Vatikan verlangt öffentlichen Widerruf von Williamson - Zentralrat noch nicht zufrieden

Ende gut, alles gut?

Der Vatikan hat den Traditionalisten-Bischof Richard Williamson zu einem öffentlichen Widerruf seiner Holocaust-Leugnung aufgefordert. Ohne eine "absolut unmissverständliche und öffentliche" Distanzierung werde Williamson keine Zulassung zu bischöflichen Aufgaben in der Kirche erhalten, teilte das Staatssekretariat mit. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, zeigt sich erfreut. Der Zentralrat der Juden hält die Reaktion für nicht ausreichend.

 (DR)

In der Erklärung des Vatikans wird die Priesterbruderschaft Pius X. aufgefordert, das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) und die Lehren aller folgenden Päpste in vollem Umfang anerkennen, wenn sie Aussicht auf Legitimierung durch den Vatikan haben wolle. Der Heilige Stuhl wolle mit den Betreffenden über die offenen Fragen bis zu einer «vollen und zufriedenstellenden Lösung» diskutieren, heißt es weiter. Der Zentralrat der Juden in Deutschland sprach von einem ersten guten Signal. Es gehe aber nicht nur um Williamson, sondern um die gesamte Piusbruderschaft und den künftigen Kurs der katholischen Kirche.

Williamson hatte in einem TV-Interview die Ermordung von sechs Millionen Juden durch die Nazis bestritten; die Existenz von Gaskammern leugnete er. Papst Benedikt XVI. habe im Moment der Rücknahme der Exkommunikation nichts von diesen Äußerungen des Lefebvre-Anhängers gewusst, erklärte dazu das zentrale Verwaltungsbüro des Vatikan. Williamsons Thesen zur Judenvernichtung seien «absolut inakzeptabel» und würden vom Papst entschieden zurückgewiesen.

Die Note des Vatikan spricht von der Schoah als einem «schrecklichen Völkermord». Weiter unterstreicht sie die «nicht in Zweifel zu ziehende Solidarität» der Kirche mit den Juden, mit denen Gott seinen ersten Bund geschlossen habe. Das Staatssekretariat betonte, trotz der Rücknahme der Exkommunikation dürften die vier Bischöfe keinerlei Aufgaben in der katholischen Kirche ausüben.

Ebenso wenig habe sich der kirchenrechtliche Status der Piusbruderschaft geändert. Sie sei weiterhin nicht kirchlich anerkannt. Die Aufhebung der Beugestrafe, die sich die Bischöfe mit ihrer Weihe durch den schismatischen Erzbischof Marcel Lefebvre (1905-1991) automatisch zugezogen hatten, solle lediglich eine «Tür zum Dialog» öffnen. Man erwarte jetzt ein entsprechendes Entgegenkommen von den Traditionalisten.

Zollitsch: "Ich bin froh"
In einer Stellungnahme begrüßt der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, die Erklärung des Vatikans. Die Erklärung gebe Klarheit und zeige, "dass für Leugner des Holocaust kein Platz in der katholischen Kirche ist". Der Vatikan habe unmissverständlich klar gemacht, dass er jede Form von Antisemitismus verurteilt. Zollitsch betont, die Pius-Bruderschaft genieße keinerlei rechtliche Anerkennung in der katholischen Kirche. Auch hätten ihre vier Bischöfe weiterhin keine Funktion in der Kirche, noch übten sie rechtmäßig irgendein Amt in ihr aus. Der Erzbischof zeigt sich "froh darüber, dass Kardinal Bertone daran keinen Zweifel lässt". Nun sei ein klarer Widerruf der nicht hinnehmbaren Thesen ist notwendig. Dieser müsse aber durch zusätzliche Klärungen ergänzt werden.

Zentralrat: Widerruf wäre unglaubwürdig
Der Generalsekretär des Zentralrates der Juden, Stephan J. Kramer, sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Bonn, der Schritt des Vatikan gegenüber Williamson reiche nicht aus. Die gesamte Piusbruderschaft stehe für Judenfeindschaft sowie die Ablehnung der Ökumene, der Religionsfreiheit und der Menschenwürde.

Kramer appellierte an den Papst, die Traditionalisten nur dann wieder in die Kirche zu integrieren, wenn sie sich klar und ohne Abstriche zu den Beschlüssen des Zweiten Vatikanischen Konzils bekennen. Zugleich machte er deutlich, dass er sich eine solche Abkehr von der traditionellen Linie der Piusbruderschaft nur schwer vorstellen könne: «Es ist die Frage, wie glaubwürdig eine solche Kehrtwende wäre.»

Auch der Vizepräsident des Zentralrates, Dieter Graumann, äußerte Zweifel, dass es Sinn mache, Williamson zur Rücknahme seiner Behauptungen zu zwingen. Er sagte am Mittwoch dem SWR, der britische Traditionalisten-Bischof vertrete seine Überzeugungen seit vielen Jahren. Es wäre unglaubwürdig, wenn er jetzt davon abrücke. Wichtiger wäre nach den Worten Graumanns, das die katholische Kirche Prioritäten setzt. Sie müsse klären, was ihr wichtiger sei: der Dialog und die weitere Aussöhnung mit den Juden oder die Wiederaufnahme der «erzkonservativen, antisemitischen Pius-Bruderschaft». Der Zentralrat fühle sich auch durch deutsche Bischöfe, Politiker und Laienorganisationen unterstützt, die Kritik an der Entscheidung von Papst Benedikt XVI. geübt hätten.

Weltkongress: Vatikan-Appell ist entscheidendes Zeichen
Der Jüdische Weltkongress (WJC) hat den jüngsten Appell des Vatikan an den Traditionalisten-Bischof und Holocaust-Leugner Richard Williamson begrüßt. «Dies war das Zeichen, auf das die jüdische Welt gewartet hat», erklärte der Präsident der Organisation, Ronald S. Lauder, am Mittwoch in New York. Der Vatikan hatte Williamson zuvor aufgefordert, seine Aussagen «unmissverständlich und öffentlich» zu widerrufen. Ansonsten werde er nicht mit bischöflichen Aufgaben betraut. Der britische Geistliche hatte wiederholt den Umfang des nationalsozialistischen Massenmords an den Juden bestritten.

Der Jüdische Weltkongress repräsentiert die jüdischen Gemeinschaften von 80 Staaten. Seit langem pflegt er enge Beziehungen zur katholischen Kirche.


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