Die Theologen Klaus Vellguth und Peter Hünermann haben umfassende Reformen in der katholischen Kirche angemahnt.
In der aktuellen Ausgabe der Herderkorrespondenz (Oktober) fordern sie unter anderem die Gleichstellung von Frauen: "Auch wenn Frauen in Theologie und kirchlichen Praxisfeldern zunehmend präsenter sind, bleibt ihr Ausschluss von Leitungs- und Weiheämtern ein Skandal - insbesondere angesichts des gesellschaftlichen Fortschritts und theologischer Einsichten der vergangenen Jahrzehnte."
Dass Frauen im kirchlichen Leben strukturell benachteiligt werden, stehe im krassen Widerspruch zum Anspruch der Kirche, Anwältin für Gerechtigkeit zu sein, heißt es in dem Beitrag. Der Ausschluss von Frauen aus Leitungs- und Weiheämtern sei angesichts theologischer, biblischer und historischer Argumente nicht länger haltbar. Besonders die Diskussion um das Diakonat der Frau müsse neu geführt werden.
Anerkennung von Queerness gefordert
Auch in Bezug auf queere Menschen sehen die Autoren Handlungsbedarf. Bislang sei queere Identität in kirchlichen Kontexten weitgehend unsichtbar geblieben. Das Coming-out kirchlicher Mitarbeitender durch die Initiative "Out in Church" im Jahr 2022 habe gezeigt, dass eine strukturelle Integration dringend notwendig sei. "Für die Zukunft der Kirche wird es darum gehen, wie die Kirche sich in Fragen der Gendergerechtigkeit entwickelt", schreiben die Theologen.
Mit dem englischen Wort queer bezeichnen sich Menschen, die nicht heterosexuell sind oder deren geschlechtliche Identität nicht mit gesellschaftlichen Rollenbildern übereinstimmt. Unter ihnen sind Personen mit gleichgeschlechtlicher Orientierung die wohl größte Gruppe.
Vellguth und Hünermann ordnen ihre Forderungen in die Rezeption des Zweiten Vatikanischen Konzils ein. Während die nachkonziliaren Päpste seit Paul VI. die Konzilsbeschlüsse vielfach selektiv oder restaurativ umgesetzt hätten, habe Papst Franziskus mit Impulsen wie dem Schreiben Evangelii Gaudium eine neue Offenheit angestoßen.
Für die Zukunft der Kirche sei entscheidend, ob sie den hierarchischen Zentralismus überwinde, synodale Strukturen stärke und sich zu Fragen der Gendergerechtigkeit, der ökologischen Verantwortung und der globalen Gerechtigkeit klar positioniere. Nur so könne die Kirche ihre Glaubwürdigkeit und Zukunftsfähigkeit bewahren.