Vatikanexperte sieht holprigen Ad-limina-Besuch der Bischöfe

"Extreme Vorbehalte gegen den Synodalen Weg"

Von purer Harmonie war der Ad-limina-Besuch der deutschen Bischöfe im Vatikan nicht geprägt. Das bilanziert der Journalist und Vatikanexperte Jürgen Erbacher. Vor allem der deutsche Synodale Weg scheint ein Dorn im Auge zu sein.

Treffen der Bischöfe der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) mit den Leitern der vatikanischen Dikasterien / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Treffen der Bischöfe der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) mit den Leitern der vatikanischen Dikasterien / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

DOMRADIO.DE: Es ging beim Besuch der deutschen Bischöfe in Rom richtig zur Sache, oder?

Jürgen Erbacher, ZDF-Kirchenexperte / © Rico Rossival (zdf)
Jürgen Erbacher, ZDF-Kirchenexperte / © Rico Rossival ( zdf )

Jürgen Erbacher (ZDF-Kirchenexperte): Ja, das kann man so sagen. Vor allen Dingen gestern, am letzten Tag. Da gab es ein Treffen aller deutschen Bischöfe mit mehreren Chefs vatikanischer Behörden. Da wurde über den Synodalen Weg gesprochen. Das große Reformprojekt der deutschen Katholiken, bei dem Bischöfe und Laien gemeinsam  als Antwort auch auf den Missbrauchsskandal nach Reformen suchen.

Dabei wurde doch nochmal deutlich, dass es extreme Vorbehalte vonseiten des Vatikan gegen Inhalt, Methode und auch Vorschläge des Synodalen Wegs gibt. Die deutschen Bischöfe lassen sich da, glaube ich, aber nicht beirren und wollen den Weg auch weitergehen. Von daher wird es jetzt spannend sein, wie es denn dann in den nächsten Tagen und Wochen weitergeht.

DOMRADIO.DE: Herausgekommen ist zunächst ein Kommunique zwischen den deutschen Bischöfen und einer Handvoll Kurienkardinälen, also vom Heiligen Stuhl und der Deutschen Bischofskonferenz. Was steht da genau drin?

Erbacher: Darin wird zum einen ein bisschen geschildert, wie der Tag abgelaufen ist, wie auch Bischof Bätzing als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz noch einmal detailliert geschildert hat, was eigentlich der Ursprung und das Ziel des Synodalen Wegs sind.

Das Statement von Bischof Bätzing ist mittlerweile auch veröffentlicht worden. In dem kann man nochmal nachlesen, dass er die MHG-Studie aus dem Jahr 2018 benennt, die nachweist, dass es Strukturen in der katholischen Kirche gibt, die den Missbrauch und die Vertuschung begünstigt haben. Diese Strukturen müssen angepackt werden.

Er hat auch noch mal klar betont, dass die deutschen Bischöfe keinen Sonderweg gehen wollen, sondern sie wollen die Dinge, die sie in ihrer Kompetenz lösen können, vor Ort lösen. Die anderen Dinge wollen sie natürlich in einen weltweiten Dialog einbringen.

Von vatikanischer Seite wurden ganz klar rote Linien benannt, zum Beispiel, wenn es um die Frauenordination zum Priesteramt geht. Aber auch in anderen Punkten wurde ganz klar gesagt, dass darüber nicht diskutiert werden soll. Das spiegelt sich dann in diesem gemeinsamen Kommunique wider, in dem die einzelnen Punkte klar benannt sind. Zum Beispiel in Bezug auf die Anthropologie sagt der Vatikan, geht ihr mit den Papieren, die ihr erarbeitet habt, zu weit.

DOMRADIO.DE: Was bedeutet diese Reaktion des Vatikans nun für die von Papst Franziskus ausgerufene Weltsynode?

Weltsynode 2021-2024

Mit der Weltsynode hat Papst Franziskus in der katholischen Kirche etwas Neues geschaffen. Erstmals werden bei einer Synode Nicht-Bischöfe und Nicht-Priester im großen Umfang ein Stimmrecht haben, darunter auch Frauen.

Inhaltlich soll es vor allem um neue Wege der Mitwirkung der kirchlichen Basis bei wichtigen Entscheidungen in der katholischen Kirche gehen. Obwohl erstmals auch nicht geweihte Männer und Frauen ein Stimmrecht haben, handelt es sich kirchenrechtlich um eine Bischofssynode.

Eröffnung der Weltsynode im Oktober 2021 / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Eröffnung der Weltsynode im Oktober 2021 / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Erbacher: Ein Vertreter des Vatikan hatte vorgeschlagen, die Deutschen sollen im Synodalen Weg ein Moratorium ausrufen, sprich, sie sollen die Debatten auf Halt setzen, mit dem Ziel, erst einmal den weltweiten synodalen Prozess vorankommen zu lassen. Danach könnten die Debatten des Synodalen Wegs wieder weiterdiskutiert werden.

Das haben die deutschen Bischöfe in großer Mehrheit offensichtlich abgelehnt. Das geht aus dem gemeinsamen Kommunique hervor. Sie wollen aber natürlich die Positionen einbringen, die in Deutschland diskutiert werden. Ich glaube, am Ende versucht man, im Nachgang zu dem Treffen irgendwo doch noch eine Lösung zu finden. Wie kann hier ein Mittelweg gefunden werden, wenn die Deutschen weiter gehen, aber zugleich die ganzen Dinge in den weltweiten synodalen Prozess einbringen?

Bischof Bätzing hat bei der Pressekonferenz auch nochmal betont, dass die Fragen, die die Deutschen diskutieren, auch im weltweiten Synodalen Weg diskutiert werden. Deshalb sehen die Deutschen das, was sie tun, als einen Beitrag für diesen weltweiten Prozess.

DOMRADIO.DE: Zeigen die deutschen Bischöfe untereinander in Rom denn Einigkeit?

Erbacher: Nein, das hat der Vorsitzende auch in der Pressekonferenz noch mehrfach betont, dass auch die unterschiedlichen Positionen innerhalb der Bischofskonferenz immer wieder in den Gesprächen deutlich wurden.

Es gibt immer wieder so ein Narrativ, dass man sagt, die Minderheit würde nicht gehört. Denn die Bischöfe, die Reformen nicht wollen, sind ganz klar in der Minderheit. Deshalb war es, glaube ich, wichtig, dass alle in Rom die Möglichkeit hatten zu Wort zu kommen und auch ihre Positionen darzustellen. So sind auch die, die die vorgeschlagenen Reformen im Rahmen des Synodalen Wegs nicht wollen, gehört worden.

Sie haben wohl auch an verschiedenen Stellen die Kardinäle des Vatikan gefragt, was erlaubt sei. Dazu scheint es interessanterweise vonseiten vatikanischer Stellen oft gar keine Antwort gegeben zu haben. Zumindest wurden bisher bei dem Ad-limina-Besuch - jedenfalls ist es nicht bekannt - an keiner Stelle Türen zugeschlagen.

DOMRADIO.DE: Über die Situation im Erzbistum Köln wurde auch gesprochen?

Erbacher: Laut dem Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Bischof Bätzing, wurde an zwei Stellen über die Situation im Erzbistum Köln gesprochen. Einmal bei dem Treffen mit dem Chef des Dikasteriums für die Bischöfe und dann auch in der langen Papstaudienz am Donnerstag.

Dabei wurde nicht über die Personalie von Kardinal Woelki gesprochen, aber es wurde ganz klar gesagt, so Bischof Bätzing, die Situation wird immer schwieriger, immer unerträglicher, sowohl für die Gläubigen als auch für den Bischof, für den Kardinal. Deshalb bittet man um eine Entscheidung.

Der Papst soll dann noch mal sehr ausführlich gesagt haben, was ihn in der Sache bewegt und warum er so handelt, wie er im Moment handelt, nämlich dass er abwartet. Aber ich glaube, allen war es wichtig, dass dieses Thema angesprochen wird und dass auch eine gewisse Dringlichkeit signalisiert wird, was eine Papstentscheidung anbetrifft. Der Papst lässt sich aber nicht in die Karten schauen, ob, wann und wie er entscheidet.

Das Interview führte Tommy Millhome

Ad-limina-Besuch

Alle fünf bis sieben Jahre sind die katholischen Bischöfe aus aller Welt laut Kirchenrecht zu einem sogenannten Ad-limina-Besuch im Vatikan verpflichtet. Zweck ist, dass die Bischöfe eines Landes den Papst über die Situation in ihren Diözesen informieren. Neben den Gesprächen mit dem Papst sind Treffen in den Vatikanbehörden vorgesehen.

Ein Pileolus liegt auf dem Liedheft während des Ad-limina-Besuchs der deutschen Bischofe / © Massimiliano Migliorato/CPP (KNA)
Ein Pileolus liegt auf dem Liedheft während des Ad-limina-Besuchs der deutschen Bischofe / © Massimiliano Migliorato/CPP ( KNA )
Quelle:
DR
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