Viel Kritik und große Erwartungen vor Integrationsgipfel

Populismus oder Anfang?

In Berlin sind heute Vertreter aus Politik und Gesellschaft zusammengekommen. Gemeinsam wollten sie über Integration in Deutschland beraten. Vorausgegangen war dem Treffen im Bundeskanzleramt ein Streit über mögliche Sanktionen gegen eingliederungsunwillige Migranten. Während sich CSU-Politiker für Strafen bei Integrationsverweigerung stark gemacht hatten, sprachen die Grünen und Asylgruppen von Populismus und einseitiger Abschottung gegenüber Migranten.

 (DR)

In Berlin sind heute Vertreter aus Politik und Gesellschaft zusammengekommen. Gemeinsam wollten sie über Integration in Deutschland beraten. Vorausgegangen war dem Treffen im Bundeskanzleramt ein Streit über mögliche Sanktionen gegen eingliederungsunwillige Migranten. Während sich CSU-Politiker für Strafen bei Integrationsverweigerung stark gemacht hatten, sprachen die Grünen und Asylgruppen von Populismus und einseitiger Abschottung gegenüber Migranten. Die Kirchen begrüßten den Gipfel als wichtigen gesamtgesellschaftlichen Schritt.

CSU-Chef Edmund Stoiber und der innenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), forderten einen Sanktionskatalog. Zuwanderer, die nicht an einem Integrationskurs teilnähmen, sollten keinen gefestigten Aufenthaltsstatus bekommen, sagte Bayerns Ministerpräsident der Zeitung "Die Welt". Zudem sprach er sich für Einschnitte bei Sozialleistungen aus. Sein Innenminister Günther Beckstein (CSU) verlangte, Migranten sollten sich auf die von Christentum, Aufklärung und Humanismus geprägte Gesellschaft einlassen.

FDP fordert Bundestags-Enquete
Der migrationspolitische Sprecher der Grünen, Josef Winkler, nannte die Sanktionsforderungen "gefährlichen Populismus". Nur ein positives gesellschaftliches Klima fördere nachhaltige Integration. Er drängt auf eine rechtliche Gleichstellung und politische Teilhabe der Einwanderer.

Die FDP verlangte, dass der Bundestag eine Enquetekommission zu "Integration und Migration" einsetzt. Der Gipfel reiche nicht, um die Probleme von Jahrzehnten zu lösen, erklärte die liberale Integrationsexpertin Sibylle Laurischk. Es sei an der Zeit, im Bundestag überparteilich das Thema anzugehen.

Pro Asyl und der Interkulturelle Rat in Deutschland beklagten, die Politik sei "weiterhin primär auf Abwehr und Abschottung von Migranten und Flüchtlingen ausgerichtet". Als Beispiele nannten sie das Verbot doppelter Staatsbürgerschaft, hohe Anforderungen an Deutschkenntnisse und die geplante Erschwerung des Ehegattennachzugs.

Gesteuerte Zuwanderung auf den Arbeitsmarkt
Dagegen begrüßten die Spitzenorganisationen der deutschen Wirtschaft und die Kirchen das Treffen. In einer globalisierten Welt sei die Wirtschaft auf das Geschick, die Kenntnisse, den Fleiß und die Kreativität jedes Einzelnen angewiesen - gleich welcher Herkunft, so die Wirtschaftsverbände. Sie beklagten aber die oft geringe Qualifikation von Migranten.

Der Präsident des Deutschen Caritas-Verbandes, Prälat Peter Neher, nannte es ein wichtiges Signal, dass sich erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik alle gesellschaftlichen Kräfte zum Thema Integration zusammentäten. Kritik an der begrenzten Präsenz von Muslimen wies Neher im RBB zurück und verwies auf die für September vom Bundesinnenministerium geplante Islam-Konferenz in Bonn. Das Diakonische Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland verlangte ein Aufenthaltsrecht für Geduldete, die mindestens fünf Jahre in Deutschland lebten.

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), plädierte unterdessen dafür, dass mehr Zuwanderer als Fernsehdarsteller arbeiten. Zudem sprach sie sich dafür aus, dass Schulen das Singen der deutschen Nationalhymne vermitteln. "Einigkeit und Recht und Freiheit - das ist doch ein großartiges Motto für Integration", sagte sie.