800 Jahre Dominikaner in Köln

"Was man hier erlebt, geht tief ins Herz"

Armut und Verkündigung, Studium und Weltoffenheit, Glaubensunterweisung und Seelsorge – und das alles mitten in der Stadt. So verstehen die Dominikaner seit jeher ihren Auftrag und knüpfen an eine jahrhundertealte Tradition an.

Autor/in:
Beatrice Tomasetti
800 Jahre Dominkaner in Köln - für Kardinal Woelki und die Patres Grund zum Feiern / © Beatrice Tomasetti (DR)
800 Jahre Dominkaner in Köln - für Kardinal Woelki und die Patres Grund zum Feiern / © Beatrice Tomasetti ( DR )

"Hier ist die Messe einfach jedes Mal etwas Besonderes", schwärmt Thomas Voss. Sonntag für Sonntag würden sich die Patres etwas einfallen lassen, um die Gemeinde in außergewöhnlicher Weise anzusprechen. "Manchmal tun sie das mit tollen Künstlern oder Musikern. Und sowieso immer mit ihren Predigten. Man merkt den Dominikanern förmlich ihre Begeisterung für den Glauben an." Das sei immer authentisch, fügt der 43-Jährige noch hinzu, der St. Andreas, eine der zwölf romanischen Innenstadtkirchen unweit des Domes, seit einigen Jahren als seine Wahlgemeinde betrachtet, zumal er sonst nach St. Gereon gehört. "Aber eigentlich bin ich fast jeden Sonntag hier. Diese sehr berührende Kombination aus Predigt, Eucharistiefeier und Musik spricht Körper, Geist und Seele an. Was man hier erlebt, geht einfach tief ins Herz. Aus einem solchen Gottesdienst komme ich immer gestärkt, aber auch irgendwie erleichtert."

Für Elisabeth Göbeler aus Erkelenz sind es die "Philosophischen Erkundungen" des hier beheimateten Thomas von Aquin-Kreises, der die Dominikaner so attraktiv für sie macht. Seit sechs Jahren nimmt die 64-Jährige regelmäßig an den monatlichen Einführungen in die Theologie des großen mittelalterlichen Heiligen teil und findet: "Die Dominikaner in Köln sind ‚ne Nummer’: mit dem Grab von Albertus Magnus, den berühmten Fenstern von Markus Lüpertz oder der originellen Brauer-Krippe in der Weihnachtszeit. Hier bekommt man immer wieder intellektuelle und spirituelle Anregungen, wie es sie woanders nicht gibt."

Niedrigschwellige Angebote als Teil der City-Seelsorge

Feierlich gestaltete Liturgien, ein umfassendes Beicht- und Gesprächsangebot, das vielfältige kulturelle Programm mit einer profilierten Kirchenmusik oder ein reges Gemeindeleben – wenn es nicht gerade von Corona ausgehebelt wird – führen in der Tat seit Jahrzehnten viele Menschen aus einem großen Einzugsgebiet in der Dominikanerkirche St. Andreas zusammen. Hier gibt es so etwas wie ein Stammpublikum, das auch eine weite Anreise nicht scheut; die wenigsten Gottesdienst- oder Konzertbesucher jedenfalls sind Ortsansässige. "Das war immer schon so", erklärt Pater Sebastian Annas, einer der beiden Patres, die dem Standort im Herzen Kölns ein konkretes Gesicht geben und damit ihren ganz eigenen Beitrag zu einer sonst breit aufgestellten City-Seelsorge leisten. "Wir wollen den Menschen ein niedrigschwelliges Angebot machen", sagt er. So hat er zum Beispiel als Mitarbeiter der Glaubensinformation FIDES im nahe gelegenen Domforum ein offenes Ohr für alle Fragen zum christlichen Glauben und begleitet Menschen auf der Suche nach tragfähigen Antworten, wenn sie sich auf die Taufe, Firmung oder Wiederaufnahme in die katholische Kirche vorbereiten.

Orientierung in unruhigen Zeiten geben will auch sein Mitbruder Pater Christoph Wekenborg, Rektor der Dominikanerkirche und Pfarrvikar der Pfarrei St. Aposteln, zu der die Andreaskirche gehört, sowie Oberer der Dominikaner an St. Andreas. Er ist der Ansprechpartner für alle seelsorglichen und organisatorischen Belange an der Klosterkirche und in der Gemeinde. Sein Anliegen: "Als Seelsorger müssen wir schauen, was sind die Fragen der Menschen heute, also Antworten aus dem Hier und Jetzt finden. Wir können aus der Geschichte heraus verkünden, trotzdem darf man sich nicht auf 800 Jahren ausruhen."

Die Dominikaner – ein Segen für die ganze Kirche

An diesem Montag feierte Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki mit den beiden Ordensbrüdern, aber auch mit Vertretern aus dem Provinzialat und dem Düsseldorfer Konvent sowie aus den Dominikanischen Laiengemeinschaften anlässlich der 800-jährigen Konventsgründung in Köln ein feierliches Pontifikalamt. Er erinnerte an eine "lange und große Tradition", die um Pfingsten im Jahr 1221 begonnen hatte, und daran, dass die "dominikanische Familie" durch ihr jahrhundertelanges Wirken auch dem Erzbistum Köln eine große Strahlkraft verliehen habe. Darüber hinaus hätten das Charisma des Heiligen Dominikus und die von ihm gegründete Gemeinschaft eines Predigerordens – lateinisch: Ordo fratrum praedicatorum – Segen für die ganze Kirche gebracht. Woelki dankte allen anwesenden Ordensleuten, darunter Provinzial Peter Kreutzwald vom Dominikanerkloster Heilig Kreuz, für ihren Dienst und überbrachte zu diesem Jubiläum Glückwünsche aus der gesamten Erzdiözese.

In seiner Predigt schlug er dann eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Er sprach davon, dass damals schon die Jünger Jesu begonnen hätten, trotz ihrer Angst umherzuziehen, um das Wort Gottes zu verkünden. "Wir dürfen darin das Wirken des Heiligen Geistes entdecken, der ihnen Mut, Trost und Kraft gab, auch unter Todesnot das Evangelium zu verkünden." Tatsächlich sei es die Gabe des Heiligen Geistes, zur Verkündigung des Wortes Gottes zu befähigen. "Es ist der Geist der Wahrheit, der dazu befähigt, Gott und seine Liebe zu uns zu erkennen."

Im Zentrum der Studien stand die Heilige Schrift

Und diese geistliche Kraft wachse immer, wenn sie in Bedrängnis gerate, bedroht werde – wie auch damals zu Beginn des 13. Jahrhunderts, als sich die Kirche in einer großen Krise befunden und sich der Heilige Dominikus gefragt habe, wie man als Christ angemessen leben und Gott verehren könne, um dann mit der Gründung seines Bettelordens wichtige Weichen zu stellen. Wie muss heute eine arme Kirche für die Armen aussehen? Wie gelingt Verkündigung, damit sie Menschen berührt? Wie muss die Kirche sich äußern und leben, dass sie glaubwürdig und überzeugend ist? Die Fragestellungen von damals seien heute noch genauso aktuell, betonte der Kardinal.

Eine Antwort darauf habe Dominikus mit einem Leben aus der Armut heraus, dem Dienst am Wort und der Verkündigung gegeben, so Woelki. Sein Armutsideal lasse sich als Teil einer neuen Spiritualität lesen. Doch wichtiger noch sei für den damaligen Ordensgründer eine individuelle persönliche Seelsorge gewesen und die hervorragende Ausbildung seiner Mitbrüder durch systematisches Studium, in dessen Zentrum immer die Heilige Schrift und deren Botschaft gestanden habe. Nur dadurch, so habe Dominikus geglaubt, ließe sich auf die aktuellen Herausforderungen reagieren und die bestehende Krise bewältigen, nachdem die Kreuzzüge und Gewalt keine Erneuerung der Kirche gebracht hätten, stellte der Kardinal fest. Der Erfolg habe ihm schließlich recht gegeben. Die Auseinandersetzung mit dem Wort Gottes und der Suche nach dem richtigen Glaubensweg habe nicht nur zu vielen Ordensniederlassungen geführt, sondern auch große Gelehrte wie Albertus Magnus, Thomas von Aquin oder Meister Eckart hervorgebracht, die durch ihr Wirken in Köln maßgeblich zu einer Entwicklung von Universalität beigetragen hätten. "Und das geht nur, wenn man sich der Führung des Heiligen Geistes öffnet und Gott aufrichtig verkündet", so Woelki.

St. Andreas als Ort des geistlichen Auftankens

Das aber hätten die Dominikaner über Jahrhunderte getan, würdigte er das Wirken des Ordens. Wie sie sich damals nicht hätten entmutigen lassen, so dürfe auch die heutige große Krisensituation der Kirche in Deutschland niemanden entmutigen, mahnte Woelki. "Mit Hilfe des Heiligen Geistes gilt es auch in unserer Zeit, das Evangelium unter den gegebenen Umständen zu verkünden, damit Augen und Herz erleuchtet werden und die Menschen verstehen, zu welcher Hoffnung sie durch Gott berufen sind." Dann aber könne etwas Neues und Besseres wachsen.

Abschließend formulierte der Kölner Erzbischof den Wunsch, den 800 Jahren dominikanischen Lebens in Köln auch in Zukunft noch möglichst viele weitere hinzuzufügen, und zeigte sich dankbar, dass der Kölner Konvent in der jüngeren Vergangenheit nicht wie manch anderes Kloster aufgeben worden war. Darüber hinaus dankte er allen Mitfeiernden für ihr Glaubens- und Lebenszeugnis, für ihre treue Verbundenheit mit den Dominikanern und dafür, St. Andreas als "einen Ort des geistlichen Auftankens" für sich entdeckt zu haben.


Dominikaner im Chorgestühl von St. Andreas. / © Beatrice Tomasetti (DR)
Dominikaner im Chorgestühl von St. Andreas. / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Kardinal Woelki hofft für die Zukunft auf viele weitere Jahre dominikanischen Lebens in Köln. / © Beatrice Tomasetti (DR)
Kardinal Woelki hofft für die Zukunft auf viele weitere Jahre dominikanischen Lebens in Köln. / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Besonders festlich: Der Rektor von St. Andreas, Pater Christoph, trägt das Evangelium singend vor. / © Beatrice Tomasetti (DR)
Besonders festlich: Der Rektor von St. Andreas, Pater Christoph, trägt das Evangelium singend vor. / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Kardinal Woelki beim Hochgebet. / © Beatrice Tomasetti (DR)
Kardinal Woelki beim Hochgebet. / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Einzug zum feierlichen Pontifikalamt. / © Beatrice Tomasetti (DR)
Einzug zum feierlichen Pontifikalamt. / © Beatrice Tomasetti ( DR )
Quelle:
DR
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