UNICEF im domradio zur Flutkatastrophe in Südasien

"Es fehlt den Menschen an Allem"

Am Montag brach in den Flutgebieten in Indien, Bangladesch und Nepal nach fast einer Woche exzessiver Niederschläge erstmals die Sonne wieder durch die Monsun-Wolkendecke. Doch die Behörden können noch lange keine Entwarnung geben. Millionen von Menschen sind weiter auf Hilfe angewiesen. "Eine Tragödie", sagt UNICEF-Sprecher Rudi Tarneden im domradio-Interview: "Es fehlt den Menschen an Allem." Spenden sind dringend notwendig.

 (DR)

Schwerste Auswirkungen eines Monsuns seit Menschengedenken
Das Haus steht bis zu den Fenstern im zweiten Stock unter Wasser. Auf das Flachdach haben sich 14 Kinder, Frauen und Männer mit Töpfen, Eimern und Kleidungsstücken gerettet. Weit und breit ist kein Land in Sicht, nur eine riesige Wasserwüste. Das Foto in der indischen Zeitung "The Hindu" macht die dramatische Lage deutlich, in die Millionen von Menschen in Südasien durch den heftigen Monsun geraten sind.

Mindestens 1.400 Tote hat der Monsun nach offiziellen indischen Angaben seit Juni gefordert. Allein in der vergangenen Woche meldeten die drei Länder 297 Todesfälle: die Menschen ertrinken, werden von Erdrutschen mitgerissen, von giftigen Schlangen gebissen oder von einstürzenden Häusern erschlagen. Heftige Gewitterstürme und sintflutartige Regenfälle ließen Uferbefestigungen bersten und Flüsse über die Ufer treten. Ganze Landstriche sind überschwemmt. Das UN-Kinderhilfswerk UNICEF spricht von den schwersten Auswirkungen eines Monsuns seit Menschengedenken.

Der Monsun wird in Südasien ersehnt und gefürchtet. Nach den mörderischen Sommertemperaturen warten die Menschen auf die Regenzeit. Ohne sie wäre Landwirtschaft nicht möglich. Doch immer ist auch die Angst da, dass der Monsun verheerende Folgen für Menschen und Natur haben kann. Wie viele Menschen in Südasien derzeit unter den heftigen Regenfällen leiden, lässt sich nur schätzen - es können 25, 35 oder sogar 50 Millionen sein.

"Wir beten zu Gott, dass er dieses Desaster stoppt"
Die Opfer suchen Schutz auf Dächern oder Bäumen, haben Zuflucht auf Eisenbahndämmen oder Schnellstraßen gefunden, Tausende sind in Notlagern untergekommen. Oder sie kampieren auf einem trockenen Flecken Erde im Freien. "Wir beten zu Gott, dass er dieses Desaster stoppt", sagt Maiku Lal, ein Kleinhändler im indischen Bundesstaat Bihar.

Allein in Bihar leiden nach Schätzungen zehn Millionen Menschen in 17 Distrikten unter dem Hochwasser und dessen Folgen. 70.000 Häuser wurden zerstört oder so beschädigt, dass sie unbewohnbar sind. Auf einer Länge von 17 Metern brachen die Uferbefestigungen des Flusses Burhi Gandak, eine Flutwelle von bis zu vier Metern Höhe war die Folge.

Die Behörden befürchten den Ausbruch von Epidemien
Im indischen Bundesstaat Assam mussten 5,5 Millionen Menschen ihre Siedlungen verlassen. Auf 344.000 Hektar Ackerland wurde die Ernte zerstört. 5.300 Dörfer sind überflutet. Die Behörden befürchten den Ausbruch von Epidemien. Bereits jetzt leiden zahlreiche Menschen unter Durchfällen und Hauterkrankungen. Dutzende Armeehubschrauber sind im Einsatz, um Menschen zu retten und Hilfsgüter zu verteilen.

In Bangladesch stehen weite Teile des Landes unter Wasser. Allein in der vergangenen Woche kamen 81 Menschen ums Leben, seit Juni waren es mehr als 200. Auf 2,5 Millionen Hektar wurde die Ernte zerstört, 300.000 Notleidende werden in Lagern versorgt. 600 medizinische Teams sind unterwegs. In Nepal sind nach offiziellen Angaben 91 Tote zu beklagen. Weite Gebiete in der südlichen Terai-Region sind überschwemmt.

Spenden für die Opfer der Überschwemmungen in Südasien - die Spendenkonten der Hilfsorganisationen im Überblick