Therapeutin gibt Tipps für Weihnachtstage mit der Familie

Bedürfnisse und Kompromisse

Zu Weihnachten "muss" alles schön sein - den Anspruch kennen viele Menschen. Doch manchmal sind die Umstände alles andere als herzerwärmend. Manche Menschen graust es vor den Tagen mit den Eltern. Hinweise einer Familientherapeutin.

Autor/in:
Liane Watzel
Christbaumkugel in einem Weihnachtsbaum / © Elisabeth Schomaker (KNA)
Christbaumkugel in einem Weihnachtsbaum / © Elisabeth Schomaker ( KNA )

Es könnte sein, dass solche Familien ein unsichtbares Erbe mitschleppen - beispielsweise Erfahrungen aus dem Krieg. Ihr Umgang mit traumatischen Erlebnissen kann in den Familien weiterwirken und das Klima unterm Weihnachtsbaum vergiften. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) beantwortet Fragen, wie trotzdem ein fröhliches Fest möglich werden kann.

Woran erkennt man, ob emotionales Erbe mit unterm Weihnachtsbaum sitzt?

"Ungesicherte emotionale Baustellen"

Es gibt Bemerkungen, die auf "ungesicherte emotionale Baustellen" hinweisen - Sätze wie "Andere haben es schlimmer gehabt. Das hat uns nicht geschadet. Wir haben in der Zeit auch viel Schönes erlebt".

Darauf weist die Kölner Familientherapeutin Dorothe Eisenstecken hin.

Über Emotionen werde dagegen geschwiegen. "Viele so genannte Kriegsenkel leben mit einem nebligen Gefühl. Sie spüren Themen, die in Familien tabu sind."

Was passiert auf den Familienfeiern, wenn ein Wort reicht, um ein Emotions-Feuerwerk zu zünden, das in Tränen und Streit mündet?

Schweigen innerhalb Familie

Nicht alle Familien klären, was für wen schön ist oder fragen, ob die gelebten Traditionen allen gefallen. Stattdessen Schweigen, unterschwelliges Bauchgrummeln. Eisenstecken:

"Das Schweigen und Nicht-in-den-Austausch-gehen bedeutet auch, dass alles 'Negative' ausgeblendet wird beziehungsweise werden muss. Dann kochen diese negativen Gefühle hoch und brechen sich Bahn. Scheinbare Nichtigkeiten bringen das Fass zum Überlaufen."

Gibt es für solche Familien ein Rezept für emotional wärmende Weihnachten?

Wünsche und Bedürfnisse benennen

Eine Zutat wäre, dass Bedürfnisse klar geäußert werden, sagt Eisenstecken und räumt ein, dass das schwierig sei. "Oft kennen sowohl Kriegskinder als auch Kriegsenkel ihre Wünsche und Bedürfnisse gar nicht, da sie diese ein Leben lang zurückgestellt und in erster Linie die Erwartungen anderer erfüllt haben. Deshalb können sie die nicht klar benennen oder formulieren, was ihnen guttun oder sie entlasten würde."

Wer sich durchringt und eigene Anliegen vorbringt, muss zudem nicht auf Gegenliebe stoßen. "Veränderungen sorgen für Verunsicherung. Und für Stress, der nicht reguliert werden kann", erklärt die Familientherapeutin. Sie rät zum Austausch darüber, "welche Tradition fortgeführt werden soll, welche vielleicht überholt ist oder nicht mehr passt." So lasse sich häufig ein Kompromiss finden.

Traumatherapie

Menschen, denen extreme Gewalt zugefügt wurde, können das oft nicht ohne psychologische Hilfe bewältigen. Sie leiden unter physischen Symptomen wie Atemnot, Schüttelfrost oder Herzrasen. Sie fühlen sich orientierungslos, sind gereizt, erschöpft und niedergeschlagen. Auftreten können Sprachschwierigkeiten, Gedächtnisverlust, Konzentrationsprobleme und Schwierigkeiten, Entscheidungen zu treffen. Solche Symptome machen sich oft erst eine Weile nach dem Trauma bemerkbar. Deshalb wird der Zusammenhang nicht sofort erkannt.

Eine junge Frau hält die Hände eines alten Mannes / © Africa Studio (shutterstock)
Eine junge Frau hält die Hände eines alten Mannes / © Africa Studio ( shutterstock )
Quelle:
KNA