Vatikan von Nahostkonferenz enttäuscht

Kein sofortiger Waffenstillstand gefordert

Der Vatikan hat seine Forderung nach sofortiger Waffenruhe im Nahen Osten bekräftigt. Die unverzügliche Einstellung der Feindseligkeiten sei möglich, und damit verpflichtend, sagte der vatikanische Außenminister Erzbischof Giovanni Lajolo am Donnerstag Radio Vatikan. Lajolo hatte an dem Krisentreffen zu einer Lösung des Libanon-Konflikts am Mittwoch in Rom als Beobachter teilgenommen.

 (DR)

Der Vatikan hat seine Forderung nach sofortiger Waffenruhe im Nahen Osten bekräftigt. Die unverzügliche Einstellung der Feindseligkeiten sei möglich, und damit verpflichtend, sagte der vatikanische Außenminister Erzbischof Giovanni Lajolo am Donnerstag Radio Vatikan. Lajolo hatte an dem Krisentreffen zu einer Lösung des Libanon-Konflikts am Mittwoch in Rom als Beobachter teilgenommen. Der Vatikan-Diplomat bezeichnete die Probleme in der Konfliktregion als extrem komplex. Vorrangig gehe es darum, stabile Bedingungen für eine Waffenruhe zu erreichen. Diese Bedingungen können und müssten "mit anderen Mitteln als der Tötung unschuldiger Menschen" geschaffen werden, sagte Lajolo.

Problematische Aufforderung an Israel
Der enttäuschende Eindruck der Konferenz habe seinen Grund in der ausgebliebenen Forderung nach einem sofortigen Waffenstillstand. Die Teilnehmer hätten in dieser Frage keine Einigkeit erzielt, "weil einige Länder meinten, dass der Appell nicht den gewünschten Effekt haben würde", sagte Lajolo. Problematisch sei auch, dass Israel nur dazu eingeladen worden sei, größte Zurückhaltung auszuüben. Eine solche Forderung bleibe zwangsläufig uneindeutig, während der Schutz unschuldiger Zivilisten eine präzise und unabdingbare Pflicht sei.

Zugleich begrüßte Lajolo die geplante Einrichtung einer UN-geführten internationalen Friedenstruppe und sofortige humanitäre Hilfen für die libanesische Bevölkerung. Zu würdigen sei auch die Einberufung einer Geber-Konferenz, um Mittel für den Wiederaufbau des Landes bereitzustellen.

Enttäuschung auch bei Kardinal-Staatssekretär
Zuvor hatte sich Kardinal-Staatssekretär Angelo Sodano enttäuscht über die Ergebnisse der römischen Konferenz gezeigt. Der Heilige Stuhl habe von dem Gipfeltreffen in Rom ein stärkeres Drängen auf eine unverzügliche Feuerpause erwartet, sagte Sodano der italienischen Tageszeitung "Corriere della Sera" (Donnerstag).
Dennoch sei ein "Schritt vorwärts" erreicht worden. Sodano äußerte die Hoffnung, dass die Verpflichtung, an einem Waffenstillstand zu arbeiten, zu einem raschen Ergebnis führe.
Nach Einschätzung des Heiligen Stuhls steht das Land vor einem humanitären Problem höchster Dringlichkeit.

Libanons Ministerpräsident Fuad Siniora hatte sich am Mittwochabend zu einem Gespräch mit Sodano und Lajolo in den Vatikan begeben. Begleitet wurde der sunnitische Regierungschef von seinem Außenminister, dem Schiiten Fausi Salluch. Dabei hätten sich beide zufrieden über die Einschätzung der Krise durch die Konferenzteilnehmer geäußert, sagte Sodano. Siniora und Salluch hätten dem Heiligen Stuhl für dessen Engagement angesichts der "Tragödie ihres Landes" gedankt.

Gebete und Diplomatie
Papst Benedikt XVI. fordert nicht nur zum Gebet für den Frieden auf, er macht über seinen Kardinalstaatssekretär auch Politik. Angelo Sodano begründet die Friedensinitiativen des Vatikans so: "Rom hat diese Berufung zum Frieden in der Welt. Der Heilige Stuhl versucht über den Parteien zu stehen in der universellen Mission, die Menschheit zu einen. Der Weg zu einer zivilisierten Gesellschaft führt heute nicht über den Krieg - es ist der Weg des Dialogs zwischen den Seiten und der Weg des gegenseitigen Verstehens. Und so ist es auch heute. Der Heilige Stuhl steht in Verbindung mit verschiedenen Regierungen in der Welt, um auch dazu beizutragen, damit diese Tragödie so schnell wie möglich endet."

"UN sieht nur untätig zu"
Neben Aufrufen zu Frieden und Waffenstillstand findet der Vatikan durchaus auch deutliche Worte. Den Vereinten Nationen (UNO) hat die vatikanische Tageszeitung "Osservatore Romano" Untätigkeit angesichts des Konflikts vorgeworfen. Die UNO verharre wieder einmal in Unbeweglichkeit, während der "Libanon brennt" und die gegenseitigen Angriffe Israels und der Hisbollah auf militärische und zivile Ziele weitergingen, schrieb das offiziöse Blatt des Vatikans. Der UN-Sicherheitsrat als Hauptentscheidungsorgan der internationalen Gemeinschaft agiere erneut nur als Betrachter vor dem "Tod des Rechts", das von beiden Seiten gebrochen werde.

Gudrun Sailer von Radio Vatikan fasst zusammen, wie sich der Heilige Stuhl bisher zum Konflikt geäußert hat.