Vatikanexperte spricht über Papstbeerdigungen

"Privatisierung des Papstamtes"

Die Planung der eigenen Beerdigung wird oft verdrängt. Papst Franziskus hat dazu klare Vorstellungen und diese in einem gerade erschienenen Buch enthüllt. Vatikanexperte Ulrich Nersinger zeigt sich irritiert über die Wünsche.

Papst Franziskus / © Stefano dal Pozzolo/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus / © Stefano dal Pozzolo/Romano Siciliani ( KNA )

DOMRADIO.DE: Das Papstamt ist geprägt von Traditionen. In einem Interview hat Franziskus nun seine Wünsche geäußert. Er will in Santa Maria Maggiore statt im Petersdom beerdigt werden. Nach seinem Ableben will er in einem Sarg aufgebahrt werden - und nicht mehr wie alle Vorgänger der jüngeren Zeit frei liegend auf einem Katafalk. Darf er das einfach so entscheiden?

Vatikanexperte Ulrich Nersinger (EWTN)
Vatikanexperte Ulrich Nersinger / ( EWTN )

Ulrich Nersinger (Vatikanexperte und Buchautor): Ein Papst kann theoretisch alles, oder fast alles. Er hat eine ziemliche Machtfülle, die er anwenden kann. Er kann damit auch Vorgaben geben. Inwieweit man die als sinnvoll oder gut beurteilt steht auf einem anderen Papier.

DOMRADIO.DE: Papst Franziskus hat entschieden, genau das zu machen. Er will die Beerdigungsmodalitäten für Päpste ändern, das heißt den Beerdigungsort und die Art der Aufbahrung. Wie ordnen Sie das ein?

Nersinger: Beim Ort ist er relativ frei. Es gibt auch in der Vergangenheit Fälle, bei denen Päpste entschieden haben, nicht im Petersdom beigesetzt zu werden. Das ist nichts großartig Überraschendes.

Pius IX. hat zum Beispiel bestimmt, dass er in Sankt Laurentius vor den Mauern beigesetzt wird. Und Leo XIII. hat bestimmt, dass er in der Lateran-Basilika beigesetzt wird. Und Franziskus hat nun bestimmt, dass er in Santa Maria Maggiore seine letzte Ruhestätte findet.

Basilika Santa Maria Maggiore / © Nattee Chalermtiragool (shutterstock)
Basilika Santa Maria Maggiore / © Nattee Chalermtiragool ( shutterstock )

Das ist logisch, wenn man sich mal anschaut, welch große Verehrung der Papst für Santa Maria Maggiore oder besser gesagt für das dortige Marienbild, das Salus populi Romani (lat. Heil des römischen Volkes) hat. Mit diesem Marienbild ist er eng verbunden. 

Wir wissen alle, dass wenn er eine große Reise unternimmt, nach Santa Maria Maggiore geht, vor dem Marienbild betet und einen Blumenstrauß mitbringt. Wenn er zurückkommt, macht er das gleiche. Wenn er gesundheitlich nicht kann, lässt er jemanden mit einem Blumenstrauß dort hingehen.

Ulrich Nersinger

"Der Papst handelt sehr eigenmächtig und teilweise ohne Rücksicht auf die Geschichte."

DOMRADIO.DE: Er will außerdem in einem Sarg aufgebahrt werden und nicht offen auf einer Trauerbahre. Was steht dahinter?

Nersinger: Ja, das verstört ein bisschen. Ich halte das aus verschiedenen Gründen für etwas befremdlich. Die Begründung an sich ist nicht schlüssig, wenn er einen Prunk kritisiert. Die Aufbahrung, die wir seit Paul VI. haben, ist schließlich sehr schlicht und sehr einfach. 

Papst Paul VI. am 6. Januar 1964 am See Genezareth in Israel / © KNA-Bild (KNA)
Papst Paul VI. am 6. Januar 1964 am See Genezareth in Israel / © KNA-Bild ( KNA )

Man macht das eben nicht, um etwas Prunkvolles zu zelebrieren, sondern man zeigt den Papst in seinen Pontifikalgewändern, zeigt aber auch wie der Körper verfallen ist. Es zeigt, dass der Papst nur ein Mensch ist, aber dass das Amt da war oder da ist. Das haben wir bei Papst Benedikt XVI. gesehen. 

Franziskus negiert da ein bisschen den geschichtlichen, theologischen Hintergrund. Vor allem die Art und Weise, wie er diesen Wunsch kommuniziert hat, verstört viele Gläubige. Er hat es nicht durch ein offizielles Schreiben publiziert, sondern in einem Interviewbuch. 

Ein italienischer Vatikanist hat eine sehr treffende Charakterisierung dieser Vorgänge vorgenommen. Er sprach von einer Privatisierung des Papstamtes durch den Papst. Der Papst handelt sehr eigenmächtig und teilweise ohne Rücksicht auf die Geschichte. 

Wenn man sich mal vor Augen hält, dass der Papst von Synodalität spricht, aber dann doch sehr absolutistisch über die Dinge verfügt, verwundert das. Das ist schon ein bisschen im Stil eines Sonnenkönigs. Franziskus sagt, das sei jetzt so und ich mache das auch für meinen Nachfolger. Obwohl das mit seinen Nachfolgern rein theoretisch ist. Denn jeder Papst kann das, was er verfügt, auch wieder zurücknehmen. Ich halte diese Entscheidung für nicht so ganz durchdacht.

DOMRADIO.DE: Wenn wir in die Geschichte schauen, gab es ungewöhnliche Bestattungswünsche von Päpsten?

Nersinger: Pius IX. hatte verfügt, dass er in St. Laurentius vor den Mauern beigesetzt wird. Das war aber nicht einfach möglich, weil die Stimmung in Rom immer noch aufgeheizt war. Es gab antiklerikale, antikirchliche Äußerungen. Man konnte den Papst nicht ohne Weiteres überführen. Man hat das 1881 versucht, aber selbst da war es noch schwierig. 

Als der Trauerzug sich über die Tiberbrücke begab, tauchten Revolutionäre und Freidenker auf und versuchten, in den Besitz des Sarges zu bekommen und den in den Tiber zu stürzen. Das konnte nur mit viel Engagement der Begleitung des Trauerzuges verhindert werden. Wir sehen, das es durchaus kritische Momente gegeben hat in der Art und Weise, wie ein Papst sich seine Bestattung gewünscht hat. 

Das Interview führte Hilde Regeniter.

Papstgräber in Santa Maria Maggiore

Papst Franziskus will nicht wie seine Vorgänger im Petersdom beigesetzt werden, sondern in der römischen Papstbasilika Santa Maria Maggiore. In der seit der Spätantike bestehenden Marienkirche sind bereits sechs Päpste der Kirchengeschichte bestattet, darunter auch der erste Papst aus dem Franziskanerorden, Nikolaus IV. (1288-1292). Die heutige Basilika ist die wichtigste der mehr als 40 Marienkirchen Roms; daher der Name "Maria Maggiore". 

Basilika Santa Maria Maggiore in Rom / © essevu (shutterstock)
Basilika Santa Maria Maggiore in Rom / © essevu ( shutterstock )
Quelle:
DR