der Freude an Jesus, der von den Toten auferstanden ist. Und er ist die Wurzel für einen Frieden, den die Welt nicht geben kann. In diesen ersten Worten schwang so viel mit, das hat mich innerlich sehr bewegt. Mir kamen die Tränen.
DOMRADIO.DE: Erst vor zwei Jahren ist er von Papst Franziskus zum Kardinal ernannt worden. Er ist 69 Jahre jung, so kann man das bei einem Kardinal, oder jetzt Papst, sagen. Welche Hoffnung sehen Sie in ihm?
Schwaderlapp: Er macht einen dynamischen und menschlich warmherzigen Eindruck. Die Worte seiner Ansprache - die, verglichen mit den anderen Pontifikaten, fast schon eine programmatische Begrüßungsansprache war - haben Akzente gesetzt. Das Thema Frieden, der aus der Gerechtigkeit kommt, ist natürlich ein globales Thema in dieser friedlosen Welt mit immer mehr Kriegen. Aber es geht nicht nur um die Bedeutung des Papstturms nach außen hin, den Frieden Christi in dieser Weise zu verkünden, sondern auch nach innen hin.
Er hat mehrfach betont, dass wir Gottes geliebte Kinder sind und er uns bedingungslos liebt. "Ja" zu Jesus Christus zu sagen, zu der Freundschaft mit ihm, das ist der Kern und sind die Basics, von denen aus sich alles andere entwickelt wird. Ich bin gespannt und offen. Ich möchte durch meine Sympathie, mein Gebet, auch durch meine Treue, die ich bei meiner Bischofsweihe versprochen habe, an seiner Seite stehen und ihn in seinem schweren Dienst unterstützen.
DOMRADIO.DE: In seiner ersten Ansprache hat Papst Leo bereits die Synodalität angesprochen. Ist das ein Zeichen für Offenheit?
Schwaderlapp: Ja, es ist ein Zeichen von Kontinuität. Er hat sich auf Papst Franziskus bezogen und ist keiner, der einen Kontrapunkt setzt, sondern das aufgreift, was Papst Franziskus schon in die Wege geleitet hat. Vor circa einem Jahr hat er in einem Interview gesagt, dass es wichtig sei, die unterschiedlichen Charismen und Ämter in der Kirche zum Tragen kommen zu lassen, damit sie zusammenwirken.
Das ist der Weg, der in die Zukunft führt, da bin ich fest von überzeugt. Er wird seine eigenen Akzente setzen. Er ist nicht einfach ein anderer Franziskus. Aber natürlich auf dem aufbauend, was Franziskus und auch vorher Benedikt und Johannes Paul grundgelegt haben.
DOMRADIO.DE: Was könnte es bedeuten, dass nach Papst Franziskus ein weiterer Ordensmann Papst ist?
Schwaderlapp: Tja, das weiß ich nicht. Die Auswahlkriterien sind die des lieben Gottes. Aber er hat selbst betont, dass er ein Kind des Heiligen Augustinus ist. Wenn ich das richtig sehe, findet sich in seinem Wappen auch das berühmte Wort des Heiligen Augustinus: "Unruhig ist unser Herz, bis es ruht in dir". Das ist auch ein Leitspruch von ihm. Seinen Wahlspruch kann ich nicht genau zitieren, sinngemäß sagt er aber, dass wir alle eins sind in Jesus Christus.
Er ist sehr christologisch geprägt, sicherlich auch von seiner Ordensherkunft her. Und er ist Missionar. Als Ordensmann war er vor allen Dingen Missionar. Er betonte das auch, als er nach Rom zurückgekommen ist und ein Dikasterium übernommen hat, dass er Missionar ist und bleibt. Jeder Christ sei ein Missionar, eine Missionarin. Das heißt gesandt, Zeuge des Evangeliums zu sein, wo und wie auch immer man lebt und welche Aufgaben man hat.
Das Interview führte Dagmar Peters.