Vatikanexperte ordnet Neustrukturierung des Bistums Rom ein

Der "Herr im Haus"

Papst Franziskus hat mit der Apostolischen Konstitution "In ecclesiarum communione" dafür gesorgt, dass er im Bistum Rom wieder mehr Befugnisse hat. Wie ist dieser Schritt zu bewerten und wie passt er zu seiner Synodalität?

San Giovanni in Laterano, die Bischofskirche des Bischofs von Rom und damit des Papstes / © essevu (shutterstock)
San Giovanni in Laterano, die Bischofskirche des Bischofs von Rom und damit des Papstes / © essevu ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Für viele Beobachter haben Skandale wie der um den Jesuiten und Mosaikkünstler Marco Rubnik den Papst zu diesem Schritt bewogen. War das Bistum Rom nicht so gut geführt in den vergangenen Jahren?

Vatikanexperte Ulrich Nersinger (EWTN)
Vatikanexperte Ulrich Nersinger / ( EWTN )

Ulrich Nersinger (Autor und Vatikanexperte): Wir haben in den vergangenen Jahren oder besser gesagt in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder Skandale gehabt. Ein ganz berühmter war 1990, als der damalige Kardinalvikar einem Boss der römischen Unterwelt, der verstorben war, zugestand, dass er in einer römischen Basilika in einem Sarkophag beigesetzt wurde. Es gab durchaus eine ganze Reihe von Skandalen und ich denke, da war oder ist es auch mal an der Zeit, dass der Papst einmal handelt.

DOMRADIO.DE: Ab sofort muss der Papst wieder in alle wichtigen pastoralen, administrativen und wirtschaftlichen Entscheidungen der Diözese Rom eingebunden sein. Wie umfassend holt sich Franziskus damit die Macht wieder zurück?

Nersinger: Völlig. Ich denke, er hat mit der Apostolischen Konstitution gezeigt, dass er der "Herr im Haus" sein möchte und dass er die Kontrolle darüber haben möchte und die auch ausüben will. Und ich bin fest überzeugt, dass er das auch tun wird.

DOMRADIO.DE: Aber eigentlich betont ja gerade dieser Papst immer die Synodalität der Kirche. Wie passt jetzt dieser neue päpstliche Machtanspruch für das Bistum Rom dazu?

Nersinger: Ich las in diesen Tagen auf dem Internetportal katholisch.de von Felix Neumann den Satz: "Synodaler Rat heißt in Rom etwas ganz anderes als in Frankfurt." Dieser Einschätzung stimme ich voll und ganz zu. Natürlich will der Papst synodale Gedanken einbringen, aber er will auch immer zeigen, dass er der Herr im Hause ist und dass er letztlich die Hauptverantwortung hat und entscheiden wird. Das ist schon ein Bewusstsein des Papstes. Man muss bedenken: Wenn ein neuer Papst gewählt wird, dann gibt es eine offizielle Messe in Sankt Peter, mit der er das Oberste Hirtenamt übernimmt und dann gibt es einige Zeit später die sogenannte Besitzergreifung des Laterans. Dieser Akt heißt seit Jahrhunderten so. Und ich denke, der Papst hat jetzt einmal klar gemacht, dass er wirklich von seiner Diözese Besitz ergreift und sich auch der Verantwortung für die Diözese bewusst ist.

Ulrich Nersinger, Autor und Vatikanexperte

"Der Papst hat jetzt klar gemacht, dass er von seiner Diözese Besitz ergreift und sich auch der Verantwortung für die Diözese bewusst ist"

DOMRADIO.DE: Werden die "normalen Gläubigen" von dieser Reform überhaupt etwas mitbekommen? Ändert sich im Alltag etwas?

Nersinger: Ich denke, die "normalen Gläubigen", wenn wir das so nennen, werden nichts merken. Aber die Diözese Rom ist ja nicht nur aus historischer Sicht ein Unikum, sondern auch etwas ganz Besonderes in der Welt. Nirgendwo finden Sie so viele Ordensleute, so viele andere Priester, so viele Institute und alle haben entweder eine eigene Kapelle oder auch eine Pfarrei übertragen bekommen. Und das ist natürlich schwierig da für einen Vikar des Papstes, immer so richtig zu agieren. Ich möchte auch nicht Vikar von Rom sein. Aber da will der Papst halt doch etwas Ordnung schaffen, das etwas klären und das wird sich, glaube ich, auch für die "einfachen Gläubigen" auszahlen.

DOMRADIO.DE: Wenn wir jetzt mal historisch denken, wie ungewöhnlich ist dieser Schritt des Papstes? Gab es so etwas Ähnliches in den vergangenen Jahrzehnten schon mal?

Nersinger: So ungewöhnlich ist es nicht. Päpste haben immer in die Leitung der Diözese Rom eingegriffen. Ich denke, auch einer der letzten hat das getan, Johannes Paul II. hat eine ähnliche Verfügungen erlassen, nicht so gravierend wie jetzt Franziskus. Aber die Päpste haben immer darauf geschaut. Aber natürlich: Der Papst ist nicht nur für seine Diözese verantwortlich, sondern für die Weltkirche. Und dadurch ist seine Oberaufsicht über die Diözese Rom immer etwas begrenzt gewesen.

DOMRADIO.DE: Und eigentlich hat Papst Franziskus in seiner Rolle als Papst der Weltkirche ja wirklich genug zu tun. Er ist auch immerhin 86 Jahre alt. Rechnen Sie damit, dass er die neue Verordnung auch konsequent umsetzen wird?

Nersinger: Da bin ich der Überzeugung, dass er das tun wird. Alles andere würde seiner Überzeugung und auch seiner Energie und seinem Durchsetzungsvermögen widersprechen.

Das Interview führte Hilde Regeniter.

Bistum Rom

Das Bistum Rom nimmt eine Sonderstellung ein: Es ist der Sitz des jeweils amtierenden Papstes, der gleichzeitig immer der Bischof von Rom ist. Ein päpstlicher Vikar, der das Bistum Rom für den Papst verwaltet, ist erstmals unter Innozenz III. 1198 bezeugt. 1558 bestimmte Papst Paul IV., dass der Vikar jeweils ein Kardinal sein muss.

Der Lateranpalast in Rom (Archivbild) / © Gerlinde Pfirsching (KNA)
Der Lateranpalast in Rom (Archivbild) / © Gerlinde Pfirsching ( KNA )
Quelle:
DR