Vatikan ist besorgt über Ermittlungen gegen früheren Bank-Chef

Nach den Untersuchungen

Anfang der Woche untersuchte Italiens Staatsanwaltschaft Räume des früheren Leiters der Vatikan-Bank. Der Kirchenstaat hat nun Stellung genommen – und "Überraschung und Besorgnis" zum Ausdruck gebracht. Unterdessen druckte eine Zeitung wieder vertrauliche Briefe aus dem Vatikan.

 (DR)

Man habe "größtes Vertrauen", dass die italienische Justiz die souveränen Rechte des Heiligen Stuhls in angemessener Weise zur Kenntnis nehme und respektiere, heißt es in einer am Freitagabend verbreiteten Erklärung von Vatikansprecher Federico Lombardi.



Die Staatsanwaltschaft von Neapel hatte am Dienstag eine Wohnung von Ettore Gotti Tedeschi in Piacenza sowie dessen Büroräume in Mailand durchsuchen lassen. Die Durchsuchungen selbst standen zwar im Zusammenhang mit Ermittlungen in einem Korruptionsskandal um das italienische Luftfahrt- und Rüstungsunternehmen Finmeccanica und hatten nach Aussage der Staatsanwaltschaft nichts mit Gotti Tedeschis Tätigkeit für das "Institut für die religiösen Werke" (IOR) zu tun. Es wurden jedoch offenbar auch Dokumente sichergestellt, die seine Tätigkeit für die Vatikanbank betreffen. Daraufhin wurde Gotti Tedeschi am Mittwoch von der römischen Staatsanwaltschaft vernommen, die seit September 2010 wegen des Verdachts auf Verstoß gegen europäische Anti-Geldwäsche-Vorschriften gegen ihn ermittelt. Der Vatikan fürchtet nun offenbar, dass vertrauliche Dokumente seiner Behörden von der italienischen Staatsanwaltschaft ausgewertet werden könnten.



Vertrauliche Briefe in Zeitung

In der Erklärung sprach Lombardi den IOR-Mitarbeitern zudem sein "volles Vertrauen" aus. Diese widmeten sich ihrer Aufgabe mit "Professionalität". Eventuelle Verletzungen ihrer Rechte sowie der Rechte der IOR-Organe würden vom Vatikan mit größter Sorgfalt geprüft.  Lombardi stellte zudem klar, dass das Misstrauensvotum des IOR-Aufsichtsrats gegen Gotti Tedeschi vor gut zwei Wochen nichts mit einem angeblichen Widerstand von dessen Seite gegen eine größere Transparenz des IOR zu tun habe. Ausschlaggebend für die Entscheidung seien vielmehr "objektive Gründe" gewesen, die mit der Führung des Geldinstituts zusammenhingen, heißt es in der Erklärung.



Unterdessen veröffentlichte die italienische Tageszeitung "Il Fatto Quotidiano" (Samstag) drei vertrauliche Dokumente aus dem Vatikan, die Gotti Tedeschi betreffen. Es handelt sich um Briefe der IOR-Aufsichtsratsmitglieder Carl Anderson und Ronaldo Hermann Schmitz an Kardinalstaatsekretär Tarcisio Bertone sowie ein psychologisches Gutachten über Gotti Tedeschi. Anderson teilte Bertone in dem im Mai verfassten Schreiben mit, dass der Banker aus seiner Sicht unfähig sei, das Institut zu leiten. Im gleichen Sinne äußerte sich Schmitz in einem Schreiben vom 22. Mai an Bertone. Das Gutachten eines italienischen Psychologen, der nach Angaben von "Il Fatto Quotidiano" regelmäßig die Mitarbeiter IOR betreut, bescheinigt Gotti Tedeschi Narzissmus und Egozentrik. Es soll laut der Zeitung auch an das vatikanische Staatssekretariat geschickt worden sein.