Vatikan sieht die Welt "am Rand des Abgrunds"

Parolin ruft zu Kurswechsel auf

Die Vatikan-Diplomatie ist eine der erfahrensten der Welt und hält Dialoge auch dann aufrecht, wenn andere sie abbrechen. Umso mehr Beachtung findet es, wenn der Chefdiplomat des Papstes, Pietro Parolin, ernste Warnungen ausspricht.

Pietro Parolin / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Pietro Parolin / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

"Wir befinden uns am Rand des Abgrunds. Es gibt derzeit eine Eskalation, die Angst macht." Mit diesen Worten hat der Chefdiplomat des Papstes, Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, am Donnerstagabend die aktuelle Weltlage kommentiert.

Die Zeitung "La Repubblica" (online) zitiert den erfahrenen Außenpolitiker des Papstes weiter mit den Worten: "Wir befinden uns wirklich in einem Augenblick großer Gefahr. Wenn wir jetzt nicht eine Weile auf dem eingeschlagenen Weg innehalten, laufen wir Gefahr, in eine endlose Eskalation hineinzugeraten, und riskieren den Ausbruch eines Krieges größerer Tragweite."

Vergleich mit der Lage von 1914

Papst Franziskus spricht mit dem italienischen Staatspräsidenten Sergio Mattarella / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus spricht mit dem italienischen Staatspräsidenten Sergio Mattarella / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Weiter erklärte die Nummer zwei im Vatikan, er teile die Analyse von Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella (84). Dieser hatte die Situation in Europa nach dem Eindringen russischer Drohnen auf polnisches Territorium mit der Lage vor dem Ersten Weltkrieg 1914 verglichen. Parolin betonte, der Heilige Stuhl tue in dieser Lage alles in seiner Macht Stehende für den Frieden und suche Kontakt mit allen Akteuren.

Zur Eskalation der innenpolitischen Auseinandersetzung in den USA durch die Ermordung des konservativen Influencers Charlie Kirk sagte Parolin: "Wir müssen sehr tolerant und respektvoll mit allen umgehen, auch wenn wir nicht dieselben Meinungen und Gedanken teilen. Wenn wir stattdessen zu Gewalt greifen, haben wir ein großes Problem." Das gelte auf der internationalen Ebene wie auf der nationalen.

Vatikandiplomatie

Der Heilige Stuhl unterhält derzeit diplomatische Beziehungen zu 183 Staaten weltweit. Hinzu kommen die EU und der Souveräne Malteserorden. 88 Staaten sowie die EU und der Malteserorden lassen ihre Botschafter beim Heiligen Stuhl in Rom residieren. Ferner sind die Arabische Liga, die Internationale Organisation für Migration und das UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge UNHCR mit eigenen Gesandten beim Vatikan vertreten.

Vatikanflagge zwischen USA-Flaggen / © Michael Reynolds (dpa)
Vatikanflagge zwischen USA-Flaggen / © Michael Reynolds ( dpa )
Quelle:
KNA