Warum das Jahr 2023 für Notre-Dame ein gutes Jahr war

Gute Nachrichten, sechs Fenster und ein Todesfall

Im August kam der "Notre-Dame-General" Georgelin bei einem Wanderunfall ums Leben. Das war die schlechte, die traurige Nachricht. Doch es gab auch eine Menge guter Nachrichten. Etwa: Es ist ein neuer Reiter über dem Pariser Himmel.

Autor/in:
Alexander Brüggemann
Bauarbeiten zum Wiederaufbau der durch einen Großbrand beschädigten Kathedrale Notre-Dame. Ein Jahr vor der am 8. Dezember 2024 geplanten Wiedereröffnung der durch einen Großbrand im April 2019 beschädigten Kirche. / © Sabine Glaubitz (dpa)
Bauarbeiten zum Wiederaufbau der durch einen Großbrand beschädigten Kathedrale Notre-Dame. Ein Jahr vor der am 8. Dezember 2024 geplanten Wiedereröffnung der durch einen Großbrand im April 2019 beschädigten Kirche. / © Sabine Glaubitz ( dpa )

Kann eine Kathedrale ein aufregendes Jahr erleben? Wenn ja, dann war 2023 ein aufregendes Jahr für Notre-Dame in Paris. "Wir erleben derzeit die dichteste Phase unserer Baufortschritte", sagte Chefingenieur Philippe Jost im Interview der Zeitung "La Croix", das in der Ausgabe vom Freitag erschien. Die Baustelle, so erläutert er, sind derzeit eigentlich 250 Baustellen: 250 Gewerke, an die höchste handwerkliche und terminliche Ansprüche gestellt werden.

In genau einem Jahr, am 8. Dezember 2024, soll die Pariser Kathedrale Notre-Dame wiedereröffnet werden; am katholischen Festtag Mariä Empfängnis und gut fünf Jahre nach dem verheerenden Brand vom April 2019. Dabei wurde unter anderem der 1859 unter der Leitung des Architekten Eugene Viollet-le-Duc errichtete Dachreiter ein Opfer der Flammen.

Staatspräsident Macron besucht Baustelle

 Er ist in den vergangenen Monaten, hinter 600 Tonnen schweren Gerüsten vor den neugierigen Blicken geschützt, originalgetreu neu entstanden. Am Mittwoch hievte einer der größten Baukräne Europas das Metallkreuz auf den hölzernen Dachreiter in 96 Metern Höhe.

Am Freitag besuchte Staatspräsident Emmanuel Macron die Baustelle der Kathedrale, vorschriftsmäßig mit Bauarbeiterhelm. Macron hatte schon sehr bald nach dem Brand einen Wiederaufbau in fünf Jahren versprochen. Mit seiner Verve, ja durchaus nationalem Pathos trug er dazu bei, binnen kurzer Zeit Milliarden an Spendengeldern einzuwerben. Und er kündigte am Freitag eine Ausschreibung für sechs neue, zeitgenössische Kirchenfenster an, die "die Hinterlassenschaft des 21. Jahrhunderts" sein sollen.

Nüchterne Strenge eines Denkmalschützers

Wenn der straffe, ja von Experten zunächst für unmöglich gehaltene Zeitplan tatsächlich eingehalten wird, dann ist das sicher nicht zuletzt ein Verdienst des sittenstrengen und stets Disziplin einfordernden Ex-Generals Jean-Louis Georgelin, den Macron sozusagen als seinen weltlichen Arm auf die Baustelle schickte.

Georgelin schnarrte gleich zu seinem Amtsantritt, er wolle die fünf Jahre nicht "mit kunsthistorischen Symposien vergeuden". Und wagemutige Architektenträume mit Glas, Stahl und Laserprojektionen prallten an der nüchternen Strenge der Denkmalschützer ab. So wurde - recht rasch - eine originalgetreue Rekonstruktion beschlossen.


Längst läuft der Innenausbau

Macrons Ex-General starb im August beim Bergsteigen in seiner südfranzösischen Heimat, unmittelbar vor seinem 75. Geburtstag. Doch wenn er am Freitag auf sein Paris und seine Kathedrale heruntergeschaut hat, wird er zufrieden gewesen sein.

Längst laufen die Arbeiten am Innenausbau, etwa für das liturgische Mobiliar wie Altar, Ambo (Lesepult), Kathedra (Bischofsstuhl), Tabernakel (Hostienschrein) und Taufbecken. Die Designerin Ionna Vautrin fertigt 1.500 Stühle für das Kirchenschiff der Kathedrale; zeitlose Möbel aus massiver Eiche, deren Gestänge an die Bögen und Säulen der Kathedrale erinnern sollen.

Großes Fest in einem Jahr

Und noch müssen am Südturm 4 der 52 riesigen steinernen Chimären von Notre-Dame ersetzt werden, die 2019 den Flammen am stärksten ausgesetzt waren. Andere fantastische Kreaturen für den Außenbau liegen bereits fertig zum Einsetzen in der Dombauhütte.

Die Uhr zur Wiedereinweihung von Notre-Dame läuft rückwärts. Sie steht auf 366 Tage - bis zum 8. Dezember 2024, jenem großen Fest für die Nation wie für die katholische Kirche.

Hintergrund

Die frühgotische Pariser Bischofskirche Notre-Dame ist ein Wahrzeichen von Paris. Vielen gilt sie als Inbegriff von Frankreichs Kathedralen. Die der Gottesmutter Maria geweihte Kirche liegt exponiert auf der Seine-Insel Ile de la Cite im historischen Zentrum und wurde vor dem Großbrand von 2019 jährlich von rund 12 bis 14 Millionen Menschen besucht.

Ansicht der Südseite der Kathedrale Notre-Dame de Paris - Unsere liebe Frau von Paris aus dem Jahr 2009.  / © Harald Oppitz (KNA)
Ansicht der Südseite der Kathedrale Notre-Dame de Paris - Unsere liebe Frau von Paris aus dem Jahr 2009. / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA