Vatikan bleibt in der Kritik - Bischofskonferenz lädt Vertreter der Juden zum Gespräch ein

"Der Verbundenheit versichern"

Die Kritik am Vatikan reißt trotz dessen Klarstellung zur Begnadigung des Traditionalistenbischofs und Holocaust-Leugners Richard Williamson nicht ab. Der Zentralrat der Juden in Deutschland verlangte am Donnerstag erneut eine völlige Abkehr der Kirche von der Piusbruderschaft. Die Vatikan-Reaktion sei "verglichen mit dem, was nötig ist, ein Trippelschritt". Bundeskanzlerin Merkel sieht in der Klarstellung des Vatikan dagegen ein "wichtiges und gutes Signal". Die Deutschen Bischofskonferenz lädt nun Vertreter des Zentralrats zu einem klärenden Gespräch ein.

 (DR)

Die katholische Deutsche Bischofskonferenz will den Schaden mindern, der wegen der Papst-Debatte im Verhältnis zum Zentralrat der Juden entstanden ist. Deshalb habe der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, den Zentralrat zu einem klärenden Gespräch eingeladen, sagte die Pressestelle der Deutschen Bischofskonferenz dem domradio auf Anfrage. In einem Brief an Generalsekretär Stephan Kramer heiße es: «Die Diskussion der zurückliegenden Tage beweist, dass man sich der Gemeinsamkeiten und der Verbundenheit versichern sollte, statt von einer Unfähigkeit zum Dialog auszugehen.»

In dem Schreiben wird den Angaben zufolge ferner unterstrichen: «Der Zentralrat und die Deutsche Bischofskonferenz sollten sich in nicht ferner Zukunft persönlich treffen. Erzbischof Zollitsch lädt jedenfalls zu einer solchen Begegnung in Freiburg ein.»

"Beleidigung an alle gutwilligen intelligenten Menschen"
Zentralrats-Generalsekretär Stephan Kramer hatte gesagt, dass der Vatikan die Widerrufs-Aufforderung an Williamson als Lösung des Konflikts anbiete, sei «eine Beleidigung an alle gutwilligen intelligenten Menschen, die zur Zusammenarbeit mit der katholischen Kirche bereit sind». Ohne eine vollständige Abkehr des Vatikans von der Piusbruderschaft könne es keinen partnerschaftlichen Dialog zwischen Juden und Kirche geben. Kramer äußerte die Befürchtung, der Papst wolle einen Kurswechsel der gesamten Kirche hin zum Fundamentalismus vollziehen.

Auch der Vizepräsident des Zentralrats, Dieter Graumann, hofft auf weitere Zeichen aus Rom. Die Vatikan-Reaktion sei «verglichen mit dem, was nötig ist, ein Trippelschritt». Wichtig sei, die «falsche Entscheidung», die Piusbruderschaft wieder in die Kirche aufzunehmen, rückgängig zu machen. Die Gruppe sei antisemitisch, fundamentalistisch und fanatisch.

Der Erzbischof von München und Freising, Reinhard Marx, wies die Forderung nach weiteren Schritten zurück: »Es gibt doch eine deutliche Erklärung des Vatikans, der von den Traditionalisten die Anerkennung von 'Nostra aetate' einfordert, jenem Konzilsdokument, das die besondere Beziehung der Kirche zu den Juden betont.« Der Papst habe deutlich Stellung genommen gegen jede Leugnung des Holocaust. Damit sei »alles gesagt«. Auch der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick mahnte ein Ende der Debatte an. Der Vatikan habe »nach den Turbulenzen« alles erklärt. »Nun müssen die Kritik und die Spekulationen, die verständlich, aber auch überzogen waren, beendet sein.«

Die Union bemühte sich unterdessen nach dem Wirbel um die Kritik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Papst um eine Beruhigung der Lage. Merkel sprach mit dem Vorsitzenden der baden-württembergischen CDU-Landesgruppe in der Unions-Fraktion, Georg Brunnhuber, über dessen Treffen mit Benedikt XVI. Brunnhuber betonte nach dem Gespräch mit Merkel: «Wir beide haben sicherlich kein Interesse, die aktuelle Diskussion in der Öffentlichkeit weiterzuführen.» Auch die Kanzlerin sei mit der von dem Vatikan an den Traditionalistenbischof Williamson gerichteten Widerrufs-Forderung einverstanden.

Merkel: Gutes Signal
Merkel selbst sieht in der Klarstellung des Vatikan zur Begnadigung des Traditionalistenbischofs und Holocaust-Leugners Richard Williamson ein «wichtiges und gutes Signal». Dieser Schritt mache deutlich, dass eine Leugnung des Holocaust nie im Raum stehenbleiben könne, sagte die Kanzlerin am Donnerstag in Berlin. Durch das Signal aus Rom sei man in der Diskussion ein Stück vorangekommen.

Brunnhuber, der am Mittwoch bei einer Generalaudienz mit dem Papst gesprochen hatte, hatte zuvor gesagt: «Im Vatikan ist man über die Diskussion in Deutschland geradezu entsetzt.» Merkel hatte am Dienstag gemahnt, vom Papst müsse sehr eindeutig klargestellt werden, dass es keine Leugnung des Holocaust geben könne. Mehrere Bischöfe und CSU-Politiker kritisierten daraufhin die Kanzlerin. Der baden-württembergische Grünen-Fraktionschef Winfried Kretschmann wies die Attacken auf Merkel dagegen als »vollkommen unangebracht« zurück. Es sei ihre »Pflicht« gewesen, zu dem Thema Stellung zu beziehen, sagte das Mitglied des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken (ZdK).

Der Distriktobere der traditionalistischen Piusbruderschaft in Deutschland, Franz Schmidberger, sprach sich unterdessen gegen einen gleichberechtigten Dialog mit den Juden aus. Dadurch könne eine falsche Botschaft gegeben werden. Das heutige Judentum sei kein Heilsweg