Warum ernennt der Papst keine deutschen Kardinäle?

"Der Papst ist völlig frei"

Nach dem Tod von Karl-Josef Rauber gibt es noch sieben deutsche Kardinäle. Eine Ernennung neuer Kardinäle aus Deutschland ist nicht in Sicht. Hat der Papst ein Problem mit deutschen Kardinälen? Hat das was mit dem Synodalen Weg zu tun?

Kardinal mit Birett / © Romano Siciliani (KNA)
Kardinal mit Birett / © Romano Siciliani ( KNA )

DOMRADIO.DE: In Deutschland gibt es noch sieben Kardinäle: Marx, Woelki, Kasper, Müller, Wetter, Cordes und Brandmüller. Nur drei davon sind unter 80 und damit zur Papstwahl berechtigt: Marx, Woelki und Müller. Ist das ungewöhnlich, dass wir so wenige deutsche Kardinäle haben? 

Vatikanexperte Ulrich Nersinger (EWTN)
Vatikanexperte Ulrich Nersinger / ( EWTN )

Ulrich Nersinger (Vatikanexperte): Ich halte das gar nicht für so wenig. Meiner Meinung nach sind wir gar nicht so schlecht aufgestellt.

DOMRADIO.DE: Das heißt, es gab schon mal weniger.

Nersinger: Es gab schon Zeiten mit mehr oder auch weniger deutschen Kardinälen. Das hängt auch immer vom Papst und natürlich von der Zeit.

DOMRADIO.DE: Das Verhältnis zwischen dem Vatikan und Deutschland ist ziemlich angespannt, Stichwort Synodaler Weg. Könnte man das auch als politisches Zeichen verstehen, dass Franziskus keine Deutschen ernennt?

Nersinger: Jetzt zur Hochphase des Synodalen Weges haben wir noch kein Konsistorium gehabt, darum kann man die Frage so noch gar nicht stellen. Ob der Papst jetzt bei künftigen Kardinälen auf die deutsche Situation schaut, das ist noch etwas, worauf wir alle warten müssen. Das können wir heute noch nicht beantworten.

Ulrich Nersinger (Vatikanexperte)

"Der Papst kann frei entscheiden, wen er zum Kardinal erhebt."

DOMRADIO.DE: Dabei gibt es klassische Kardinalssitze, wie zum Beispiel das Hauptstadtbistum Berlin. Heiner Koch ist seit zehn Jahren dort Erzbischof und wartet immer noch vergeblich auf den roten Hut. Denken Sie der könnte für ihn noch kommen?

Nersinger: Das weiß man nicht. Dabei müssen wir uns immer vor Augen halten, dass Kardinäle Kreaturen des Papstes sind. Alles ist dem Papst überlassen und der kann frei entscheiden, wen er zum Kardinal erhebt. In der Vergangenheit war der Papst natürlich auch an politische Situationen gebunden. Es gab Länder wie Frankreich und Spanien, die eigentlich immer auf einen Kardinal bestanden, die manchmal auch den jeweiligen Ländern mehr verpflichtet waren als dem Papst.

Aber der Papst an sich ist nicht an eine Vorgabe gebunden, er kann völlig frei entscheiden und hat sich früher schon an gewichtige Erzbistümer und bestimmte Posten der römischen Kurie orientiert.

DOMRADIO.DE: Franziskus geht auch mit seinen Kardinalsernennungen "an die Ränder", das müssen also nicht immer wichtige Bischöfe oder Kurienbeamte sein. Kardinal Czerny im Vatikan war zu seiner Ernennung Untersekretär, in Lateinamerika gibt es sogar seit kurzem einen Weihbischof als Kardinal, also beide haben noch "Chefs" über sich. Ist das eine neue Linie von Franziskus?

Nersinger: Ja, er möchte Leute an seiner Seite und im Kardinalskollegium haben, denen er vertraut und die er für wichtig hält. Diese Persönlichkeiten müssen aus Sicht von Franziskus eine bedeutende Rolle hinsichtlich des Lebens und der Fortentwicklung der Kirche spielen.

Ulrich Nersinger (Vatikanexperte)

"Wir müssen uns von der Spontanität des Papstes überraschen lassen."

DOMRADIO.DE: Wann ist denn das nächste Konsistorium?

Nersinger: Das ist eine gute Frage. Da müssen wir abwarten, auch da ist der Papst ja immer für Überraschungen gut. Das kann in den nächsten Monaten passieren, das kann auch erst im nächsten Jahr sein.

Der Papst ist völlig frei in seiner Entscheidung, ein Konsistorium einzuberufen. Da müssen wir uns von der Spontanität des Papstes überraschen lassen.

DOMRADIO.DE: Wen denn aus den deutschen Reihen sehen Sie da möglicherweise für eine Kardinalsernennung?

Nersinger: Ich glaube, es ist einfacher im Lotto zu gewinnen, als eine solche Frage zu beantworten. Das hängt wirklich vom Papst ab und bei Franziskus auch von der Tagesform. Da müssen wir uns einfach überraschen lassen.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.

Quelle:
DR