Vatikanexperte hinterfragt Format der Ad-Limina-Besuche

Aus der Zeit gefallen?

Ab Montag sind die deutschen Bischöfe zum Ad-Limina-Besuch in Rom, um dort den Papst über die Situation der Kirche im eigenen Land zu informieren. Ulrich Nersinger fragt sich, ob dieses Besuchs-Format heute noch zeitgemäß ist.

Ein Bischof hält einen Flyer mit der Aufschrift Ad limina zur Feier der Heiligen Messe in den Händen beim Ad-limina-Besuch deutscher Bischöfe / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Ein Bischof hält einen Flyer mit der Aufschrift Ad limina zur Feier der Heiligen Messe in den Händen beim Ad-limina-Besuch deutscher Bischöfe / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

DOMRADIO.DE: Seit wann gibt es in der Kirchengeschichte eigentlich die ersten Hinweise auf so einen Ad-Limina-Besuch von Bischöfen in Rom?

Ulrich Nersinger (Autor und Vatikanexperte): Die ersten Spuren finden wir kurz nach der Konstantinischen Wende, also in der ersten Hälfte des vierten Jahrhunderts. Von dort aus gibt es schon Spuren dieser "Visitátio ad límina apostolórum", also dieses Besuches an den Schwellen der Apostelgräber oder der Gräber des Heiligen Petrus und des Heiligen Paulus. Das ist eine alte Einrichtung, aber natürlich noch nicht so, wie wir das heute kennen, dass einzelne Bischöfe kamen und Bericht erstatteten.

Vatikanexperte Ulrich Nersinger (EWTN)
Vatikanexperte Ulrich Nersinger / ( EWTN )

Das System, wie wir es heute kennen, das finden wir erst im zweiten Jahrtausend. Wir finden das in der Zeit um das 12. Jahrhundert herum. Anfangs sind das nicht die einfachen Diözesanbischöfe, sondern es sind die Metropolitan-Erzbischöfe, also die Vorsteher der Kirchenprovinzen, die dann über ihre Diözese und die Diözesen, die ihnen unterstehen, berichten.

Das, so wie wir es heute so in etwa kennen, finden wir dann im 16. Jahrhundert. Sixtus V. hat für diese Art der Besuche in Rom einiges aufgestellt. Er hat im Grunde festgelegt, dass es eine Wallfahrt zu den Apostelgräbern ist, ein Gespräch oder eine Audienz beim Papst und Absprachen oder Unterhaltungen mit der Römischen Kurie.

DOMRADIO.DE: Heißt das denn, dass es eher in den Anfängen eine Wallfahrt war als ein Rapport beim Papst?

Nersinger: Ja, man kann das nicht so genau auseinanderdividieren. Aber ich würde sagen, dass wahrscheinlich in der ersten Zeit auch der Aspekt, die Gräber der Apostel zu besuchen, doch im Vordergrund stand.

Blick auf den Apostolischen Palast während des Angelus-Gebets / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Blick auf den Apostolischen Palast während des Angelus-Gebets / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

DOMRADIO.DE: Jetzt war das Reisen in der damaligen Zeit ja noch deutlich schwieriger als heute. Es hat auch viel länger gedauert. Wie wurden denn die Bischöfe nach Rom zitiert und auf welchem Weg kamen sie da hin?

Nersinger: Am Anfang waren es die Metropoliten, also die Erzbischöfe, die eine Kirchenprovinz leiteten. Wenn jeder Bischof nach Rom gepilgert wäre, das wäre doch recht beschwerlich gewesen. Und es wäre dann wahrscheinlich auch nicht so gewesen, dass der Papst jeden Bischof empfangen konnte in der Intention, wie wir heute die Ad-Limina-Besuche kennen.

DOMRADIO.DE: Gab es in der Geschichte irgendwelche kuriosen Ereignisse rund um diese Ad-Limina-Besuche?

Nersinger: Im Grunde das, was bei üblichen Besuchen in Rom passieren kann: zum Beispiel in der jüngeren Zeit, wenn Bischofskonferenzen nach Rom kamen, dass auf einmal nicht alle Bischöfe bei den Treffen waren, das manche auch diese Romfahrt für andere Sachen genutzt haben. Also nicht nur als Wallfahrt, sondern auch als Erholungsphase oder auch um Rom kennenzulernen. Das haben wir auch schon sehr früh.

 © Juliana Lukannek
© Juliana Lukannek

DOMRADIO.DE: Hat sich das denn so sehr zur heute geändert? Reisen die Bischöfe heute wirklich an und direkt wieder ab oder nutzt da nicht auch der eine oder andere, um sich zumindest mal die Vatikanischen Museen anzugucken oder ähnliches?

Ulrich Nersinger

"Manche sprechen von Wallfahrten, manche sprechen von bischöflichen Betriebsausflügen und manche sprechen von einem Kirchenpolitikum. Denn auch diese Besuche werden ja auch für kirchenpolitische Sachen genutzt."

Nersinger: Wenn man sich umhört, was diese Ad-Limina-Besuche in der heutigen Zeit bedeuten, dann sind das eben nicht nur diese offiziellen Termine. Zumindest ich höre häufig dann ein breites Spektrum von Bezeichnungen. Manche sprechen von Wallfahrten, manche sprechen von bischöflichen Betriebsausflügen und manche sprechen von einem Kirchenpolitikum. Denn auch diese Besuche werden ja auch für kirchenpolitische Sachen genutzt.

DOMRADIO.DE: Inwieweit sind die Besuche heute noch wirklich aktuell und im Zeitalter der modernen Technik auch nötig?

Nersinger: Ich denke, diese Ad-Limina-Besuche müssen überdacht werden. Man muss doch mal denken daran, wie viele Bischöfe, wie viele Bischofskonferenzen jedes Jahr nach Rom kommen und ob diese Form der Besuche nicht doch eigentlich wenig bringt für die einzelnen Diözesen, für die einzelnen Länder, ob man da nicht neue Methoden oder neue Ansätze finden müsste.

Ulrich Nersinger

"Man muss es vermutlich auch in der heutigen Zeit besser begleiten. Wenn ich denke, dass die niederländischen Bischöfe und auch manche Konferenzen in Übersee doch andere Wege wählen, das auch den Gläubigen näherzubringen, indem sie einen YouTube-Kanal dazu haben, indem sie eine eigene Webseite dafür einrichten."

Wie das nun ablaufen soll, da stehe ich auch etwas vor Fragen, die ich nicht so beantworten kann. Ich denke, man muss aber neue Ansätze finden, um das Ganze lebendig zu halten und das Ganze nicht zu einer reinen Besuchstour verkommen zu lassen. Und man muss es vermutlich auch in der heutigen Zeit besser begleiten.

Wenn ich denke, dass die niederländischen Bischöfe und auch manche Konferenzen in Übersee doch andere Wege wählen, das auch den Gläubigen näherzubringen, indem sie einen YouTube-Kanal dazu haben, indem sie eine eigene Webseite dafür einrichten. Also all diese Sachen sollte man überdenken und man sollte dann zu einem Modus finden, der dann doch etwas befriedigender ist, als mir das heute so erscheint.

Das Interview führte Bernd Hamer.

Ad-limina-Besuch

Alle fünf bis sieben Jahre sind die katholischen Bischöfe aus aller Welt laut Kirchenrecht zu einem sogenannten Ad-limina-Besuch im Vatikan verpflichtet. Zweck ist, dass die Bischöfe eines Landes den Papst über die Situation in ihren Diözesen informieren. Neben den Gesprächen mit dem Papst sind Treffen in den Vatikanbehörden vorgesehen.

Ein Pileolus liegt auf dem Liedheft während des Ad-limina-Besuchs der deutschen Bischofe / © Massimiliano Migliorato/CPP (KNA)
Ein Pileolus liegt auf dem Liedheft während des Ad-limina-Besuchs der deutschen Bischofe / © Massimiliano Migliorato/CPP ( KNA )
Quelle:
DR