Theologische Gedanken zum Fest der Verkündigung des Herrn

Wie Gott den Menschen nahe ist

Manchmal fühlt sich wohl jeder einsam und verlassen. Auch in der Bibel finden sich Szenen, die zunächst aussichtslos erscheinen, wie die Verkündigung des Herrn. Doch immer wieder zeigt sich auch, dass Gott niemanden allein lässt.

Autor/in:
Fabian Brand
Verkündigungsmadonna im Regensburger Dom / © N.N. (KNA)
Verkündigungsmadonna im Regensburger Dom / © N.N. ( KNA )

Die AHA-Regel bestimmt seit einigen Monaten unseren Alltag. Seit Beginn der Corona-Pandemie ist nichts mehr, wie es war. Wir tragen Masken, um uns gegenseitig zu schützen, wir befolgen die Hygienevorschriften. Und wir halten Abstand zueinander, damit Infektionsketten gebrochen werden und damit wir andere Menschen nicht mit dem Virus anstecken. 1,5 Meter beträgt der Mindestabstand, den man zu anderen am besten einhalten soll.

Sich näherkommen, sich umarmen, sich die Hand zur Begrüßung reichen - all das mussten sich viele Menschen abgewöhnen. Der Abstand ist wichtiger als die Nähe!

Der Engel verlässt Maria - warum?

Die AHA-Regel hat es damals, vor über zweitausend Jahren in Nazareth, noch nicht gegeben. Und dennoch hält es den Erzengel Gabriel nicht lange bei Maria. Lukas erzählt uns im ersten Kapitel seines Evangeliums von der Verkündigung, dass Maria von Gott ein Kind empfangen wird. Dabei ist ein Detail besonders auffallend: Nachdem Maria ihre Zustimmung zu Gottes Plan gegeben hat, schreibt Lukas sehr nüchtern: "Danach verließ sie der Engel".

Das ist eigentlich eine unerhörte Vorstellung. Erst überrumpelt der Engel Maria mit einer so unglaublichen Nachricht, die ihr ganzes Leben umwirft. Erst bricht er plötzlich und unerwartet in ihr Leben ein und stellt ihren Alltag auf den Kopf. Erst verkündet er Maria, dass sie schwanger wird und ohne Zutun ihres Verlobten ein Kind empfangen wird. Und dann haut der Engel einfach ab! Dann lässt er Maria allein zurück und geht seine Wege, als ob nichts gewesen wäre.

Verkündigung des Herrn (KNA)
Verkündigung des Herrn / ( KNA )

Es ist eine seltsame Szene, von der uns Lukas da berichtet. In einer der schwierigsten Stunden ihres Lebens wird Maria von Gott alleine gelassen. Das zumindest ist der Gedanke, der sich beim Lesen zunächst aufdrängt: Der Engel verschwindet und Maria bleibt einsam zurück. Sie muss nun zusehen, wie es für sie weitergeht. Und es erweckt den Eindruck, als ob es den Engel keinen feuchten Kehricht interessiert, was er da im Haus von Nazareth angerichtet hat. Hauptsache, Abstand halten und auf Abstand gehen. So als ob den Engel all das gar nichts anginge.

Jesus kommt in Marias Leben

Doch springen wir einmal mitten in dieses Evangelium hinein: Dann sehen wir nämlich, dass der erste Eindruck gewaltig täuscht. Der Engel mag Maria längst wieder verlassen haben, doch allein ist sie wahrlich nicht. Da ist doch jemand Neues in ihr Leben getreten, da beginnt doch nun unter ihrem Herzen ein Kind heranzuwachsen. Mit der Botschaft des Engels ist doch jemand in ihr Leben getreten, der fortan nicht mehr von ihrer Seite weicht.

"Denn für Gott ist nichts unmöglich", sagt ihr der Engel zu. Er ist wirklich der Immanuel, der Gott, der mit uns ist, der uns begleitet, der unser Leben trägt. Ihn trägt Maria unter ihrem Herzen. Deswegen ist sie auch nicht allein. Nicht, als der Engel wieder aus ihrem Leben verschwindet. Und auch nicht an allen Augenblicken ihres restlichen Lebens. Gott ist mit ihr. Er ist da für sie.

Gott will den Menschen heute noch nah sein

Das ist die gute Nachricht auch für unser Leben an diesem Fest der Verkündigung des Herrn, das wir alljährlich am 25. März feiern: Gott ist mit uns. Mögen auch noch so viele Menschen die AHA-Regel einhalten, mag der Mindestabstand auch noch so groß sein, Gott kommt dennoch auf uns zu. In seinem Sohn Jesus Christus kommt er uns entgegen, um uns in seine Arme zu schließen.

So sind wir nicht einsam und allein. Nicht in den schweren Stunden unseres Lebens, in denen uns Nachrichten aus der Bahn werfen und unser Leben auf den Kopf stellen. Und auch nicht im Alltag, dort, wo wir das tun, was eben nötig ist und anfällt. Immer ist Gott an unserer Seite. Weil er in diese Welt gekommen ist, um uns immer mit seiner Nähe zu beschenken. Weil er Mensch geworden ist, damit wir göttlich werden können, damit wir uns von seiner Liebe umfangen lassen und sie an unsere Mitmenschen weiterschenken.

Verkündigung des Herrn

Schon der hl. Augustinus bezeugt das Gedenken des Tages, an dem Christus im Schoß Marias Mensch wurde. Die Kirchen des christlichen Ostens feierten ein Fest der Verkündigung des Herrn um das Jahr 550 am 25. März, also neun Monate vor dem Weihnachtsfest. Von dort hat es die römische Kirche im 7. Jahrhundert übernommen.

Zwischen dem 13. und 16. Jahrhundert entwickelte sich in der Volksfrömmigkeit das Angelusgebet (Engel des Herrn), das den Festinhalt beim Angelusläuten jeden Tag morgens, mittags und abends verkündet:

Verkündigung des Herrn (KNA)
Verkündigung des Herrn / ( KNA )
Quelle:
KNA