Ein Blick auf Afrika zum Jahreswechsel

Viel Schatten und wenig Licht

"Damit sie das Leben haben", lautet das Motto des diesjährigen Afrikatages der Hilfswerke missio Aachen und missio München. Ein frommer Wunsch? In manchen Ländern des Kontinents fährt der Tod reiche Ernte ein.

Autor/in:
Katrin Gänsler und Joachim Heinz
Kinder in Burkina Faso / © Katrin Gänsler (KNA)
Kinder in Burkina Faso / © Katrin Gänsler ( KNA )

Kurz vor dem Jahreswechsel schlug das Welternährungsprogramm WFP Alarm. Dem Südsudan drohe eine Hungerkatastrophe. Schwere Überschwemmungen hätten das ohnehin politisch instabile Land an den Rand des Abgrunds geführt, hieß es.

Lebensmittelknappheit, Misswirtschaft und Kämpfe - damit ist der Südsudan, 2011 als "jüngster Staat der Welt" mit großen Hoffnungen gestartet, nicht allein. Nachrichten aus Afrika sind oft keine guten - das war 2019 so und wird sich aller Voraussicht nach 2020 fortsetzen.

Beispiel Simbabwe: Dramatische Preissteigerungen machen Lebensmittel und Benzin für viele Einwohner inzwischen unbezahlbar. Es gärt in dem Land, das vor zwei Jahren Dauerherrscher Robert Mugabe loswurde.

Seine Nachfolger scheinen es nicht besser zu machen. Die katholischen Bischöfe warfen den politisch Verantwortlichen um Präsident Emmerson Mnangagwa Untätigkeit vor.

Schlechte Lage in den Sahelstaaten

Massiv verschlechtert hat sich die Lage in den Sahelstaaten Mali, Burkina Faso und Niger, wo verschiedene Terrorgruppen aktiv sind. Sie vernetzen sich zunehmend und tauschen Beobachtern zufolge auch Kämpfer aus. Sammelbewegungen wie Jama'at Nasr al-Islam wal Muslimin (JNIM), ein Zusammenschluss von drei malischen Milizen, gelingt es so, grenzüberschreitend zu operieren.

Ausgebreitet hat sich JNIM vor allem in Richtung Burkina Faso, wo sich seit Anfang 2016 Terroranschläge vervielfacht haben. Mehr als 486.000 Menschen sind aktuell auf der Flucht. Das UN-Nothilfebüro OCHA zählte Ende Oktober 268.000 Kinder, die nicht zur Schule gehen können. Gezielte Attacken vertiefen eine Spaltung der Gesellschaft.

Bisher galt Burkina Faso als vorbildlich für das Zusammenleben verschiedener ethnischen sowie religiöser Gruppen. Mit Anschlägen, etwa auf Kirchen, schüren die Terroristen bewusst Misstrauen.

Prekär bleibt auch die Lage rund um den Tschadsee und im Nordosten Nigerias. Die Gruppe Boko Haram und deren Ableger, der "Islamische Staat" in der westafrikanischen Provinz (ISWAP), verüben aktuell zwar keine großen Anschläge. Gerade in entlegenen ländlichen Regionen konnte sich der ISWAP mittlerweile aber festsetzen. Unter anderem kontrolliert die Organisation lokale Märkte und übernimmt teilweise die Grundversorgung der Bevölkerung - weil der nigerianische Staat vor allem durch Abwesenheit glänzt.

Zu Afrikas vergessenen Krisen gehört jene im englischsprachigen Teil Kameruns, wo etwa ein Fünftel der gut 25,6 Millionen Einwohner lebt.

Friedensnobelpreis geht nach Afrika

Die Region fühlt sich seit langem von der französischsprachigen Zentralregierung in Yaounde vernachlässigt. Separatisten fordern die Gründung eines eigenen Staates Ambazonien. Aufgrund der anhaltenden Gewalt sind laut Informationen des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR knapp 680.000 Menschen auf der Flucht.

Nach jüngsten Berichten der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch kam es zuletzt wieder vermehrt zu Zusammenstößen, unter anderem, als zehn Anführer der Separatistenbewegung zu lebenslanger Haft verurteilt wurden. Der groß angekündigte nationale Dialog von Langzeitpräsident Paul Biya (86) brachte bislang keine Verbesserungen. Zwar wurden mehr als 100 Oppositionelle und Regierungskritiker aus der Haft entlassen. Die eigentlichen Fragen sind weiter ungelöst.

Gibt es Lichtblicke? In den vergangenen zwei Jahren ging der Friedensnobelpreis nach Afrika. Gerade erst nahm Äthiopiens Ministerpräsident Abiy Ahmed die Auszeichnung in Oslo für sein Engagement zur Lösung des Grenzkonflikts zwischen Eritrea und Äthiopien entgegen. 2018 ehrte das Nobelkomitee den kongolesischen Mediziner Denis Mukwege. Er behandelt die Opfer von sexualisierter Gewalt in den Kriegsregionen im Osten des riesigen Landes.

"Die Brutalität nimmt weiter zu", sagte der 64-Jährige unlängst im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Allein in der Provinz Nord-Kivu warten laut Ärzte ohne Grenzen mehr als 680.000 Vertriebene auf Hilfe. Wenn Hilfswerke wie missio Aachen und missio München mit ihrem jetzt bevorstehenden Afrikatag um Spenden bitten, dann kann die leidgeprüfte Zivilgesellschaft auf dem Kontinent das gut gebrauchen.

 

Trockene Steppe in Burkina Faso / © Katrin Gänsler (KNA)
Trockene Steppe in Burkina Faso / © Katrin Gänsler ( KNA )

 

Nigerias Armee kämpft gegen Boko Haram / © Str (dpa)
Nigerias Armee kämpft gegen Boko Haram / © Str ( dpa )

 

Abiy Ahmed erhält Friedensnobelpreis / © Francisco Seco (dpa)
Abiy Ahmed erhält Friedensnobelpreis / © Francisco Seco ( dpa )
Quelle:
KNA
Mehr zum Thema