UNESCO berät erneut Bauvorhaben im Welterbetal

Neue Runde im Brückenstreit

Um die historische Sternwarte im indischen Jaipur wird es gehen, wenn sich UNESCO-Vertreter aus aller Welt zur Welterbe-Jahreskonferenz in Brasilia treffen. Die tadschikischen Pamirberge und das Bikini-Atoll werden womöglich in die Liste des Welterbes aufgenommen. Auch die rheinland-pfälzische Landesregierung schickt eine Delegation nach Brasilien.

Autor/in:
Karsten Packeiser und Marlene Grund
 (DR)

Die UNESCO könnte dort vom 25. Juli bis 3. August endgültig grünes Licht geben für den seit Jahrzehnten geplanten Bau einer Brücke im Mittelrheintal. Brückengegner rechnen nicht mit einer schnellen Entscheidung.

"Alles, was wir vorlegen sollten, liegt vor", sagt Walter Schumacher (SPD), Kulturstaatssekretär und Welterbebeauftragter der Landesregierung. Neue Gutachten des Aachener Instituts für Städtebau und Landesplanung sollen belegen, dass der geplante Brückenbau den Welterbestatus der Region nicht beeinträchtigt und es keine sinnvolle Alternative zu der Brücke gibt. Die Aachener hatten bereits ein Gutachten zur umstrittenen Dresdener Waldschlösschenbrücke erstellt - und kamen dabei zu dem gegenteiligen Ergebnis, der Bau sei nicht mit dem Welterbestatus vereinbar. Zu den Erfolgsaussichten der rheinland-pfälzischen Delegation will sich Schumacher im Vorfeld dennoch nicht äußern.

Das romantische Mittelrheintal mit seinen Schlössern und Burgruinen ist seit 2002 Welterbestätte. Die Städte entlang des Tals haben weiterhin mit ernsten wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen. Orte wie Kaub haben innerhalb weniger Jahrzehnte mehr als die Hälfte ihrer Bevölkerung verloren. Bislang gibt es zwischen Mainz und Koblenz auf über 80 Kilometer Stromlänge keine feste Querung. Die Landesregierung will mit einer Brücke bei St. Goar und St. Goarshausen, wenige Kilometer nördlich des Loreley-Felsens, Unternehmen und Pendlern das Leben leichter machen. Ein Debakel wie in Dresden, dem der Welterbetitel 2009 aberkannt wurde, wollen die Verantwortlichen in Rheinland-Pfalz auf jeden Fall vermeiden.

Umweltschützer laufen weiter Sturm
Während alle Mainzer Landtagsfraktionen das Projekt unterstützen, laufen Umweltschützer und die rheinland-pfälzischen Grünen weiter Sturm gegen die Mittelrheinbrücke. "Wir stehen zu den Fähren und wollen, dass sie als Kulturgut erhalten bleiben", sagt Grünen-Landesvorstandssprecherin Eveline Lemke. Schon verlängerte Betriebszeiten könnten die Situation der Menschen im Tal bei geringen Investitionen sofort spürbar verbessern. Überfahrten sollten für Anwohner grundsätzlich kostenlos sein, für Touristen sollte es nach Vorstellung der Umweltorganisation BUND Bonuskarten geben.

Die Landesregierung hat der UNESCO ein Gutachten vorgelegt, dem zufolge der erweiterte Fährbetrieb "bei gleicher Kapazitätsleistung und Lebensdauer" doppelt so hohe Kosten verursachen würde wie ein Brückenbau. "Das kommt uns schon merkwürdig vor", meint BUND-Landesgeschäftsführer Erwin Manz. Seiner Ansicht nach dürften die Kosten des Fährbetriebs zu hoch und der Brückenbau mit 40 Millionen Euro deutlich zu niedrig eingeschätzt worden sein. Kulturstaatssekretär Schumacher wiederum zweifelt an der Kritik, ein Brückenbau werde die Fähren am Mittelrhein zwangsläufig in die Pleite treiben. "Das sind alles nur Behauptungen", wiegelt er ab.

"Keiner weiß jedoch genau, ob es zu einer Entscheidung kommen wird", sagt Michael Petzet, Brückengegner und Präsident der brückenkritischen Organisation für Denkmalpflege Icomos. Zwischen St. Goar und St. Goarshausen gerate ein universeller Wert in Gefahr, warnt er: "Wer auf Tourismus im Weltkulturerbe setzt, darf nicht für die Brücke sein." Auch die Grünen-Politikerin Lemke glaubt nicht, dass in Brasilia tatsächlich eine endgültige Entscheidung in Sachen Mittelrheintal fallen wird. "Wir gehen von einem salomonischen Urteil aus", meint sie. Die Landesregierung werde wohl noch weitere Papiere für das Welterbekomitee erstellen müssen.

Das UNESCO-Welterbekomitee entscheidet jedes Jahr über die Aufnahme von neuen Kultur- und Naturstätten in die Welterbeliste. Seine 21 Mitglieder vertreten 21 Staaten aus allen Kontinenten. Das Komitee überprüft auch, ob Welterbestätten in ihrem Bestand gefährdet sind. Kriterien für die Anerkennung als UNESCO-Welterbe sind der außergewöhnliche universelle Wert der Stätte sowie ein Managementplan, der die Erhaltung sicherstellt.