Tote nach Schüssen bei Zeugen Jehovas

Aufruf zum Gebet

Bei Schüssen in einem Gebäude der Zeugen Jehovas im Hamburger Stadtteil Alsterdorf sind am Donnerstagabend acht Menschen getötet und mehrere verletzt worden. Politiker zeigen sich entsetzt. Das Erzbistum Hamburg ruft zum Gebet auf.

Hamburg: Polizisten stehen vor einem Gebäude der Zeugen Jehovas / © Jonas Walzberg (dpa)
Hamburg: Polizisten stehen vor einem Gebäude der Zeugen Jehovas / © Jonas Walzberg ( dpa )

Bei der Tat im Stadtteil Groß Borstel gab es am Donnerstagabend laut Polizei mehrere Tote und Verletzte. In der Nacht hieß es, in einem Gemeindehaus sei eine leblose Person aufgefunden worden, bei der es sich um den Täter handeln soll.

Polizist in Spezialausrüstung im Einsatz in Hamburg / © Jonas Walzberg (dpa)
Polizist in Spezialausrüstung im Einsatz in Hamburg / © Jonas Walzberg ( dpa )

Zunächst wurde nach weiteren mutmaßlich an der Tat Beteiligten gefahndet. Am frühen Morgen meldete die Polizei, sie gehe nach aktuellem Sachstand von einem Täter aus.

Mutmaßlicher Schütze war ehemaliges Mitglied der Zeugen Jehovas

Inzwischen haben die Hamburger Behörden am Freitag erste Ermittlungsergebnisse bekanntgeben. Demnach handelt es sich bei dem mutmaßlichen Schützen um ein ehemaliges Mitglied der Glaubensgemeinschaft. Der 35-Jährige sei am Donnerstagabend in die Gemeinderäume im Stadtteil Groß Borstel eingedrungen, wo rund 50 Gäste zu einer Veranstaltung versammelt gewesen seien. Dort habe er sieben Menschen und anschließend sich selbst erschossen. Acht weitere Menschen seien zum Teil schwer verletzt worden. Unter den Toten befinde sich auch ein ungeborenes Kind.

Der mutmaßliche Täter ist den Angaben zufolge bisher nicht polizeilich in Erscheinung getreten. Er habe die Hamburger Gemeinde der Zeugen Jehovas vor anderthalb Jahren "freiwillig, aber nicht im Guten" verlassen. Es gebe Hinweise auf eine psychische Erkrankung des mutmaßlichen Täters. Er habe die Tat mit einer Waffe begangen, die er legal als Sportschütze besessen habe. Einen terroristischen Hintergrund schließen die Behörden ersten Erkenntnissen nach aus.

Erzbistum ruft zum Gebet auf

Die katholische Kirche in Hamburg rief am Abend zu Gebeten für die Opfer und deren Angehörige auf. Auf Twitter schrieb das Erzbistum Hamburg unter anderem: "In Hamburg sind mehrere Menschen Opfer eines brutalen Verbrechens geworden. Vieles ist noch unklar. Wir sind erschüttert. Gemeinsam beten wir."

Man sei an diesem Abend erschüttert und schockiert, hieß es weiter: "Heute Abend sind wir bei denen, deren Leben sich innerhalb eines kurzen Augenblicks geändert hat. Wir sind bei denen, die verletzt sind und bei denen, die aus dem Leben gerissen wurden."

Erzbischof Heße bekundet Beileid

Nach den tödlichen Schüssen in Hamburg hat auch Erzbischof Stefan Heße den Angehörigen der Opfer sein Beileid ausgesprochen. "Meine Gedanken und Gefühle gehen jetzt zu all denen, natürlich zu den Toten, aber auch zu denen, die sie hinterlassen, aber auch zu denen, die jetzt ihnen zur Seite stehen", sagte Heße in einer am Freitag veröffentlichten Videobotschaft.

"Ich denke an die Notfallseelsorger und Seelsorger und viele Menschen, die jetzt versuchen, Trost und Hoffnung zu spenden, aber auch zur Polizei und allen, die jetzt ermitteln", so Heße weiter. Er sprach von einer schwierigen Situation, in die nun Stück für Stück mehr Licht gebracht werden müsse.

Anteilnahme aus der Politik und Kirche

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat derweil seine Anteilnahme bekundet. Bei Twitter schrieb er am Freitagmorgen: "Schlimme Nachrichten aus Hamburg." Mehrere Mitglieder einer Jehova-Gemeinde seien einer "brutalen Gewalttat" zum Opfer gefallen. Seine Gedanken seien bei den Opfern, deren Angehörigen und den Sicherheitskräften, "die einen schweren Einsatz hinter sich haben", schrieb Scholz, der bis 2018 Erster Bürgermeister von Hamburg war.

Olaf Scholz / © Michael Kappeler (dpa)
Olaf Scholz / © Michael Kappeler ( dpa )

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat den Opfern und Angehörigen der Gewalttat in einer Kirche der Zeugen Jehovas ebenfalls seine "tiefe Anteilnahme an diesem Tag des Schmerzes" ausgesprochen.

Er habe mit großem Entsetzen die Nachricht aus Hamburg erhalten, erklärte Steinmeier am Freitagmorgen in Berlin. Seine Gedanken seien bei den Toten und ihren Familien.

Der Bundespräsident sagte weiter: "Ich bin sicher, viele Menschen in Deutschland empfinden in diesen Stunden aufrichtiges Mitgefühl." Er wünschte den Verletzten baldige Genesung und dankte den Einsatzkräften vor Ort.

Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) äußerte sich entsetzt. "Ich bin erschüttert über die furchtbare Gewalttat in einer Gemeinde der Zeugen Jehovas in Hamburg", schrieb Faeser am Freitagmorgen auf ihrem persönlichen Twitterprofil. Ihre Gedanken seien bei den Opfern, deren Angehörigen und den Gemeindemitgliedern. Die Hintergründe würden mit Hochdruck ermittelt, erklärte Faeser.

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat nach den tödlichen Schüssen in einer Gemeinde der Zeugen Jehovas in Hamburg auch ihr Mitgefühl bekundet. "Unsere Gedanken und Gebete sind bei den Opfern und Angehörigen des furchtbaren Anschlages bei einer Veranstaltung der Zeugen Jehovas in Hamburg", schrieb die EKD am Freitagmorgen bei Twitter.

Nach der Gewalttat in einer Kirche der Zeugen Jehovas in Hamburg hat sich die evangelische Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs erschüttert gezeigt und ihr Mitgefühl geäußert. "Diese furchtbare Gewalttat lässt uns fassungslos zurück. Trauer und Schmerz, Klage und Entsetzen - viele Gefühle und Fragen gehen uns wohl allen durch Herz und Kopf", sagte Fehrs am Freitag. Der Generalvikar des katholischen Erzbistums Hamburg, Pater Sascha-Philipp Geißler, äußerte sich ebenfalls erschüttert.

Bischöfin Kirsten Fehrs / © Nordkirche (Marcelo Hernandez)
Bischöfin Kirsten Fehrs / © Nordkirche (Marcelo Hernandez)

Fehrs sagte, ihre Gedanken und Gebete seien bei den Opfern, Angehörigen und Freunden, deren Trauer und Schmerz "so unendlich groß" seien. Sie bitte Gott um seinen Beistand für alle, die getötet wurden, sowie für alle, die an Leib und Seele verletzt wurden. "Mein großer Dank gilt allen, die in diesen schweren Stunden geholfen und getröstet haben", sagte die Bischöfin im Sprengel Hamburg und Lübeck der evangelischen Nordkirche.

Geißler sagte, die Nachrichten zur Tat "sind erschütternd und machen mich sprachlos". Sein Mitgefühl und seine Gebete würden besonders den Getöteten und deren Angehörigen, den Verletzten und den Einsatzkräften gelten. "Ich denke an alle, die angesichts dieser Tat bestürzt sind, und an alle, die jetzt anderen helfen", sagte Geißler.

Nach den tödlichen Schüssen in einer Kirche der Zeugen Jehovas in Hamburg hat die Landesbischöfin der evangelischen Nordkirche, Kristina Kühnbaum-Schmidt, ebenfalls ihre Anteilnahme geäußert. "Die brutale Gewalttat in Hamburg entsetzt und erschüttert mich zutiefst. Mit Trauer und Mitgefühl denke ich an die Menschen, die in dieser Nacht aus dem Leben gerissen wurden", sagte Kühnbaum-Schmidt am Freitag.

Ihre Anteilnahme gelte den Angehörigen und Freunden. "Ich bete für sie alle und für die, die verletzt wurden oder miterlebt haben, was geschehen ist." Sie sei allen dankbar, die jetzt helfen und den Menschen beistehen.

EU-Innenkommissarin Ylva Johansson schrieb am Morgen bei Twitter von einem schockierenden Angriff. Ihre Gedanken seien bei den Opfern und deren Familien. Die Schwedin dankte der Hamburger Polizei, die schnell und mutig reagiert habe.

Zeugen Jehovas bekunden Mitgefühl

Die Zeugen Jehovas haben sich "tief betroffen" zu den tödlichen Schüssen in einer ihrer Gemeinden in Hamburg geäußert. "Unser tiefes Mitgefühl gilt den Familien der Opfer sowie den traumatisierten Augenzeugen", heißt es in einer Stellungnahme von Jehovas Zeugen in Deutschland auf der Website der Glaubensgemeinschaft. Die Seelsorger der örtlichen Gemeinde täten ihr Bestes, um in dieser schweren Stunde Beistand zu leisten.

Information der Redaktion: Dieser Artikel wurde am 10.03.2023 um 16.55 Uhr aktualisiert.

Zeugen Jehovas

Die "Zeugen Jehovas" verstehen sich als christlich orientierte Religionsgemeinschaft. Die 1881 vom ehemaligen Adventisten-Prediger Charles Taze Russell in den USA gegründete Gruppierung zählt nach eigenen Angaben weltweit über acht Millionen Mitglieder, in Deutschland um die 170.000. Die deutsche Zentrale ist in Selters im Taunus, die internationale Zentrale in New York.

Zeugen Jehovas Schriftzug an Hauswand / © Harald Oppitz (KNA)
Zeugen Jehovas Schriftzug an Hauswand / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
epd , KNA