Theologin Kurschus würdigt westfälischen Altpräses Linnemann

"Gottes Gerechtigkeit eine klare Stimme gegeben"

Ein bewegender Abschied war der Trauergottesdienst in Bielefeld für den früheren westfälischen Präses Hans-Martin Linnemann. Die ehemalige Präses Kurschus hob seine tiefe Frömmigkeit sowie seinen Einsatz für Menschen am Rande hervor.

Aufnahme von der Trauerfeier für den früheren Präses Hans-Martin Linnemann am 13.01.2024 in der evangelischen Neustädter Marienkirche in Bielefeld. / © Detlef Heese (epd)
Aufnahme von der Trauerfeier für den früheren Präses Hans-Martin Linnemann am 13.01.2024 in der evangelischen Neustädter Marienkirche in Bielefeld. / © Detlef Heese ( epd )
Der verstorbene westfälische Altpräses Hans-Martin Linnemann stand von 1985 bis 1996 als leitender Geistlicher an der Spitze der Evangelischen Kirche von Westfalen / © Werner Krüper (epd)
Der verstorbene westfälische Altpräses Hans-Martin Linnemann stand von 1985 bis 1996 als leitender Geistlicher an der Spitze der Evangelischen Kirche von Westfalen / © Werner Krüper ( epd )

Angehörige und Mitglieder der westfälischen Kirche haben in einem Trauergottesdienst Abschied von dem früheren Präses Hans-Martin Linnemann genommen. Die ehemalige EKD-Ratsvorsitzende und westfälische Präses, Annette Kurschus, würdigte Linnemann als Theologen, der tiefe Frömmigkeit und Pragmatismus verbunden habe. Linnemann, der am 2. Januar im Alter von 93 Jahren gestorben war, stand von 1985 bis 1996 an der Spitze der Evangelischen Kirche von Westfalen.

Linnemann habe dafür gestanden, "Gottes Gerechtigkeit eine klare Stimme zu geben", sagte Kurschus in ihrer Trauerpredigt in der Neustädter Marienkirche. Er habe dort hingeschaut, "wo die Stummen, die Leisen unter die Räder kommen". Fragen von Recht und Gerechtigkeit hätten den Theologen schon früh berührt. Als Beispiele nannte Kurschus die Themen Frieden, Migration, Asyl und den Strukturwandel in der industriellen Arbeitswelt. Autoritäre Leitung habe Linnemann ferngelegen. Stattdessen habe er durch äußere Bescheidenheit und innere Klarheit überzeugt.

Erfahrener Ratgeber für Kurschus

Linnemann habe bis zuletzt Entwicklungen der Kirche mit wachem Interesse verfolgt, sagte Kurschus weiter. Seinen erfahrenen Rat habe auch sie ausdrücklich gesucht. Der Trauergottesdienst war der erste öffentliche Auftritt der Theologin, die am 20. November nach Vorwürfen, sie sei nicht transparent mit einem mutmaßlichen Fall sexualisierter Gewalt umgegangen, von beiden Leitungsämtern der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der westfälischen Kirche zurückgetreten war. Die Predigt hielt Kurschus auf ausdrücklichen Wunsch Linnemanns, wie es hieß.

Der 1930 in Witten-Bommern geborene Linnemann arbeitete nach seinem Theologiestudium als Studierendenpfarrer in Münster sowie als Gemeindepfarrer in Dortmund. Später wurde er Superintendent in Lünen und Vorstandsvorsitzender der Vereinigten Kirchenkreise Dortmund und Lünen. Linnemann gehörte zudem von 1989 bis 1997 dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) an, 1993 wählte ihn die Konferenz Europäischer Kirchen in ihr Präsidium.

Vermittler auch im Ruhestand

Als leitender Geistlicher setzte sich Linnemann besonders für die Versöhnung mit den Menschen und Kirchen im Osten Europas ein. Über seinen Ruhestand hinaus engagierte er sich als Seelsorger in seiner Kirchengemeinde in Bielefeld-Vilsendorf. Als Ruheständler vermittelte er im Jahr 2007 erfolgreich im Konflikt um die Paul-Gerhardt-Kirche in Bielefeld - Gemeindemitglieder hatten die Kirche aus Protest gegen deren Verkauf mehrere Monate besetzt.

Den Auftrag seiner Kirche habe er stets in Mission und Diakonie, in Seelsorge und Zugewandtheit gesehen, hatte die westfälische Kirche erklärt. Der Theologische Vizepräsident der Landeskirche, Ulf Schlüter, hob Linnemanns klare, nüchterne, freundliche Art, seine Bescheidenheit sowie eine beeindruckende Geistesgegenwart hervor. Mit diesen Gaben Gottes und des Ruhrgebiets habe er seiner Kirche gedient.

Viele der Trauergäste nahmen am Ende des Gottesdienstes am aufgebahrten Sarg Linnemanns persönlich Abschied. Die Beisetzung findet am Montag auf dem Hauptfriedhof in Dortmund statt.

Evangelische Kirche von Westfalen (EKvW)

Die Kirchenordnung der Evangelischen Kirche von Westfalen setzt in ihrem Aufbau bei den Kirchengemeinden ein. Die 490 Kirchengemeinden sind zu Kirchenkreisen zusammengeschlossen. Die Kirchenkreise nehmen den Auftrag der Kirche in ihrem Bereich wahr. Sie fördern die Gemeinschaft der Gemeinden, stellen Qualität und Erfahrungsaustausch in den verschiedenen Arbeitsbereichen sicher und übernehmen die Trägerschaft gemeinsamer Dienste. Die Angebote der gemeinsamen Dienste treten neben die Angebote der Kirchengemeinden, um in wechselseitiger Ergänzung dem Auftrag der Kirche nachzukommen.

Martin Luther: Eine Dekade wert? (epd)
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Quelle:
epd