US-Konservative kritisieren Papst: Äußerung zu Homosexuellen

"Verwirrend und sehr gefährlich"

"Verwirrend und gefährlich", sagen die einen - einen "großen Schritt vorwärts" sehen die anderen. Kurz vor den US-Wahlen sorgt die Papst-Forderung nach rechtlicher Absicherung für homosexuelle Paare für Aufsehen.

Autor/in:
Bernd Tenhage
Homosexuelles Paar / © Jose Luis Carrascosa (shutterstock)
Homosexuelles Paar / © Jose Luis Carrascosa ( shutterstock )

Die Papstworte zu homosexuellen Partnerschaften sorgen für unterschiedliche Reaktionen unter US-Katholiken. Der Bischof von Tyler in Texas, Joseph Edward Strickland, verurteilte die jüngsten Äußerungen des Papstes als "verwirrend und sehr gefährlich". Dem Papsttum fehle es an Klarheit, erklärte Strickland, der zu den lautesten Papstkritikern in der US-Bischofskonferenz zählt.

"Die Aussage des Papstes steht in klarem Widerspruch zu der seit langem bestehenden Lehre der Kirche", erklärte der Bischof von Providence im Bundesstaat Rhode Island, Thomas Tobin. Franziskus habe "seine Grenzen überschritten", sagte der in den US-Medien oft befragte konservative Pfarrer Gerald Murray, der eine Gemeinde in New York führt. Er erwarte, dass das Plädoyer des Papstes die "Spaltungen in der Kirche noch verschärfe".

"Ehe ist im Naturgesetz verankert"

Auch der Herausgeber der Website "Catholic Thing", Robert Royal, verurteilte die Äußerung. Nun könne jeder seinem Bischof, der in dieser Frage die katholische Lehre vertrete, sagen, "dass der Papst damit nicht einverstanden" sei.

Katholiken, die nach der Lehre der Kirche leben, «sind überzeugt, dass die Ehe im Naturgesetz verankert ist», kommentierte der Präsident der konservativen Gruppe CatholicVote, Brian Burch. Die Haltung des Papstes stehe «in direktem Widerspruch zur Lehre der katholischen Kirche», so der Soziologe der Katholischen Universität von Amerika, Donald Paul Mullins.

Der Präsident des theologischen Seminars der Southern Baptist, der größten protestantischen Kirche in den USA, Albert Mohler, hielt Franziskus vor, die Wahrheit, Lehre und moralische Logik seiner eigenen Kirche zu untergraben. Gemessen am Einfluss der katholischen Kirche in der Welt werde dies "das christliche Zeugnis zu Ehe und Sexualität und Geschlecht schwächen".

Zustimmung von jesuitischer Seite

Zustimmung erhielt Franziskus dagegen vom Chefredakteur des Jesuiten-Magazins «America», James Martin. Dies sei ein "großer Schritt vorwärts bei der Unterstützung der LGBTQ durch die Kirche", so der Bestseller-Autor. Martin hatte in dem Buch "Building a Bridge" (Eine Brücke bauen) für eine Annäherung zwischen der Kirche und lesbischen, schwulen, bisexuellen, Trans- und Queerpersonen geworben.

Franziskus habe "das integrative, akzeptierende Wesen des Christentums" hervorgehoben, lobte Guthrie Graves-Fitzsimmons vom liberalen Think Tank "Center for American Progress". Carolyn Woo vom Wahlkampf-Team "Katholiken für Biden" sagte, die Betonung der "Würde der Menschen" in Franziskus' Worten passten zu den Werten, "die die Demokraten verfechten".

Wie wird Franziskus reagieren?

Die Religionswissenschaftlerin am Manhattan College Natalie Imperatori-Lee bekundete die Hoffnung, dass die Kirche nun Entlassungen von LGTBQ-Mitarbeitern beenden werde. "Vorsichtig optimistisch" zeigte sich die Geschäftsführerin der katholischen LGBTQ-Gruppe "DignityUSA", Marianne Duddy-Burke: Sie warte ab, wie der Vatikan auf Franziskus reagiere, erklärte sie.

In einer Szene des am Mittwoch in Rom vorgestellten Films "Francesco" befürwortet der Papst - deutlich wie nie - eingetragene zivile Partnerschaften für homosexuelle Paare. "Homosexuelle haben das Recht, in einer Familie zu leben", sagt Franziskus in der Doku des russischen Regisseurs Jewgeni Afinejewski. Auch sie seien Kinder Gottes und sollten rechtlich abgesichert sein. "Was wir brauchen, ist ein Gesetz, das eine zivile Partnerschaft ermöglicht", so das Kirchenoberhaupt. Dafür habe er sich schon früher eingesetzt.

 

Mitglieder der LGBT demonstrieren gegen die Diskriminierung Homosexueller.  / © Ilia Yefimovich (dpa)
Mitglieder der LGBT demonstrieren gegen die Diskriminierung Homosexueller. / © Ilia Yefimovich ( dpa )
Quelle:
KNA