DOMRADIO.DE: Wenn man an die Schweizergarde denkt, haben die meisten das Bild der blau-gelb gestreiften Uniform mit der Pluderhose und dem Helm mit dem roten Federbusch vor Augen. Sieht die Uniform jetzt anders aus?
Nersinger: Nein, da muss niemand Angst haben – die klassische Uniform bleibt unverändert, vom einfachen Gardisten bis zum Kommandanten. Es gibt lediglich eine neue Variante, die allerdings nur die Offiziere betrifft. Eigentlich ist sie auch nicht neu, sondern eine Wiederaufnahme einer früheren Tradition. Der damalige Kommandant Daniel Anrig hatte diese Neuerung schon vor etwa zehn Jahren initiiert. Es handelt sich also um eine sogenannte Repräsentationsuniform.
DOMRADIO.DE: Also nicht neu, aber für viele ungewohnt. Wie genau sieht diese Uniform denn aus?
Nersinger: Die neue Uniform besteht aus einer Jacke und einer Hose aus Wolle. Farblich geht sie von einem tiefen Blau in ein Schwarz über. Sehr elegant! Die Jacke hat zwei Reihen goldener Knöpfe und wird mit einem gelb-weißen Gürtel in den päpstlichen Farben geschlossen. Der Kragen ist ein sogenannter Mao-Kragen, also ein Rundkragen. Auf dem Kopf tragen die Offiziere einen Tschaco, also eine Art Käppi, das mit den päpstlichen Insignien – der Tiara und den gekreuzten Schlüsseln – verziert ist.
DOMRADIO.DE: Das klingt sehr edel. Stimmt es, dass diese Uniform rund 2000 Euro kostet?
Nersinger: Ja, diese Summe wurde genannt. Finanziert wurde das Projekt über Sponsoring, vor allem durch Spender aus der Schweiz. Man braucht also keine Sorge haben, dass die vatikanische Kasse dadurch belastet wird.
DOMRADIO.DE: Was lässt sich an dieser neuen Uniform im Hinblick auf Vergangenheit und Zukunft ablesen?
Nersinger: Sie ist Ausdruck eines gewissen Selbstbewusstseins. Die Offiziere hatten bislang für Empfänge und offizielle Anlässe keine eigene Uniform und traten häufig in ziviler Kleidung auf – im Italienischen sagt man dazu borghese. Dabei fühlten sie sich wohl manchmal etwas "nackt", also nicht passend gekleidet. Deshalb suchte man nach einer Lösung und griff auf ein historisches Vorbild zurück, die sogenannte Anticamera-Uniform. Diese trug man bis in die 1970er Jahre bei weniger feierlichen Anlässen im päpstlichen Umfeld oder bei gesellschaftlichen Veranstaltungen.
DOMRADIO.DE: Welche Bedeutung haben Uniformen generell im Vatikan?
Nersinger: Eine sehr große. Uniformen stehen im Vatikan immer in engem Zusammenhang mit dem Dienst, den die jeweilige Garde für den Papst versieht. Ich erinnere etwa an die Nobelgarde, eine aristokratische Garde, die 1970 aufgelöst wurde. Deren Uniform durfte nur in Anwesenheit des Papstes oder während einer Sedisvakanz – also wenn der Heilige Stuhl unbesetzt war – getragen werden. Bei der Schweizergarde war es ähnlich. Die Uniform durfte im Vatikan und auf exterritorialen Gebieten getragen werden, außerhalb nur zu bestimmten Anlässen in der Schweiz. Außerdem werden diese Uniformen streng geschützt. Sie dürfen zum Beispiel nicht verkauft werden. Der Vatikan hat dafür klare Regelungen.
DOMRADIO.DE: Was passiert mit den Uniformen, wenn sie nicht mehr getragen werden? Werden sie ausgestellt?
Nersinger: Ja, zum Teil. Sie können etwa der Vereinigung der ehemaligen Schweizergardisten übergeben werden. Ehemalige Gardisten dürfen ihre Uniform zu bestimmten offiziellen Anlässen in der Schweiz tragen. Manche lassen sich sogar in ihrer Uniform beisetzen. Das zeigt sehr deutlich, welch hohen ideellen Wert die Uniform hat und welche Bedeutung sie vermittelt.
Das Interview führte Lara Burghardt.