Vor 100 Jahren wurde der Glaskünstler Georg Meistermann geboren

"Absolute Ehrlichkeit"

Was Kunst und Kirche zusammenbringen sollte, war für den Glasmaler Georg Meistermann eindeutig: "Die absolute Ehrlichkeit ihrer Werke." Der Maler, Zeichner und Grafiker gilt als einer der wichtigsten deutschen Künstler der Nachkriegszeit und schuf an 250 Orten in Europa mehr als 1.000 Glasfenster, viele von ihnen in katholischen und evangelischen Kirchen.

Autor/in:
Andreas Rehnolt
 (DR)

Vor 100 Jahren, am 16. Juni 1911, wurde er in Solingen geboren, er starb 1990 in Köln. Meistermann musste schon 1933 auf Anweisung der Nationalsozialisten die Kunstakademie in Düsseldorf verlassen. Noch im selben Jahr hatten die Nazis seine Ausstellung geschlossen und die Arbeitsmöglichkeiten des Künstlers erheblich behindert. Er wurde zum Autodidakten und entwickelte zunehmend einen abstrakten Stil. Das Frühwerk wurde allerdings im Zweiten Weltkrieg zerstört.



Seit dem 10. April erinnert das Museum Baden in Solingen mit der Ausstellung "Das Leben des Menschen ist in Farbe eingehüllt" an das Werk Meistermanns. Das Haus verfügt über Gemälde, Zeichnungen und Druckgrafiken des Künstlers sowie über weitere Exponate wie Druckstöcke und Fotografien. Die Schau läuft bis zum 16. Juni.



Zivilcourage

Georg Meistermann zähle zu den bedeutendsten Vertretern der "Inneren Emigration" und der "Verfemten Kunst", urteilt der Solinger Kurator Justinus Maria Calleen. Wegen seines furchtlosen und kritischen Widerstandsgeistes gelte Meistermann als "herausragendes Beispiel von künstlerischer, persönlicher und gesellschaftlicher Zivilcourage". Die rheinland-pfälzische Stadt Wittlich vergibt seit 2006 im zweijährigen Turnus den Georg-Meistermann-Preis für Demokratie und Meinungsfreiheit, er ging unter anderem an Charlotte Knobloch, die ehemalige Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland.



Nach 1945 gehörte er zu den Künstlern, die den Wiederanschluss Deutschlands an die internationale Kunstszene vorangetrieben haben. 1953 entstand für die Kirche St. Kilian in Schweinfurt eine 240 Quadratmeter große Glaswand. Nur ein Jahr später schuf Meistermann das Fresko-Altarwandbild für St. Alfons in Würzburg und vier Treppenhausfenster für das Alte Rathaus in Wittlich mit dem Motiv "Die Apokalyptischen Reiter".



Er lehrte an der Frankfurter Städelschule, den Kunstakademien in Düsseldorf und Karlsruhe und schließlich an der Akademie der Bildenden Künste in München. Von 1967 bis 1972 war Georg Meistermann Präsident des Deutschen Künstlerbundes.



Die erste abstrakte Gestaltung im sakralen Raum in Deutschland entstand 1957 mit der fast 300 Quadratmeter großen Meistermann-Glaswand in der Bottroper Heilig-Kreuz-Kirche. Hier ist eine Sonnenspirale dargestellt, die sich vom Mittelpunkt des Fensters aus nach allen Seiten öffnet und auf die Aussendung des göttlichen Lichts hinweisen soll.



Neugestaltung von St. Gereon in Köln

Der Katholik wirkte zudem maßgeblich beim künstlerischen Wiederaufbau der romanischen Kirchen in Köln mit. Als sein religiöses Testament und als Krönung seiner Lebensarbeit bezeichnete Meistermann die Neugestaltung von St. Gereon in Köln in den Jahren 1979 bis 1986. Als weiteres Hauptwerk gilt der von 1985 bis 1990 entstandene Fensterzyklus im Dom zu Münster. Das Grundmotiv dieser Fenster in den vier Chorkapellen ist die Lobpreisung Gottes aus dem Buch Daniel.



Aufsehen ganz anderer Art erregte Meistermann in den 70er Jahren mit einem Porträt Willy Brandts für die Galerie der Bundeskanzler im Kanzleramt: Nach viel Kritik unter anderem an den unscharfen Konturen wurde es schließlich unter Brandts Nachfolger Helmut Kohl abgehängt.



Bis zum 7. Juli veranstaltet die Universität des Saarlandes im Museum in der Schlosskirche von Saarbrücken eine Vortragsreihe zum 100. Geburtstag Meistermanns. Die Solinger Ausstellung "Das Leben des Menschen ist in Farbe eingehüllt" wird vom 26. Juni bis 15. Oktober im Kunstmuseum Bayreuth und vom 22. Oktober bis zum 29. Januar 2012 im Deutschen Glasmalerei-Museum Linnich gezeigt.