Ukrainischer Bischof beklagt durch Drohnen-Surren permanente Angst

"Psychisch sehr belastend"

Die psychische Belastung der Menschen in der Ukraine ist wegen Russlands Angriffskrieg sehr groß, wie der Bischof von Charkiw sagt. Insbesondere das ständige Drohnen-Surren sei belastend. Im Winter sei eine Hilfe besonders wichtig.

Ein Anwohner inspiziert den mit Trümmern bedeckten Hof eines durch einen russischen Drohnenangriff zerstörten Hauses in einem Wohngebiet im Bezirk Odessa / © Nina Liashonok/Ukrinform (dpa)
Ein Anwohner inspiziert den mit Trümmern bedeckten Hof eines durch einen russischen Drohnenangriff zerstörten Hauses in einem Wohngebiet im Bezirk Odessa / © Nina Liashonok/Ukrinform ( dpa )

Fast vier Jahre nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine leidet die dortige Bevölkerung nach den Worten eines katholischen Bischofs vielfach an Traumata. Die psychische Belastung der Soldaten wie auch der Zivilbevölkerung sei hoch, sagte Pawlo Hontscharuk, Bischof von Charkiw im Osten der Ukraine, dem päpstlichen Hilfswerk "Kirche in Not". Dies teilte die Organisation am Mittwoch in München mit. "Wir tragen so viel Schmerz in uns, aber wir wissen, dass wir weiterleben müssen", so Hontscharuk. "Wir leben von einem Tag zum nächsten."

Besonders belastend sei das ständige Surren von Drohnen, ergänzte der Bischof. Es sei so konstant, dass die Menschen schon Angst hätten, wenn sie es nicht mehr hörten. "Die größte Gefahr für uns ist die Stille. Wenn es ruhig ist, wissen wir nicht, was als Nächstes passieren wird." Am schlimmsten seien Glasfaser-Drohnen, die eine Reichweite von 50 Kilometern hätten. "Sie schießen auf alles, was sich bewegt und lebt. Wir leben in ständiger Anspannung."

Foto vom März 2024 in Charkiw: Ein Mann radelt nach einem russischen Angriff an einem Elektrizitätswerk vorbei. / © Yevhen Titov/AP (dpa)
Foto vom März 2024 in Charkiw: Ein Mann radelt nach einem russischen Angriff an einem Elektrizitätswerk vorbei. / © Yevhen Titov/AP ( dpa )

Angriffe auf die Stromversorgung

Deshalb seien Trauma-Therapie-Kurse wichtig, so Bischof Hontscharuk. "Ich selbst und alle Priester und Schwestern erhalten eine kontinuierliche psychologische Ausbildung. Das ist wichtig, um Menschen bei psychischen Problemen, familiären Spannungen, Gewalt und Selbstmordprävention zu unterstützen", erklärte Hontscharuk.

Die Ukraine ist laut Mitteilung derzeit das Hauptförderland von "Kirche in Not". Im vergangenen Jahr hat das Hilfswerk demnach dort mehr als 300 Projekte mit knapp 8,5 Millionen Euro unterstützt. Besonders wichtige Hilfen sind Bischof Hontscharuk zufolge Generatoren. Denn russische Streitkräfte griffen oft gezielt die Stromversorgung an, vor allem im Winter. "Ohne Generatoren gibt es keine Heizung - ohne diese Hilfe könnten wir nicht leben."

Christliche Kirchen in der Ukraine

Die kirchlichen Verhältnisse in der Ukraine sind komplex. Rund 70 Prozent der 45 Millionen Ukrainer bekennen sich zum orthodoxen Christentum. Sie gehören allerdings zwei verschiedenen Kirchen an: der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche (UOK) des Moskauer Patriarchats und der autokephalen (eigenständigen) Orthodoxen Kirche der Ukraine (OKU). Zudem gibt es eine römisch-katholische Minderheit mit rund einer Million Mitgliedern sowie die mit Rom verbundene (unierte) griechisch-katholische Kirche der Ukraine.

Das Heilige Feuer aus Jerusalem am 18. April 2020 im Kiewer Höhlenkloster Petscherska Lawra, Hauptsitz der ukrainisch-orthodoxen Kirche Moskauer Patriarchats. / © Sergey Korovayny (KNA)
Das Heilige Feuer aus Jerusalem am 18. April 2020 im Kiewer Höhlenkloster Petscherska Lawra, Hauptsitz der ukrainisch-orthodoxen Kirche Moskauer Patriarchats. / © Sergey Korovayny ( KNA )
Quelle:
KNA