Die wichtigsten Etappen der "Vatileaks"-Affäre

"Heute müssen wir gute Nerven haben"

Eine Serie von Indiskretionen und Veröffentlichungen interner Dokumente lässt den Vatikan nicht zur Ruhe kommen. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) zeichnet die Stationen der Affäre "Vatileaks" nach.

 (DR)

25. Januar: Der italienische TV-Sender "La7" zitiert aus Briefen des ehemaligen Generalsekretärs der Leitung des Vatikanstaats, Erzbischof Carlo Maria Vigano, an Papst Benedikt XVI. Demnach prangerte Vigano im März 2011 Korruption und Vetternwirtschaft im Vatikan an. Verantwortlich für die Sendung "Gli Intoccabili" ist Gianluigi Nuzzi, ein investigativer Journalist.



26. Januar: Vatikansprecher Federico Lombardi nennt die Behauptungen "Desinformationen".



4. Februar: Das vatikanische Governatorat legt eine Erklärung nach:

Die Korruptionsvorwürfe beruhten auf "falschen Einschätzungen und unbegründeten Ängsten". Die Bilanzen würden von der vatikanischen Finanzaufsicht geprüft.



10. Februar: Die Zeitung "Il Fatto Quotidiano" veröffentlicht ein anonymes, auf Deutsch verfasstes Dossier, laut dem Palermos Kardinal Paolo Romeo von einem innervatikanischen Komplott gegen den Papst berichtet haben soll. Das Dokument soll über Kardinal Dario Castrillon Hoyos ins Staatssekretariat gelangt sein. Vatikansprecher Lombardi spricht von einem "reinen Phantasieprodukt".



13. Februar: Lombardi vergleicht die Indiskretionen mit WikiLeaks:

"Heute müssen wir gute Nerven haben, denn es gibt nichts, über das man sich noch wundern könnte. Die amerikanischen Behörden hatten WikiLeaks, und der Vatikan hat jetzt seine eigenen Leaks."



28. Februar: "Il Fatto Quotidiano" veröffentlicht einen Brief von Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone vom März 2011, mit dem dieser im Namen des Papstes den Mailänder Kardinal Dionigi Tettamanzi von der Leitung des finanziell bedeutenden Instituts Giovanni Toniolo entpflichtet. Nach Rücksprache Tettamanzis mit dem Papst war die Entscheidung gekippt.



17. März: Der Vatikan gibt bekannt, seinen Staatsanwalt Nicola Picardi mit Ermittlungen zu den durchgesickerten Informationen beauftragt zu haben.



25. April: Benedikt XVI. richtet eine Aufklärungskommission aus drei penisionierten Kardinälen ein. Der frühere vatikanische Justizminister Julian Herranz (82) sowie Jozef Tomko (88) und Salvatore Giorgi (81) sollen die Drahtzieher ermitteln.



17. Mai: Die Zeitung "Libero" veröffentlicht vorab Auszüge aus Nuzzis "Sua Santita", einer Dokumentation interner vatikanischer Papiere. Das Buch erscheint zwei Tage darauf und findet breite Resonanz.



19. Mai: Der Vatikan kündigt ein gerichtliches Vorgehen gegen die Informanten an. Die Publikation sei eine "objektiv verleumderische journalistische Initiative".



24. Mai: Der Aufsichtsrat der Vatikanbank IOR entzieht seinem Vorsitzenden Ettore Gotti Tedeschi das Vertrauen. Als Grund werden Mängel in der Amtsführung genannt, Kommentatoren vermuten Spannungen mit Bertone. Zwei Tage später gelangt das Protokoll der Aufsichtsratssitzung an die Presse. Unklar bleibt zunächst, ob der übergeordnete Kardinalsrat der Entlassung zustimmt.



25. Mai: Vatikansprecher Lombardi teilt nähere Angaben mit, die Gendarmerie habe einen Verdächtigen im Fall "Vatileaks".

Italienische Medien nennen den Namen: Paolo Gabriele, Kammerdiener des Papstes. Er wurde bereits zwei Tage zuvor festgenommen.



30. Mai: Erstmals äußert sich Benedikt XVI. öffentlich zu der

Affäre: Er spricht von "völlig aus der Luft gegriffenen" Unterstellungen und bekräftigt sein Vertrauen in die engsten Mitarbeiter.



1. Juni: Der Papst reist zum Welttreffen katholischer Familien in Mailand. Dort zeigt er sich im Schulterschluss mit Kardinalstaatssekretär Bertone und Privatsekretär Gänswein.



3. Juni: Die Zeitung "La Repubblica" druckt drei weitere Dokumente

ab: zwei Briefe von Gänswein und ein Schreiben von Kurienkardinal Raymond Leo Burke. Der Inhalt der Gänswein-Briefe ist unkenntlich gemacht, die Zeitung kündigt aber an, ihn gegebenenfalls zu veröffentlichen.



5. Juni: Gabriele wird vom vatikanischen Untersuchungsrichter Piero Antonio Bonnet verhört. Lombardi dementiert, dass es ein Amtshilfeersuchen an Italien gebe.