USA drängen zu mehr Afghanistan-Engagement - Verteidigungsminister Jung lehnt ab

Scharfer Brief, prompte Antwort

Zwischen den USA und der Bundesregierung bahnt sich ein Streit um den Afghanistan-Einsatz an. Washington hatte in einem ungewöhnlich scharf formulierten Brief eine Erweiterung des Bundeswehreinsatzes gefordert. Verteidigungsminister Jung hat prompt geantwortet - und lehnt ab.

 (DR)

Jung gab seine Entscheidung heute in Berlin bekannt. Damit beschied die Bundesregierung die US-Bitte nach der Entsendung von deutschen Kampftruppen in den Süden abschlägig. An eine Änderung des bestehenden Bundestagsmandats zum Afghanistan-Einsatz werde innerhalb der Bundesregierung "nicht gedacht", sagteRegierungssprecher Ulrich Wilhelm in Berlin. Grundlage des Bundeswehreinsatzes sei das bestehende Mandat.

Zuvor hatte auch schon Außenminister Frank-Walter Steinmeier die Forderung von US-Verteidigungsminister Robert Gates nach einem Einsatz von Bundeswehrsoldaten im umkämpften Süden Afghanistans abgelehnt.

"Wir haben ein Auge auf die deutschen Gebirgsjäger geworfen"
Die USA sind im Rahmen ihrer von Deutschland geforderten Truppenverstärkungen in Afghanistan offenbar besonders an dem Einsatz von Gebirgsjägern der Bundeswehr interessiert. Der amerikanische Verteidigungsminister Robert Gates hatte Deutschland in einem offenbar ungewöhnlich scharf formulierten Brief und andere NATO-Partner zuvor aufgefordert, ihre Truppen in Afghanistan zu aufzustocken.

Warum jetzt dieser Brief? Thomas Bauer vom Centrum für angewandte Politikforschung in München verweist im domradio-Interview auf bevorstehende Treffen der NATO-Staaten. "Afghanistan ist das entscheidende Thema die Handlungsfähigkeit der NATO betreffend."

Die geplante Entsendung eines deutschen Kampfverbandes mit 250 Infanteriesoldaten würden Gates nicht ausreichen, erklärte ein hoher US-Offizier. "Wir haben ein Auge auf die deutschen Gebirgsjäger geworfen, die sich für den Kampf gegen die Taliban in ihren Verstecken im Hochgebirge des Hindukusch besser eignen als andere Soldaten", unterstrich der Offizier gegenüber der Nachrichtenagentur ddp.

"Das ist ein sehr brisantes Thema"
In Militärkreisen wird bereits an rund 1000 Gebirgsjäger der Bundeswehr gedacht, die zusätzlich nach Afghanistan geschickt werden könnten. "Das ist ein sehr brisantes Thema, weil es in der Politik dagegen starken Widerstand geben dürfte", sagte ein deutscher Offizier. Gates hatte die Bundesregierung aufgefordert, ein neues Mandat für den erweiterten deutschen Einsatz im Bundestag durchzusetzen.

Die Gebirgsjäger seien unter schwierigsten Bedingungen auch im Winter zum Kampf gegen die Taliban geeignet, hieß es. Sie seien besonders zum Kampf Mann gegen Mann trainiert und könnten sich in voller Ausrüstung auf Skiern bewegen. "Damit könnten wir die Forderung von Gates zum deutschen Einsatz im Süden Afghanistans umgehen", wurde von deutschen Offizieren unterstrichen.