Theologen sehen Konfliktpotential von Theologie und Lehramt

"Kompetenzverschiebung" bemerkbar

Im Verhältnis von Theologie und kirchlichem Lehramt machen die Theologen Helmut Hoping und Jan-Heiner Tück derzeit eine "Kompetenzverschiebung" aus. Vor allem Theologen würden entscheiden, was authentische Glaubensüberlieferung sei.

Dritte Synodalversammlung / © Julia Steinbrecht (KNA)
Dritte Synodalversammlung / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Sie berge erhebliches Konfliktpotenzial, schreiben sie in einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Mittwoch) auch mit Blick auf den aktuellen Reformprozess Synodaler Weg in der katholischen Kirche in Deutschland. Immer stärker beanspruchten Theologen zu entscheiden, was eine authentische Glaubensüberlieferung sei und was nicht - "während dem bischöflichen Lehramt nurmehr die Rolle zugewiesen wird, den festgestellten authentischen Glaubens zu bezeugen", erklären die Theologen aus Freiburg und Wien.

Aufgabe der Modernisierung zunehmend bei Theologen und Gläubigen

"Ohne das Gespenst einer theologischen Expertokratie an die Wand malen zu wollen, die den Glauben an volatile wissenschaftliche Majoritätskonsense bindet, zeichnet sich im Verhältnis von Theologie und kirchlichem Lehramt derzeit eine Kompetenzverschiebung mit erheblichem Konfliktpotential ab." Den Theologen werde zusammen mit dem "Glaubenssinn der Gläubigen" die Aufgabe zugewiesen, "die geforderten Schritte für eine nachholende Selbstmodernisierung der katholischen Kirche in Deutschland gegenüber den Bischöfen durchzusetzen", schreiben Hoping und Tück.

Bei der katholischen Kirche handele es sich aber nicht um einen Zusammenschluss unabhängiger Nationalkirchen, die in Lehre und Disziplin unterschiedliche Wege gehen könnten, geben sie zu bedenken. Vielmehr handele es sich um eine Weltkirche, "die in und aus Ortskirchen besteht und von der universalen Gemeinschaft der Bischöfe in der Einheit mit dem Bischof von Rom geleitet wird".

Unterstützung erhalte der Synodale Weg von einer Reihe von Politikern. "Der theologische Richtungsstreit kann aber nicht auf dem Feld der Politik, sondern nur in der katholischen Kirche selbst ausgetragen und entschieden werden", betonen die Theologen.

Vorschlag der Neuausrichtung Theologischer Fakultäten

Die Theologischen Fakultäten sollten aus Sicht der Theologen Hoping und Tück neu ausgerichtet werden. Dafür schlagen sie ein schrittweises Vorgehen "mit Augenmaß" vor, wie sie in dem Gastbeitrag weiter schreiben. "Die Strategie, sich für den Fortbestand der Theologischen Fakultäten auf die Schutzwirkungen der Konkordate und Staatskirchenverträge zu berufen, kann angesichts des Umbruchs der religiösen Landschaft auf Dauer nicht erfolgreich sein."

Nötig seien eine Profilierung und Spezialisierung in Forschung und Lehre, schreiben die Theologen aus Freiburg und Wien. Zudem bedürfe es "stärkerer, auch struktureller Kooperationen in der universitären Religionsforschung". Hoping und Tück verweisen einerseits auf den Rückgang der Zahl an Priesterkandidaten. Andererseits sei auch ein Rückgang an Lehramtsstudierenden mit dem Fach Katholische Religionslehre zu verzeichnen.

An Schulen werde es schwieriger, Klassen für den Religionsunterricht zu bilden; vielerorts könne der Unterricht gar nicht angeboten werden. Weil sich die Gesellschaft von einer christlich homogenen zu einer religionspluralen wandele, spreche einiges dafür, dem Religionsunterricht eine stärker interreligiöse Form zu geben. Dieser könnte dann auch einen Beitrag zu einer Verständigung zwischen den Religionen leisten, betonen die Theologen.

Gleichwohl dürfe die konfessionelle Bindung "schon aus fachlichen Gründen nicht übersprungen werden", so die Theologen. "Denn um das Selbstverständnis religiöser Akteure angemessen zu erschließen, reicht eine religionswissenschaftliche oder religionssoziologische Perspektive, so hilfreich sie ist, nicht aus."

Quelle:
KNA
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